Maureen O'Kelly
ALLE MEINE PFERDE
Ein lehrreiches Tagebuch fr alle Pferdefreunde
Copyright 2001 by Maureen O'Kelly
Alle Rechte der Verbreitung und bersetzung, auch durch Film, Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tontrger jeder Art, auszugsweisen Nachdruck oder Einspeicherung und Rckgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art sind vorbehalten.
................
V O R W O R T
Dieses Tagebuch soll allen meinen Pferden, den lebendigen, wie den bereits auf den ewigen Weiden Grasenden gewidmet sein. Es vermittelt auerdem dem Pferdefreund und Reiter bestimmt ein paar Ideen zur Pferdehaltung und zum Leben mit Pferden. Es ist nicht als Lehrbuch der Reiterei gedacht, doch findet sich sicherlich so mancher Pferdeliebhaber Anregungen fr den eigenen Umgang mit seinen Tierkameraden darin enthalten. Mein Werk erhebt keinen Anspruch auf Vollstndigkeit, es sind die Gedanken und Taten, die sich im Laufe von vielen Jahren whrend meines Lebens mit den edlen Geschpfen ergeben haben. Ich bitte auerdem alle Reiter und Pferdebesitzer um Vergebung, denen mein Stil im Reiten wie im Schreiben eventuell nicht zusagen mag, doch entstammt dieses Buch einer noch ungebten Feder, die jedoch in ihren Ansichten ber Pferdehaltung und Reiten unbeugsam ist.
Doch soviel zu diesem Buch, lat mich also beginnen!
D I E A N F N G E
Schon als ganz kleines Kind habe ich mein Leben den Pferden verschrieben. Wenn meine Eltern mich zu einem der wenigen Reitturniere in der Gegend mitnahmen, war ich hingerissen von der Schnheit dieser edlen Tiere und der Eleganz der Reiter. Wenn ich je in die Nhe eines Pferdes oder Ponys kam, mute ich es unbedingt streicheln oder fttern. Schon im zarten Alter von 2 Jahren sa ich im Zoo auf dem Rcken von Shetlandponys und wurde herumgefhrt, kein Jahrmarkt oder Weihnachtsmarkt verging, ohne da ich Stammgast in der Manege war. Schon frh hatte ich den Wunsch nach einem eigenen Pferd oder Pony, der jedoch lange Zeit unerfllt blieb. Mit 5 Jahren durfte ich auf einem Ponyhof im Odenwald whrend der Ferien Voltigieren und habe dort auch meinen ersten freien Ausritt in den Wald auf Fjordpferden gemacht. Mein bester Freund, der Wallach APOLLO, war ein wunderbares Kinderpferd, ruhig, vertrglich und unerschrocken. Auerdem nahm er Ziehen im Maul und andere Dinge des unwissenden Reiterleins mit stoischer Gelassenheit hin. Im Jahr danach und fr die nchsten 12 Jahre verbrachten wir unsere Urlaube im Schwarzwald in einer Reiterpension, dort lernte ich das freie Reiten und durfte auch schon an einigen Ausritten teilnehmen. Auch dort gab es wieder ein braves Fjordpferd mit Namen CSAR, auerdem zwei hbsche Islnder SIGGA und SRLI mehrere Shetlandponys, unter anderem den schwierigen Clown KASPER und zwei Warmblter, FLICKA und LORD. Alles waren gut erzogene Pferde, mit denen es Freude machte, lange Ausritte in der wunderschnen Landschaft zu unternehmen. Dann fand ich an dem kleinen Waldsee, an dem unsere Familie fter die Wochenenden mit Schlauchbootfahrten und Schwimmen verbrachte einen wunderschnen Fjordhengst mit seinen Stuten und Fohlen. Da ich seinen Namen nicht wute, nannte ich ihn nach einem Fjordpferd aus einem Buch THYBO. Er war sehr anhnglich und kam sofort, wenn ich ihn rief, auch nach der langen Winterpause, whrend der wir nicht am See waren, hatte er mich nie vergessen. Eines Tages dann waren die Pferde verschwunden, erst dachte ich, sie wren vielleicht auf einer anderen Koppel, doch als sie auch beim wiederholten