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BETYÁROK Roman 2

Schwerfällig und von Hustenanfällen unterbrochen, begann der Bettler nun seine Geschichte:

„So wisset denn, daß mein Name Valódi Gyúla ist, ich bin ein über siebzigjähriger todkranker Bettler – doch das war nicht immer mein Leben. Einst, vor langer, langer Zeit, war ich Vertrauter des Grafen Bécsenyi, ja fast sein Freund, wenn auch ihm gesellschaftlich natürlich nicht ebenbürtig. Schon etwas in den Jahren, da er nie die richtige Gefährtin seines Lebens gefunden hatte, nahm er sich eines Tages eine junge österreichische Komtesse zur Frau, die ihm nach kurzer Zeit einen Knaben gebar. Es war eine harmonische Ehe, doch leider starb die junge Gräfin bei der Geburt eines zweiten Kindes, das seine Mutter nicht überlebte. Der kleine Graf war damals erst ein Jahr alt. Nach dem Tode der geliebten Gattin war der Graf wie verwandelt, er ließ sich treiben und auch meine freundschaftlichen Ratschläge wurden nicht beachtet. In diese Zeit fiel es, daß eine entfernte Verwandte zu Besuch kam. Sie machte sich die Trauer des Grafen zunutze, um ihm einzureden, daß der kleine Junge unbedingt eine Mutter und nicht nur eine Amme brauche und sie war nur zu gerne bereit, diese Mutterstelle bei dem Kinde anzunehmen. Nach meiner Meinung gefragt, habe ich Tor dieser Heirat auch noch zugestimmt! Oh hätte ich doch damals nur geschwiegen, wie anders wäre mein Leben und das mehrerer weiterer Personen verlaufen!“

Bei diesem verzweifelten Aufschrei aus tiefster Seele mußte der Bettler keuchend vor Anstrengung innehalten in seinem Bericht. János nutzte die Pause, um ihm noch etwas Wasser anzubieten, das der Bettler nun in gierigen Zügen trank. Dann konnte er fortfahren:

„Die neue Gräfin hatte einen Sohn aus erster Ehe, der fast 18 Jahre alt war und immer irgendwie in Schwierigkeiten steckte. Alfred, so hieß der junge Mann, war die meiste Zeit in Wien oder Budapest bei Gelagen mit Wein, Weib und Gesang zu finden, anstatt sich auf dem Besitz seines Stiefvaters aufzuhalten. So war es um so verwunderlicher, daß er eines schönen Tages zu mir kam, mit der Bitte, eine dringende Botschaft nach Graz zu überbringen, da er verhindert sei. Da dies selten vorkam, daß er sich an mich wendete, schien es mir die Dringlichkeit seiner Bitte zu bestätigen und ich fuhr mit der nächsten Kutsche ab – ins Verderben.“ Bei den letzten Worten war die Stimme des Bettlers leiser und leiser geworden und János, der Angst hatte, daß der alte Mann sterben würde, bevor er seinen Bericht beendet habe, fragte schnell:

„Was geschah während eurer Abwesenheit, denn ich will annehmen, daß hier der Kernpunkt eurer Erzählung liegt.“

Die Augen des Bettlers weiteten sich, als ob er aus den Tiefen seiner Erinnerung in die Wirklichkeit zurückgerufen würde.

„Der Stiefsohn arrangierte ein Duell mit dem Grafen, bei dem dieser starb – sterben mußte, denn wie mir Albert später lachend erzählte, hatte er einen Meuchelmörder gedrungen für den Fall, daß der Graf das Duell überleben würde, was auch der Fall war, so daß er kurz nach Ende des Kampfes auf dem Heimweg von einem aus den Büschen springenden Mörder von hinten erstochen wurde! Der Stiefsohn wurde also neuer Graf Bécsenyi, da der Erbe ja noch ein kleines Kind war und verlangte bei meiner Rückkehr von meiner unnützen Reise, daß ich den Kleinen töten solle, im anderen Falle ich selbst sterben würde.“

Erschrecken malte sich nun in den Zügen János‘ und fragend blickte er auf den Bettler:

„Ihr habt den Knaben getötet?“ fragte er leise schaudernd.

Der Bettler schüttelte schwach seinen Kopf.

„Ich konnte es nicht tun, so tief war ich denn doch noch nicht gesunken. Ich nahm ihn in der selben Nacht noch aus seinem Bettchen und floh mit ihm in mein Heimatdorf. Dort wohnte meine Schwester, bei der wollte ich das Kind lassen, ich selbst wollte auswandern. Doch als ich dort eintraf, war meine Schwester gerade einem bösen Fieber erlegen, ich konnte nur noch verzweifelt ihrem Sarg folgen. Nun hatte ich niemanden mehr auf dieser Welt, dem ich trauen konnte. Ich ging in eine Schenke und versuchte, meine Sorgen im Wein zu ertränken. Irgendwann setzte sich ein fein aussehender Herr zu mir und ich erzählte ihm in meiner Verzweiflung von meinen Sorgen. Natürlich erklärte ich ihm nicht, wer das Kind sei, gab es als des meine aus, dessen Mutter gestorben sei und daß ich es nicht ernähren könne. Ich weiß nicht mehr, wie es kam, aber er überredete mich, ihm den Jungen zu geben, er werde ihn schon zu einem richtigen Manne erziehen. Umnebelt vom Wein und froh, die Bürde los zu sein, gab ich ihm das Kind. Seither habe ich von beiden nichts mehr gehört. Doch gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß das Kind noch am Leben ist – der wahre Erbe der Bécsenyis.“

János hatte aufmerksam zugehört, die Frage kam dennoch wie von selbst:

„Aber wie kann ich euch dabei helfen? Soll ich das Kind finden? Aber wie und wo? Und woran kann man es erkennen?“

Der Bettler lächelte leise über die Aufregung des Fragestellers:

„Die Sache liegt schon ziemlich lange zurück, der kleine János wäre jetzt wohl fast 30 Jahre alt und das Kennzeichen – so er es denn nicht verloren hat – ist eine goldene Kette, die er um den Hals trug, an der ein kleiner goldener Ring befestigt war.“ Jetzt wurde János unruhig.