Male nicht auftauchten, mute ich erkennen, da sie verkauft worden waren. Ich brachte den Besitzer der Domne in Erfahrung und wendete mich an ihn, um den neuen Standort des Hengstes zu erfahren. Nach kurzer Zeit erhielt ich Nachricht, in der auch der neue Besitzer bezeichnet wurde. Nach einigem Bitten wurde mein Wunsch erfllt, wir durften den Hengst besuchen. Inzwischen war mehr als ein Jahr vergangen. Auf dem Hof des neuen Besitzers wurden wir freundlich empfangen, der Mann erklrte uns jedoch, da DRAUGON, so der wahre Name des Hengstes, sehr unabhngig sei, er kme selbst zu ihm nicht auf Anruf und verstecke sich auf seiner groen Weide. Doch welch unsagbare Freude, als er auf meinen zarten Ruf: THYBO! Aus dem Wald im gestreckten Galopp hervor geprescht kommt und sich sogleich von mir streicheln lt. Der Besitzer ist so verblfft, da er ihn mir schenken will. Doch was soll ich, ohne Stall und Koppel mit einem 15jhrigen Deckhengst anfangen, der noch niemals geritten wurde. Auerdem wollen selbst die Mietstlle keine Hengste unter ihren Pensionren haben. Also mute ich leider traurigen Herzens ablehnen. In spteren Jahren, ich war gerade 11 Jahre alt geworden und mein Traum vom Pferd hatte sich noch immer nicht erfllt, was viele heie Trnen bedeutete, ffnete ganz in der Nhe meines Heimatortes eine Reitschule ihre Pforten. Nach langer berredungszeit willigten meine Eltern endlich ein, da ich dort regelmig Reitstunden nehmen durfte. Aber welche Enttuschung, ich mute ganz von vorne, mit der Arbeit an der Longe anfangen und durfte erst nach langen Monaten die erste hei ersehnte Reitstunde – zwar in der Halle, doch frei auf dem Pferd – nehmen. Hier hie es in jeder Stunde ein anderes Pferd zu nehmen, Irisch Hunter oder Appaloosa, Warmblut unbekannter Herkunft, polnischer Wielopolska oder undefinierbare andere Rassenmischung, alles mute geritten werden. Mit Sporen und Gerte nach guter, alter Reitermanier, auch wenn die Pferde vor der Gerte scheuten oder von den Anfngern, die sich mit den Sporen in der Balance hielten, blutige Wunden gestochen bekamen. Schon damals schwor ich mir, dieser Art von Reiterei den Rcken zu kehren und sanfte Methoden anzuwenden. Aber in der Reithalle hat nun einmal der Reitlehrer das Sagen und nicht ein kleines Mdchen. Viele Jahre gingen so ins Land, ich lerne trotz allem Grundzge des Dressur- und Springreitens, nur ins Gelnde durfte ich nicht mehr. Dann, ich war gerade 15 Jahre alt, ffnete eine kleine Reitschule in unserer Stadt. Dort ging es gemtlich zu, es gab auch Ponys aller Rassen und Gren. Dort machte das Reiten richtig Spa und wir waren auch oft im Gelnde mit den gutmtigen Tieren. Auerdem gab es dort freie Pensionsboxen ...
Nach viel berzeugungsarbeit, und nachdem auch mein Bruder bereit war, sein Erspartes in die Sache zu investieren, durften wir uns endlich ein Pferd kaufen. Ich war damals 17 Jahre alt. Auf die Frage nach der Rasse gab es wenig Probleme. Anspruchslos sollte es sein, gutmtig und zuverlssig, dabei einen Erwachsenen tragen knnen – also ein Fjordpferd!
In einer Anzeige stand ein lterer Wallach in unserer Gegend zum Verkauf, doch bei Anruf muten wir erfahren, da er schon verkauft war. Seine Besitzerin gab uns jedoch die Adresse seines Zchters im Odenwald, zufllig nur wenige Kilometer von meinem ersten Reiterhof mit Fjordpferden entfernt. Ein kurzer Anruf gengt, eine groe Auswahl von Wallachen in allen Altersklassen ist vorhanden, am nchsten Tag besuchen wir den Zchter auf seinem Hof.