„János hat der Junge geheißen? Und eine Kette mit Ring hat er getragen? Hatte dieser Ring keine Kennzeichnung?“

Jetzt war es an dem Bettler, erstaunt auszusehen:

„Wie könnt ihr wissen, daß es da eine Gravur gegeben hat, eine kleine...“

„Grafenkrone!“ beendete János den Satz „und – B.J. 30?“

„Genau so ist es“, erwiderte der alte Mann und nun hielt es János nicht mehr länger am Boden, er sprang hoch und riß sich das Hemd auf, dort trug er auf der gebräunten Haut eine kleine goldene Kette, an deren Ende ein Ring hing.

„Gütiger Gott, seid ihr ganz sicher, daß es diese Zeichen waren?“ fragte er mit vor Aufregung sich fast überschlagender Stimme.

„Ich habe sie selbst am Tag der Taufe des kleinen Grafen in den Ring graviert.“ war die ruhige und bestimmte Antwort.

„Dann faßt euch, Bettler, euer sehnlichster Wunsch ist in Erfüllung gegangen, denn hier ist die Kette, der Ring und die Gravur.“ Der Bettler sank mit einem Aufstöhnen zurück:

„Mein Gott, das ist zuviel, wie könnt ihr Graf Bécsenyi sein, ihr der Räuberhauptmann! Sagt mir, wem habt ihr die Kette geraubt, habt ihr den Besitzer etwa getötet, um an eure Beute zu kommen?“ Angst sprach aus seiner Stimme, Angst davor, daß den Grafensohn vielleicht doch noch sein grausames Schicksal ereilt haben könnte.

Ernst legte ihm János die Hand auf die Schulter.

„Ich schwöre euch, daß ich diese Kette trage, soweit meine Erinnerung zurück reicht. Meine Eltern kenne ich nicht, denn der Räuberhauptmann, bei dem ich aufwuchs, war nicht mein Vater, auch wenn ich die Bande bei seinem Tode übernommen habe. Ich heiße János und habe wohl das Alter, welches ihr mir genannt habt, als das des jungen Grafen. Auch deutet die Zahl im Ring wohl das Geburtsjahr an. Doch gestehe ich euch, daß auch ich mich irren kann. Sollte der Knabe nicht noch irgendein körperliches Kennzeichen haben, welches ihr euch gemerkt habt?“

Lange dachte der alte Mann nach, kramte in seinen Erinnerungen. Dann, plötzlich:

„Aber ja doch, daran habe ich gar nicht mehr gedacht! Das Kind hatte unter der rechten Achsel ein kleines schwarzes Muttermal in der Form eines Herzens!“

Jetzt kniete János vor dem Bettler nieder und konnte vor Ergriffenheit kaum sprechen:

„Dann bin ich – ein Grafensohn?“

„Wenn ihr auch das Muttermal habt, so ist kein Zweifel möglich, ihr seid der Sohn und rechtmäßige Erbe des Grafen Bécsenyi! Oh verzeiht mir meine Schuld euch und eurem Vater gegenüber – verzeiht einem Sterbenden in seinen letzten Zügen!“

János war noch immer wie gelähmt von der Offenbarung des alten Mannes, doch dessen neuerlicher Hustenanfall rief ihn in die Gegenwart zurück. Tief gerührt nahm er die ausgemergelte Hand des Bettlers in die seine:

„Ich vergebe euch, da euer Tun ja doch nur Folge des Verzichtes auf noch schlimmere Tat gewesen ist“ doch dann wurde sein Blick stahlhart und seine Züge verfinsterten sich, „doch niemals soll der Vergebung bei mir finden, der solch unsägliches Leid über meine Familie gebracht hat! Tod und Verdammnis diesem Unhold!“ Noch während er so voll Rachegedanken dastand, erlitt der Bettler einen neuerlichen Anfall, länger und schwerer als alle vorherigen.

János drehte sich schnell zu dem alten Mann um:

„Wer ist dieser Unmensch, wo finde ich ihn, woran erkenne ich ihn?“

Doch der Bettler schien ihn kaum noch zu verstehen, zwischen zwei Anfällen hauchte er mit ersterbender Stimme:

„János....dein Todfeind......weiß nicht wo..... auf der rechten Hand....Narbe.....vergib......“ Ein letzter Seufzer, dann war es vorbei. Schweigend nahm János von ihm Abschied, bevor er seinen Hengst rief und sich langsamen Schrittes, um seine wie wild auf ihn einstürmenden Gedanken zu beruhigen, Richtung Lager auf den Weg machte.

 

Auf einem der größten Landgüter in dieser Region herrschte reges Leben. Die weiß getünchten Häuser und Stallungen leuchteten weithin unter ihren dicken Schilfdächern in der gleißenden Sonne, die Herden waren weit draußen in der Puszta und labten sich am kühlen Naß der alten Ziehbrunnen oder lagen faul in der Sonne, bewacht von stämmigen Hirten, die oft das ganze Jahr über im Freien lebten und ihren wachsamen Hunden. Jede Herde hatte ihren Oberhirten, der wieder, je nach Menge der Tiere, mehrere Hirten und einige Lehrjungen unter sich hatte. Und auch unter den einzelnen Hirtenberufen herrschte eine strenge Trennung: Als angesehenster Hirte und allein beritten, jedoch ohne Hütehund, stand der Pferdehirte oder Csikós an der Spitze der Hierarchie. Dann folgten ihm die unberittenen Hirten, Gulyás für die Rinder mit ihren kleinen, aber mutigen vierbeinigen Gehilfen zum Treiben der bis zu einer Tonne schweren kampflustigen Stiere, die Schafhirten mit ihren wendigen und überaus klugen Hütehunden und die Schweinehirten am Ende der Rangfolge. Oft wurden sie begleitet von riesigen weißen Hunden mit wolligem Fell, die selbst vor Wölfen nicht zurückschreckten und Hirten wie Herde tapfer bewachten. Näher beim Hof suchten große Mengen weißer Gänse ihre Nahrung und der Hitze zum Trotz sah man überall Knechte und Mägde bei der Arbeit. Jetzt im Herbst mußte das Korn gedroschen werden, im Obstgarten Äpfel, Birnen und andere Früchte geerntet und alle Vorbereitungen für den kalten Winter getroffen werden. Schnee gab es zwar nicht immer in großen Mengen, dafür aber grimmige Kälte, die aus den weiten Steppen Asiens bis hier her zog und mit scharfen Winden um die Häuser fuhr. Dann mußte viel gutes Holz die Öfen heizen, damit es auch bei eisigen Kältegraden angenehm warm in den Stuben blieb, die Armen aber mußten mit getrocknetem Dung vorlieb nehmen. Doch noch herrschte spätsommerliches Wonnewetter und die Arbeiten gingen leicht von der Hand.

 

Im kühlen Innern des großen Herrenhauses stand Julika, Komtesse Hajdú, vor einem Spiegel und schaute nicht gerade glücklich auf das Bild, welches dieser ihr zeigte. An ihr selbst gab es nichts auszusetzen: Sie besaß eine tadellose Figur, ein kleines, herzförmiges Gesicht, in welchem unter schmalen Brauen ein Paar grüner Augen, umgeben von dichten Wimpern, sanft blicken, aber auch bei Gelegenheit so wild wie die eines Tigers funkeln konnten, eine kleine Nase und hohe Stirn, alles umgeben von einer Fülle tizianroten Haares, das in langen Locken bis weit auf den Rücken in ungebändigter Pracht fiel und rote Lippen, die so gerne lachten, jetzt jedoch ärgerlich zusammengekniffen waren. Grund des Ärgers war die zweite Person, deren Bild der Spiegel zeigte: Ein etwas angejahrter Herr, dessen aufgedunsene Züge und feister Leib ganz dem Bild eines mit einem Anflug von Kahlköpfigkeit versehenen Lebemannes entsprachen. Dieser erklärte soeben mit öliger Stimme:

„Meine liebste Komtesse, ich bin euer ergebener Diener, euer leisester Wunsch ist mir Befehl, sollten es denn der Mond oder die Sterne sein. Und ich wünsche mir nur eines, daß ihr mein Werben erhört.“ Julika fuhr herum und diese anmutige Bewegung ließ ihren langen, weiten Rock nur so um ihre schlanken Beine wirbeln.

„Nie Herr Graf!“ rief sie voll Abscheu aus, „Nie werde ich euch angehören! Ich liebe euch nicht und werde euch auch niemals lieben, geht also und laßt mich in Frieden! Ich kenne nur zu gut die Gründe, die euch leiten. Eine reiche Mitgift braucht ihr, um euch von den euch erdrückenden Schulden befreien zu können. Nicht Liebe ist es, die euch eure Worte eingibt, sondern die Angst vor dem Bankrott. Ein schöner Freier seid ihr! Geht, und tretet mir nie wieder vor die Augen!“

„Das wollen wir doch sehen, ob sich Liebe nicht durch ein bißchen Nachhilfe erzwingen läßt.“ Bei diesen Worten näherte sich der Mann langsam der Komtesse, bis er sie fast erreicht hatte, doch diese hatte – als ob sie es geahnt hätte – sich langsam einer verborgenen Tür genähert und in dem Augenblick, als der Freier die Arme nach ihr ausstreckte und sie greifen wollte, riß sie die Tür auf.

„Wenn ihr mir nur noch einen Schritt folgt, so schreie ich, daß es mein Vater in seinem Zimmer hören kann und was er dann mit euch macht ist eure Sache...“ Notgedrungen machte der Mann gute Miene zum bösen Spiel und wich zurück, doch noch im Gehen zischte er:

„Wie befehlen, Komtesse, doch fürchtet euch vor meiner Rache, denn wenn ich euch nicht haben kann, dann soll es auch keinem anderen gelingen, dafür sorge ich schon!“ Wütend knallte er die Tür ins Schloß. Erleichtert sank Julika auf einen Stuhl nieder, dieser Disput hatte sie doch Nerven gekostet. Um sich zu entspannen, beschloß sie, einen kurzen Spaziergang zu machen. Nicht weit, nur zu einem der Vorhöfe, wo eine Jugendgespielin von ihr mit ihrer pflegebedürftigen Mutter lebte. Der Weg dorthin war von niedrigem Gebüsch gesäumt, eine Zeitlang führte er auch an einem kleinen Fluß entlang, an dessen Ufern sich ausgedehnte Schilfgürtel befanden. In Gedanken versunken lief Julika in der Sonne dahin, nicht gewahrend, daß ihr im Verborgenen eine Gestalt folgte. Dieser Mensch wollte wohl eigentlich sehen, ob es nichts Lohnendes auf dem Gut zu stehlen gäbe, doch als er die junge Dame aus dem Herrenhaus kommen sah, hatte er schnell einen anderen Plan gefaßt. Leise folgte er dem Mädchen, bis sie an eine Stelle kamen, die vom Gut aus nicht mehr einzusehen war. Jetzt war die Zeit zum Handeln gekommen! Mit einem großen Satz sprang er aus dem Schilf vor Julika, die wie erstarrt ob seines Anblickes stehenblieb.