1. Kapitel
L A U S E R
29.Mai 1980
Heute sind wir schon am frhen Morgen in den Odenwald gefahren, meine Mutter mein Bruder und ich. Wir knnen es kaum erwarten, da wir in den kleinen Weg einbiegen, der uns auf den Hof des Zchters bringt. Gleich am Anfang des Weges sind groe Koppeln, auf denen die Mutterstuten mit ihren Fohlen friedlich grasen, helle Tupfen in der grnen Wiese. Endlich gelangen wir auf den eigentlichen Hof, der freundliche Zchter erwartet uns schon. Zuerst mchte er uns zwei junge Wallache zeigen, einen knapp dreijhrigen und einen vierjhrigen. Diese beiden erwarten uns schon gesattelt und gezumt vor dem groen Stallgebude. Mein Bruder und ich sitzen auf, der Zchter besteigt sein eigenes Reittier und wir beginnen unseren kleinen Proberitt. Nach der Hlfte der Strecke wechseln wir, damit jeder von uns beiden die gleichen Eindrcke erhlt. Am Ende des Ausfluges angelangt und wieder vor dem Stall, sitzen wir ab und schauen uns an. Unser Urteil geht einstimmig zu Gunsten des jngeren Tieres, der ltere hat von seinem Vater, wie sich herausstellt, mein Freund DRAUGON, das lstige Kopfschlagen geerbt. Wer sich also nicht die Zhne einrammen lassen will, wenn er im leichten Sitz nach vorne geneigt reitet, der mu hllisch aufpassen, wann der Wallach den Kopf nach hinter werfen will. Auf die Frage, ob er etwas vom Verbleib des Deckhengstes wisse, meint der Zchter, da der Besitzer, bei dem ich DRAUGON zuletzt gesehen hatte, nicht mit ihm fertig geworden sei und ihn deshalb nach Luxemburg verkauft habe, wo der Hengst jetzt sein verdientes Gnadenbrot auf einer groen Weide genieen kann. Wir stimmen jedoch fr unseren jungen LAUSER! Er ist gerade erst angeritten, hat aber schon alle Qualitten eines guten Reitpferdes fr Jugendliche. Im Gelnde kennt er keine Angst, geht sicheren Trittes ber die unmglichsten Hindernisse, ist anschmiegsam und sicher im Umgang, auerdem kinderlieb, beschlagfromm und anhngergewohnt. Der Zchter verspricht, unser Pferd am nchsten Tag zu liefern und nach einem letzten Abschiedsgru mit Zucker verlassen wir den netten Mann und unser Pferd! Wir knnen es kaum erwarten, da der Tag endet, doch ums vorher die Box im Mietstall vorbereitet werden, der Sattler angerufen werden, damit er eine Auswahl seiner Waren mitbringt und eine Futterkrippe gekauft werden, Selbsttrnken sind schon in den Boxen angebracht.
30.Mai 1980
Seit dem frhen Morgen sind wir auf dem Reiterhof und erwarten sehnschtig die Ankunft unseren LAUSERS. Alles ist fertig zur Aufnahme des neuen Stallgenossen. Endlich erscheint das Auto mit seinem Anhnger auf dem Feldweg! Wir laufen ihm entgegen und wollen beim Ausladen helfen. Der Zchter ffnet jedoch nur die Verladeklappe, ruft LAUSER, und der Wallach, der die ganze Fahrt ber nicht angebunden war, steigt vorsichtig rckwrts aus dem Wagen. Wir nehmen ihn gleich mit einem wunderschnen Stallhalfter, extra auf seine Farbe abgestimmt, aus hellem Leder mit eingearbeiteten hellblauen Bndern in Empfang und fhren ihn in seine Box, in der Rben und nach Waldwiese duftendes Heu ihn erwarten. Seiner Rasse getreu, macht er sich sogleich ber die Leckerbissen her, bis kein Krmel mehr brig ist, dann kommt die Einstreu an die Reihe. Inzwischen sind die geschftlichen Dinge abgewickelt, das Pedigree in unserem Besitz und der Zchter verabschiedet sich von seinem Zgling. Etwas spter kommt der Sattler und hat mehrere Sttel und Zume mitgebracht, auerdem alle anderen notwendigen Dinge fr die Pferdehaltung wie Putzzeug, Longen usw. Wir erstehen einen guten Sattel komplett mit allem, was dazugehrt, sowie mehrere Satteldecken, ein schnes Lederhalfter mit weicher Wassertrense, Putzgerte, Longe und Zubehr. Wenn etwas fehlt, so wird es bei Bedarf angeschafft werden.