„Was wollt ihr von mir? Laßt mich vorbei, ich will eine Freundin auf dem Vorwerk besuchen.“

Der Fremde mit dem beunruhigenden Äußeren lachte nur höhnisch.

„Schönes Fräulein, nicht so eilig, wir wollen erst einmal ein wenig miteinander plaudern.“

Julika versuchte, sich einen Weg im Schilf zu bahnen, doch vergeblich, der Fremde ließ sie nicht vorbei. Zu ihrem Erschrecken kam er sogar noch näher.

„So ein junges Dämchen sollte nicht unbegleitet herumlaufen, es könnte ja einem schlechten Menschen begegnen“ spottete er.

„Geht mir aus dem Weg oder ich schreie!“ Julika war sich nicht bewußt, daß sie heute schon zum zweiten Mal diese Worte gebrauchen mußte, um mit einem aufdringlichen Menschen fertig zu werden. Doch diesmal, so schien es, nutzte ihre Drohung nichts. Das Gesicht des Mannes wurde noch eine Spur finsterer:

„Wagt nicht, zu schreien, das sollte euch schlecht bekommen“ zischte er ihr zu. „Ich will von euch nur eine Kleinigkeit.“

„Und  woraus besteht diese Kleinigkeit?“ fragte Julika in ihrer ganzen Unschuld an eine Bettelgabe denkend..

„Das wirst du schon sehen“ antwortete der Fremde und versuchte, sie an sich zu ziehen. Julika wand sich in Todesangst hin und her und warf ihren Kopf verzweifelt von einer Seite auf die andere, als der Mann versuchte, ihre Lippen zu küssen. In ihrer Not stieß sie doch einen spitzen Schrei aus, der jedoch sofort von der großen Hand des Fremden erstickt wurde.

„Bist du verrückt?“ zischte dieser ihr zu, „ich habe dir doch verboten zu schreien! Nun sieh zu, was du dafür erhältst!“ Er hob seine Faust, um ihr ins Gesicht zu schlagen, doch plötzlich sauste aus dem Nichts der lange Schlag einer der hier typischen Hetzpeitschen, die so stark sind, daß sie sogar einem Wolf das Genick brechen können, auf seinen Arm nieder. Mit einem Schmerzensschrei drehte er sich um, um seinen Widersacher zu sehen. Auf einem riesigen braunen Pferd saß ein nicht weniger großer älterer Herr, der jetzt drohend seine Peitsche über dem Frevler schwang.

„Verschwinde und laß dich hier nie wieder sehen, sonst bekommst du es mit mir und der Obrigkeit zu tun!“ Die Stimme klang genauso schneidend wie der Klang der Peitsche und ohne ein weiteres Wort zu verlieren nahm der Mensch seine Beine unter die Arme und verschwand im dichten Schilf.

„Onkel Szabó! Was für eine Überraschung! Wie gut, daß ihr gerade jetzt hier vorbeigekommen seid! Was führt euch zu uns?“ Die Fragen überstürzten sich nur so, als Julika, ihren Onkel erkennend, ihm entgegeneilte und sich ihm, der aus dem Sattel sprang, in die Arme warf. Freudentränen und Tränen der Erleichterung rollten ihr die Wangen hinab. Tröstend hielt ihr Onkel sie umschlungen.

„So viele Fragen auf einmal, mein Kind. Ich habe auch einige an dich zu richten. Doch will ich mit Antworten beginnen, damit du dich etwas beruhigen kannst. Also: es geht mir gut und auch deiner Tante, die euch allen ihre Grüße ausrichten läßt. Ich habe für deinen Vater Nachrichten von einem seiner österreichischen Güter, wo auch alles beim Besten steht. Aber was suchst du alleine hier draußen? Weißt du nicht welche Gefahren auf so ein junges, hübsches Ding wie dich lauern können? Wenn ich nicht zur rechten Zeit hier gewesen wäre.....“

Julika drückte sich noch dichter an den schützenden Körper ihres Onkels:

„Ich weiß auch gar nicht, wie ich dir danken soll“ flüsterte sie, „doch hätte ich es nie für möglich gehalten, daß es hier draußen auch solche Menschen gibt.“

Ihr Onkel runzelte die Stirn:

„Auch solche Menschen? Soll das heißen, daß du nicht nur hier belästigt worden bist?“

„Oh“ meinte Julika wegwerfend, „heute morgen war der Vihárosi bei uns, den mußte ich auch in seine Schranken weisen.“

„Was hat denn der Kerl bei euch zu suchen? Und wie kommt er dazu, dich zu belästigen? Solch ein übles Subjekt sollte sich niemals auf dem Gut deines Vaters sehen lassen. Sein schlechter Ruf ist schon weit über die Grenzen bekannt. Doch komm, laß uns zu deinem Vater gehen, meine Nachricht duldet keinen Aufschub.“ Julika bei der Hand nehmend und sein Pferd am Zügel führend, begaben sie sich auf den Weg zum Gut.

Julika erfrischte sich nach ihrem Abenteuer gerade im Salon an einem Glas kühler Limonade, als ein adrettes, junges Mädchen eintrat und knickste:

„Gnädige Komtesse, der Herr Graf, euer Vater, möchte euch sprechen. Er erwartet euch in seinem Arbeitszimmer.

„Danke Márika, ich komme sofort.“ Leichten Schrittes lief sie zu dem Zimmer am anderen Ende des langen Korridors, wo ihr Vater die meiste Zeit des Tages zu verbringen pflegte. Als sie auf ihrem Weg kurz aus einem der Fenster schaute, sah sie gerade noch einen älteren Herren auf einem schneeweißen Hengst den Hof verlassen. Da ihr in diesem Moment ihre alte Amme entgegenkam, wendete sie sich an diese.

„Petra, war das nicht Graf Falusi, der eben davon ritt?“

„Doch, Komtesse, ihr habt richtig gesehen. Der Graf hat lange Zeit mit eurem Vater gesprochen, doch weiß ich natürlich nicht, um welche Dinge sich das Gespräch drehte.“

„Ist schon gut, Petra, wenn es mich betrifft, wird mein Vater es mir schon sagen, wenn nicht, ist es sicherlich nicht sehr wichtig.“ Damit öffnete sie die schwere Tür zum Arbeitszimmer.

Drinnen herrschte angenehme Kühle. Graf Hajdú saß in einem großen Eichenholzsessel, vor ihm ein überdimensionaler Schreibtisch, auf dem in strenger Ordnung Schreibutensilien und Dokumente standen. In einer Ecke befand sich ein großer Kachelofen, der im Winter eine gemütliche Wärme verbreitete, alle anderen Wände waren mit hohen Bücherregalen versehen, in denen Werke jeglicher Art zu finden waren, so wie sich der bewegliche Geist des Hausherrn nicht nur auf einzelne Dinge konzentrierte, sondern wissenshungrig allen Gebieten offenstand. Auch schmückten Andenken von seinen Reisen den Raum, bizarre Masken aus Afrika, alte Pergamente aus Indien und Jagdtrophäen aus aller Welt. Zwar war der Graf kein Mensch, der alles schießt, was ihm vor das Gewehr kommt, doch wußte er einem nach vielen beschwerlichen Pirschgängen endlich zur Strecke gebrachtem kapitalen Karpartenhirsch oder einem Rehbock aus den Auen seines Besitzes, die Ehre zu erweisen.  Als nun Julika in den Raum trat, war es, als ob die Sonne noch etwas heller durch die hohen Fenster scheinen würde, die den Blick auf einen gut gepflegten Garten freigaben, der Dank der Bewässerung den trockenen Sommer heil überstanden hatte. Eine Vielzahl hier heimischer Blumen belebte die Rasenfläche mit bunten Tupfen und alte, hohe Eichen spendeten Schatten und Kühle gegen die gleißende Sonne. Durch hohe Hecken geschützt, fand man einen Kräutergarten und einen kleinen Teich, auf dem einige wilde Enten ihre Kreise zogen. Vor der großen Terrasse lag ein liebevoll gepflegter Rosengarten, der Lieblingsplatz der verstorbenen Gräfin, Julikas Mutter. Zum Andenken an seine geliebte Frau hatte der Graf angeordnet, daß jeden Tag, solange die Rosen blühten, im Salon und im Zimmer seiner verstorbenen Gattin ein Strauß von ihnen zu stehen habe, die mit ihrem Duft die glückliche Vergangenheit heraufbeschwörten.

„Ihr habt mich rufen lassen, Vater?“ In Julikas Stimme schwang nun doch ein kleiner Unterton von Befangenheit, als sie in das ernste Gesicht ihres Vaters blickte. Dieser, ein gutaussehender Mann mittleren Alters, schon grau an den Schläfen, doch noch immer sportlich und agil, musterte sein einziges Kind mit einem alles umfassenden Blick. Es entging ihm nicht, daß seine Tochter jünger aussah, als ihre 21 Lenze, ein Kind noch, welches sich sein unbescholtenes Gemüt zu behalten gewußt hatte. Er war sich bewußt, daß der frühe Tod seiner Frau auch viel im Leben der Tochter verändert hatte und so war er sich nicht ganz sicher, ob seine Mitteilung den gewünschten Eindruck bei seinem Kind erwirken würde. Lange hatte er über die Richtigkeit seiner Entscheidung nachgedacht, das Für und Wider abgewogen. Doch nun war sein Entschluß gefaßt.

„Liebe Julika, ich habe dir Wichtiges mitzuteilen, doch zuerst sage mir, warum du heute Graf Vihárosi einen Korb gegeben hast.“

Julika war erstaunt, daß ihr Vater über diese Angelegenheit schon im Bilde war, doch mußte sie sich eingestehen, daß in diesem Haus Geheimnisse nicht zu verbergen waren.

„Vater, ihr müßt mich verstehen. Er hat versucht, mir Liebe vorzugaukeln, wo er doch nur hinter meiner Mitgift und dem Erbe her ist, damit er sich vor dem drohenden Ruin retten kann. Außerdem ist er verlebt, eingebildet und gemein!“

„Liebes, niemand kann etwas dafür, daß er dich in dem Wissen begehrt, daß du eine reiche junge Dame bist. Wir tragen zwar einen alten Namen, doch wird dieser mit mir aussterben, da ich keinen Sohn habe. Ich werde langsam alt und möchte dich versorgt wissen, sollte mir eines schönen Tages etwas zustoßen.“

„Aber Vater“, warf Julika erschrocken ein, ihr seid doch noch jung und gesund, das mit meiner Heirat kann noch lange warten!“