LAUSER lt die ganze Prozedur des Anpassens mit stoischer Ruhe ber sich ergehen, seine Geduld wird mit einigen Leckerbissen verwhnt. Dann darf er sich endlich zur wohlverdienten Ruhe begeben.
31.Mai 1980
Der erste Tag mit unserem Fjordpferd! Natrlich steht die Schule an erster Stelle, ich ums mich langsam auf mein Abitur vorbereiten, die Oberstufe kennt kein Pardon! Ich bin mir jedoch bewut, da ich fr mein Pferd leben werde, Freunde oder Freundinnen habe ich leider keine, Ausgehen gibt es nicht, also kann meine ganze Freizeit meinem vierbeinigen Partner gewidmet werden. Dies ist sowieso mein Lebensziel.
LAUSER lt sich ohne Probleme putzen, gibt brav seine Hufe zum Auskratzen und das Satteln ist ein Kinderspiel. Heute werden wir nur einige Runden in der Reithalle drehen, da mein Wallach eben erst angeritten wurde, ums er noch einiges lernen und Kondition aufbauen. Wir haben Glck, die Halle ist leer, also bleiben uns „sachverstndige“ Kommentare erspart. Wenn ich etwas nicht leiden kann, dann sind es die Meinungen anderer, die meinen, etwas von Pferden zu verstehen, selbst jedoch nie geritten oder ein Pferd besessen haben. Noch schlimmer die Geldmenschen, deren arme Kreatur 6 Tage in der Woche in der Box verbringt, dann ins Gelnde gefhrt wird, vor Schreck oder bermut vor einem Papier auf dem Weg zur Seite springt und dann noch dafr bestraft wird.
Brav dreht LAUSER seine Runden, fein gehorcht er den Schenkelhilfen und reagiert auf meine Stimme. Dies ist meiner Meinung nach sowieso das Wichtigste: das Pferd sollte auf Zuruf reagieren, es ist mir spterhin passiert, da meine jetzige Stute sich erschreckt hat, auf der Hinterhand drehte und im Galopp einen steilen Hang hinabstrmen wollte, whren mir ein Krampf in beiden Beinen jegliche Schenkelwirkung verbot und also auch die Parade unwirksam gewesen wre. Auf ein kurzes, energisches „Halt“ hat sie jedoch sofort reagiert und angehalten. So konnte ein ungewisser Ausgang des Sache fr Reiter und Pferd vermieden werden.
Nach kurzer Zeit springe ich vom Pferd, nehme Sattel und Zaum ab und lasse meinen Wallach sich austoben. Mein erster Fehler: ein mir unbekanntes junges Pferd sollte sich erst austoben, bevor es unter dem Reiter geht. Viele Bocksprnge dienen ja nicht dazu, sich des Reiters zu entledigen, sondern sind Zeichen von berschssiger Energie. Will der Reiter also ein „Rodeo“ vermeiden, sollte er seinem Tier die Gelegenheit geben sich frei zu entspannen, sollte dies nicht mglich sein, so tut es auch die – KORREKTE – Longenarbeit. Aber man lernt aus seinen Fehlern, auch zum Wohle seines Pferdes!
1.Juni 1980
Ich habe seit gestern dazugelernt, heute darf LAUSER sich erst austoben, dann wird er etwas gearbeitet. Viel Schritt- und Trabarbeit, dazu kurze Galopps. Er soll lernen, auf dem Hufschlag zu gehen und sich gerade auszurichten. Bahnfiguren, vor allem Biegungen sind nichts fr ein so junges Tier. Nachdem er einen freien Schritt entwickelt hat, darf er diesen am langen Zgel beibehalten, damit ist der Unterricht beendet. Am Fhrstrick zeige ich ihm noch den Auenplatz, bei schnem Wetter knnen wir dort gemtlich arbeiten.