„Ja, mein Kind, ich kann mich nicht beklagen, doch kann das Unvorhergesehene in jedem Augenblick uns ereilen, so wie es deine liebe Mutter ereilt hat und deshalb möchte ich, daß du heiratest. Dein Ehemann kann sich dann schon unter meiner Anleitung an die Übernahme meiner Besitztümer gewöhnen. Außerdem hat auch unser König Interesse an deiner baldigen Hochzeit bekundet. Ich bin zwar schon lange nicht mehr am Hofe in Wien gewesen, doch hat man mich dort nicht vergessen, wie es mir häufige Besuche der einen oder anderen hochgestellten Persönlichkeit beweisen. Außerdem ist mein Besitz nicht unbeachtlich, wie du weißt werfen meine Güter in Österreich ebensoviel Gewinn ab, wie die hierzulande. Und daß ich das Puszta-Gut dem kalten und unpersönlichen Budapester Schloß meiner Väter vorziehe, kommt auch dir zugute.“

Mit jedem seiner Worte war Julika etwas unruhiger geworden. Nun hielt sie es nicht mehr aus und sie unterbrach ihren Vater:

„Wenn ihr damit sagen wollt, daß es hier an Bewerbern nicht fehlt, so muß ich euch mitteilen, daß ich bisher noch keinem Bewerber um meine Hand etwas abgewinnen konnte und Liebe oder nur Zuneigung habe ich zu keinem von ihnen gespürt. Ich habe immer Mutter und euch als Vorbild gehabt, eure Liebe zueinander schien mir immer als das einzig Erstrebenswerte für meine Ehe.“

Der Blick ihres Vaters verschleierte sich für einen Augenblick, die Erinnerung an seine über alles geliebte Frau hatte auch nach Jahren noch nichts von ihrem Schmerz eingebüßt.

„Die Liebe, die deine Mutter und mich verband, war etwas ganz Besonderes. In unseren Kreisen, mein Kind, das solltest du wissen, werden die zukünftigen Ehegatten nicht gefragt, ob sie Zuneigung zueinander empfinden. Ihre Eltern arrangieren die Ehe, oft schon im Kindesalter, nach den uralten Grundsätzen des Ranges und des Besitzes. Daß wir uns trotzdem so geliebt haben, war ein großer Zufall. Im allgemeinen kommt die Liebe schon von alleine nach der Heirat, das wirst du schon noch erkennen. Auf alle Fälle solltest du deinem Gatten eine folgsame und liebende Frau sein und ihn bei seinen Aufgaben, so er es denn für nötig erachtet, nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen. Doch komm jetzt, ich möchte dir etwas zeigen.“ Mit diesen Worten erhob er sich und geleitete seine Tochter in den Garten. Hinter einem grünen Gehölz befand sich ein kleiner Auslauf mit Hütte, dort waren sonst die Reitpferde des Grafen und Julikas untergebracht. Heute jedoch trabte nur ein einzelnes Tier majestätisch auf und ab. Der goldfarbene Hengst mit der silbernen Mähne schien einem Traum entsprungen zu sein. Von edelster Rasse, bewegte er sich mit unvergleichlicher Grazie auf tänzelnden kleinen Hufen und die lange, seidige Mähne wehte wie ein Schleier um den kühn gebogenen Hals. Seine dunklen Augen strahlten Mut und Charakter aus, kleine, spitze Ohren nahmen jeden Laut wahr und zuverlässige Muskeln spannten sich bei jeder Bewegung unter dem glänzenden Fell. Wahrhaftig ein nobles Exemplar seiner Rasse. Als Julika den Hengst sah, lief sie mit einem erstaunten Ausruf auf den Lippen zum Gatter und streichelte dem sich vertrauensvoll näherkommenden Tier die samtweichen Nüstern.

„Oh, Vater, woher habt ihr dieses wunderbare Tier und wem gehört es?“

Nachdenklich schaute der Graf ihr ins Gesicht:

„Er gehört dir – wenn du mir einen Wunsch erfüllst.“

„Welchen Wunsch?“ atemlos wartete Julika auf die Antwort, während ihre Blicke sich nicht mehr von dem edlen Pferd losreißen konnten.

„Taifun ist dein, wenn du den Bewerber um deine Hand akzeptierst, den ich für dich ausgewählt habe. Da du nun einmal an niemandem Interesse gezeigt hast, habe ich mich entschlossen, die Werbung des Grafen Molnár in deinem Namen anzunehmen, die Hochzeit wird noch in diesem Jahr gefeiert werden.“

Julika wurde bei den Worten ihres Vaters schneeweiß, ihre Hände zitterten, als sie sich langsam umdrehte, um ihrem Vater ins Angesicht zu schauen, darin zu lesen, ob er sich nicht nur einen grausamen Scherz mit ihr erlaubt habe. Doch was sie sah, war nur Entschlossenheit und Ernst.

„Habe ich keine andere Wahl?“ flüsterte sie heiser. „Warum zwingt ihr mich gegen meinen Willen zu einer Ehe, noch dazu mit einem Mann, der mein Vater sein könnte? Ihr, die ihr sonst immer nur mein Bestes gewollt habt? Habt doch Erbarmen und gewährt mir noch etwas Zeit, vielleicht finde ich ja den Mann meiner Träume. Die alte Zigeunerin hat mir geweissagt....“

„Du warst bei dieser Schwindlerin? Und glaubst auch noch diesen Humbug, den sie faselt? Mein Kind, ich hätte dich klüger eingeschätzt! Du heiratest Graf Molnár und damit basta!“ erregte sich nun ihr Vater. „Ich habe ihm meine Zustimmung gegeben, er wird dir bald seine Aufwartung machen und dann erwarte ich von dir, daß auch du seinen Antrag annimmst!“

Julika schwankte fast unter dem Schlag und vor ihrem inneren Auge erschien verschwommen die Gestalt des Grafen, den sie nur einmal kurz auf einem Empfang gesehen hatte. Sie erinnerte sich daran, daß er fast das Alter ihres Vaters hatte, ein an sich nicht unschönes Gesicht, dem aber doch der unsolide Lebenswandel seinen Stempel aufgeprägt hatte, dazu eine breite ungeschlachte Gestalt ohne jede Eleganz. Damals hatte er kaum zwei Worte mit ihr, der Debütantin, gewechselt, um sich dann einer verführerischen jungen Witwe zuzuwenden, von deren Seite er den ganzen Abend nicht mehr wich. Die Aussicht auf eine Heirat mit diesem Menschen erschien ihr vollkommen irreal, zumal sie sich fragen mußte, warum der Graf sie allen anderen Damen vorzog, die ihn doch scheinbar so zu amüsieren verstanden.

„Nie! Niemals werde ich die Frau dieses Mannes und sollte es der letzte Mensch auf der Erde sein! Er ist mindestens doppelt so alt wie ich, außerdem kenne ich ihn kaum und das Wenige, das ich kenne, gefällt mir nicht! Wie könnt ihr nur so grausam sein und mir dieses Schicksal zuteilen wollen?“

„Du vergreifst dich im Ton, Julika“ sprach mit scharfer Stimme der Graf, „Auch ich war um vieles älter als deine Mutter, trotzdem haben wir eine glückliche Ehe geführt. Das Alter spielt nur eine untergeordnete Rolle und ein Ehemann mit einer gewissen Erfahrung ist in vielen Fällen recht nützlich.“

Julika klammerte sich mit aller Kraft an die Latten der Umzäunung, um nicht schreiend davonzulaufen. Alles in ihr bäumte sich gegen die väterliche Entscheidung auf.

„Mutter wurde von ihren Eltern zu einem willenlosen Objekt erzogen, zu einer schönen Puppe, die einen starken Mann wie euch brauchte, der sie führte und leitete! Ich brauche das nicht! Ich bin anders, dank eurer Erziehung! Ich will frei sein meine eigenen Entscheidungen zu treffen, Abenteuer erleben, Erfahrungen sammeln, bevor ich mich einem Manne verpflichte. Und vor allen Dingen will ich nur aus Liebe heiraten, einen Menschen, den ich achten und respektieren kann! Ich lasse mich nicht hinterm Ofen einsperren und mein edler Gatte geht promenieren!“ Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, ohne zu bemerken, daß die Haltung ihres Vaters sich mehr und mehr versteifte.

„Nie, niemals werde ich die Frau des Grafen Molnár, eher sterbe ich!“

„Ist das dein letztes Wort?“ wie ein Peitschenschlag dröhnte die Stimme ihres Vaters.

„Ja!“

Aufbrausend nährte sich der Graf seiner Tochter.

„Du undankbares Ding! Ich werde dich enterben, die alles nehmen, was dir lieb und teuer ist – ins Kloster will ich dich stecken – wenn dir doch scheinbar dein Leben weniger wert ist, als den Wunsch deines Vaters zu erfüllen....“ Vergeblich suchte er in den Augen seiner Tochter nach einem Funken von Verstehen, trotzig wendete sie sich ab, so zuckte er denn nur mit den Achseln und verließ den Platz. Als er hinter der Hecke verschwand, schlang Julika aufschluchzend ihre Arme um den warmen Pferdehals:

„Oh was soll ich denn nur tun? Was ist nur mit meinem Vater geschehen? Bisher hat er mir doch jeden Wunsch von den Augen abgelesen, warum handelt er jetzt nur so unbeugsam? Aber eines steht fest: nie werde ich die Frau des Grafen! Aber ins Kloster......“ nachdenklich streichelte sie das warme Fell, „es muß doch noch einen Ausweg geben?“


 

„Ihr habt geläutet, Komtesse?“ Márika, die Gespielin vieler einsamer Stunden, öffnete die Tür zu Julikas Zimmer, wo diese mit noch immer etwas verweinten Augen auf einem Sofa lag.

„Schließ die Tür und komm her“, wies diese sie an. „Du hast einmal zu mir gesagt, du seiest romantisch und abenteuerlustig, stimmt das?“

Das adrette, junge Mädchen staunte nicht schlecht ob dieser unerwarteten Einleitung.

„Ja, Komtesse, das habe ich gesagt und es stimmt noch immer, aber was hat das mit euch zu tun?“

Ohne eine Antwort ging Julika zu einem Schrank und entnahm ihm ein dunkelgrünes Reitkostüm, welches nach dem neuesten Schnitt angefertigt war. Weiter Rock, enge Taille und perfekt sitzende Jacke, deren lange Ärmel und Ausschnitt mit Spitzen verziert waren, dazu gehörten noch ein hübscher Hut mit Schleier und lange Handschuhe.

„Besitzt du auch ein Kostüm zum Reiten, oder soll ich dir eins geben?“ fragte Julika die verblüffte Gesellschafterin, ein gut erzogenes Mädchen aus noblem, aber verarmtem Hause, die seit ihrer frühesten Jugend, als die Mutter Julikas sie als Spielkameradin für ihre Tochter zu sich genommen hatte, im großen Herrenhaus lebte und mit Julika herangewachsen war. Als diese bejahte, holte sie weitere Sachen aus den Fächern des Schrankes.

„Bringe deine Reitsachen hierher auf mein Zimmer und suche auch noch andere nützliche Sachen für eine Reise zusammen – aber unauffällig! Nach dem letzten Wachgang kommst du dann hier her -  aber zu niemandem ein Sterbenswörtchen!“

„Komtesse können mir vertrauen“ hauchte Márika und huschte davon.

Als die Zeit gekommen war, schlichen die beiden Mädchen leise über die Dienstbotentreppe aus dem Haus. Unter dem Schlafzimmerfenster ihres Vaters angekommen, flüsterte Julika:

„Nein Vater, ihr werdet mich niemals zwingen können, gegen meinen Willen zu heiraten!“ Dann begab sie sich mit Márika zu dem Gatter im hinteren Teil des Gartens. Da sie keinen der Stallburschen wecken und ins Vertrauen ziehen wollten, mußten die beiden Mädchen ihre Pferde selbst satteln und sie leise auf dem Rasen bis zum großen Tor führen, das Julika mit einem aus dem Büro ihres Vaters entwendeten Schlüssel öffnete. Erst dann bestiegen sie ihre Tiere – Márika einen gutmütigen braunen Wallach und Julika den neuen Hengst - und begannen den Ritt ins Ungewisse.

 

Heiß brannte die Sonne und nur selten strich ein Windhauch lindernd über die weite Ebene. Die Hitze flimmerte und Luftspiegelungen irrten den einsamen Wanderer. Sogar die Vögel schienen ihren großen Zug verschoben zu haben, denn nur selten und wenn, dann nicht in der großen Gruppe der in ihre Winterquartiere ziehenden Tiere, sondern als einsamer Vorbote erschien einer der Zugvögel am blauen Himmel. Auf einem kleinen Felsbrocken saß lauernd ein heller Falke und wartete auf seine bevorzugte Beute, ein Ziesel. Doch selbst diese in Löchern im Boden lebenden kleinen Nager vermieden die große Hitze und erschienen erst gegen Abend wieder, um in der Puszta nach Nahrung zu suchen. So lange mußte sich auch der hungrige Greifvogel gedulden, oder nach anderer Beute Ausschau halten. Nur ein großer Adler kreiste auf breiten Schwingen von der Thermik getragen über der unendlichen Ebene, an deren nördlichem Horizont an klaren Tagen die Berge in einer Entfernung von über 80 Kilometern zu sehen waren. Vor einer einsamen Csárda führte ein Knecht zwei schweißbedeckte Pferde zur Tränke. Im Schatten der Akazien saßen Julika und Márika auf einer Bank und labten sich an einem kühlen Trank, den ihnen der beleibte Wirt soeben serviert hatte. Als dieser außer Hörweite war, flüsterte Márika:

„Komtesse, wie lange wollt ihr noch so ziellos durch die Gegend stürmen? Und vor was lauft ihr davon?“

„Frage lieber, vor wem ich davonlaufe, und nenn mich nicht mehr Komtesse! Ich will unerkannt bleiben, damit mir niemand unbequeme Fragen stellen kann! Sag Julika zu mir, grad so wie in unseren Kindertagen!“

„Ich will es versuchen, Kom..., Julika. So lauft ihr also eurem Vater davon – oder gar einem Freier?“

„Ich glaube, daß du die Antwort schon erahnt hast, Márika. Vor beiden.“

„Aber jedes junge Mädchen möchte einmal heiraten, wenn die Zeit dazu gekommen ist, ihr seid da sicherlich keine Ausnahme, ich jedenfalls möchte den Mann, den ich liebe, so schnell wie möglich heiraten, bevor ihn mir eine andere wegnimmt!“

„Da hast du ganz recht, Márika!“ seufzte Julika, „aber bei mir ist es eben nicht der Mann, den ich liebe, sondern ein ekelhafter alter Kerl, den mein Vater für mich ausgewählt hat! Du hast solche Probleme nicht, du hast niemandem Gehorsam zu leisten und kannst deinem Herzen folgen!“

„Das würde ich sehr gerne, doch der Mann, dem bei jeder Begegnung mein ganzes Sein entgegen fliegt, hat mich noch nie beachtet! Wie wunderbar wäre es, würde er nur ein einziges Mal mit mir reden, damit ich ihm meine Gefühle für ihn offenbaren kann, doch zwingt mich der Dienst in eures Vaters Haus dazu, am Ort zu bleiben, während er in der Ferne weilt“ hauchte verschämt das junge Mädchen.

„Aber Márika, ich habe ja gar nicht gewußt, daß du dein Herz schon verschenkt hast!“ rief Julika erstaunt aus. „Du hättest es mir sagen sollen, dann wäre mir schon etwas eingefallen, damit du den geliebten Mann für dich gewinnen kannst!“

„Ich habe es nicht gewagt, zumal die Liebe wohl nur von meiner Seite aus gegeben ist, er wird wohl nicht viel von einem Waisenkind wie mir halten, auch wenn er nur ein Pferdehirte ist!“

„Nun, darüber können wir uns jetzt nicht den Kopf zerbrechen, zuerst einmal müssen wir eine große Strecke zwischen uns und das Gut bringen, dann können wir in aller Ruhe überlegen, wie wir unser Glück erreichen können. Du, indem du den Mann deiner Träume erringst und ich, indem ich dem Mann meiner Alpträume entgehe!“ schloß Julika das Gespräch und begab sich mit ihrer Gesellschafterin auf ihr Zimmer, um sich von dem ungewohnten Ritt auszuruhen. Zwar waren beide Mädchen gute Reiterinnen und Julika nahm oft an den herbstlichen Jagden ihres Vaters teil, doch war ihre Eskapade kein unbeschwertes Drauflosreiten, sondern wollte gut organisiert sein, was vor allem Julika nicht geringes Kopfzerbrechen bereitete. Sie bewegten sich auf  ihnen unbekannten Routen, wollten so wenig wie möglich anderen Reisenden begegnen, da immer die Gefahr des Erkennens gegeben war, und mußten für sich und die Pferde am Ende jeden Tages Unterkunft finden, was in dieser Gegend nicht immer leicht war.

 
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