3.Juni 1980
Der Wallach macht in seiner Ausbildung groe Fortschritte, die bungen werden lnger und langsam auch schwieriger, ohne da das Pferd das Vertrauen in den Reiter verliert oder keine Lust mehr hat. Alles ist ein Spiel, doch sollten die Regeln vom Reiter oder Ausbilder vorgegeben sein. LAUSER ist gelehrig und brav, man erreicht viel mehr bei ihm mit Belohnung (sein Lieblingsgericht sind Karotten), als mit Strafen oder Hrte. Natrlich gibt es auch andere Pferde, vor allem junge Hengste, die in ihrem Ausbilder einen Herdengenossen sehen, und ebenso hart mit ihm umgehen wollen – allerdings bedeuten ein Tritt oder Bi fr ein anderes Pferd oft nichts, whrend die Haut und der Krper eines Menschen jedoch empfindlich Schaden erleiden knnen – da ums der Ausbilder natrlich sich durchsetzen und die Fhrungsposition bernehmen, vor allem durch seine Krpersprache.
5.Juni 1980
Mein Pferd schreitet von Tag zu Tag in seiner Ausbildung voran und ich werde ihn bald im Gelnde testen. Gegenseitiges Vertrauen ist dabei die Hauptsache. Hat der Reiter Angst, so sprt es das Pferd. Da es nicht ahnen kann, da der Mensch vor ihm oder seinen Reaktionen Angst hat, denkt es, eine andere Gefahr wre im Verzug und wird nervs nach dieser Ausschau halten. Dadurch verliert der Reiter noch mehr an Sicherheit, das Pferd regt sich noch mehr auf.... das Ende ist vorherzusehen. Ich habe vollstndiges Vertrauen in mein Pferd, bin in der Reitstunde zu oft von schlecht erzogenen oder sauren Pferden gefallen (zum Glck ist nie etwas passiert, Gips kenne ich nicht), um Angst vor einem Sturz zu haben. Auerdem ist LAUSER nicht so gro, wie die Pferde, die ich oft habe reiten mssen. Also los! Am Wochenende werden wir es ja sehen!
6.Juni 1980
Heute ist der groe Tag! LAUSER ist wie immer frisch geputzt und strotzt vor Gesundheit. Schon fast zuviel Gesundheit, es hat sich schon ein kleiner Heubauch gebildet, da er den lieben langen Tag nur frit und so auer Heu und etwas Zufutter mit Mineralstoffen fr sein Wachstum auch die Stroh-Einstreu mit verwertet. Mal sehen, wie das weitergeht!
Jedenfalls lt er sich gemtlich satteln und zumen und auf geht’s! Da durch meine Ausritte mit den Schulpferden mir die Wege der nheren Umgebung gut bekannt sind, kann ich die auswhlen, wo am wenigsten Verkehr und Begegnungen mit Menschen und anderen Pferden zu erwarten sind. Vor Autos hat LAUSER keine Angst, aber wie hassen wir beide die Auto- oder LKW-Fahrer, die, von hinten kommend, im Moment des berholens laut hupen. Sie wissen gar nicht, da gegebenenfalls ein Pferd auch vor ihr Auto springt, vor allem, wenn es die Wahl zwischen einem tiefen Graben oder Zaun auf der einen und dem Auto auf der anderen Seite hat! Also bitte, liebe Autofahrer, hupt nicht, wenn Pferde in der Nhe sind, auch unntiges Bremsen mit der Luftdruckbremse ist gefhrlich und bitte auch nicht zu eng berholen, ein erschrecktes Pferd tritt weit aus! Mit Freundlichkeit und gegenseitiger Nachsicht geht vieles besser und unntige Unflle knnten vermieden werden! Aber natrlich mssen sich auch die Reiter an die Verkehrsregeln halten, wenn sie denn Straen oder Wege benutzen wollen oder mssen!
12.Juni 1980
Die Ausdauer meines Pferdes nimmt stetig zu, lange Ausritte im Schritt tun das ihre, um die Muskeln auszubilden. Nchste Woche hat die Reitschule einen langen, gemtlichen Ritt in die Nhe einer alten Burg in der Rhn geplant, die Strecke betrgt nur ca. 20 Kilometer in gemtlichem Tempo geritten. LAUSER und ich werden daran teilnehmen, zumal ein Ruhetag eingeplant ist, bevor es wieder nach Hause geht. Auch mein Bruder reitet mit, zuerst auf einem Schulpony, fr den Rckweg wird getauscht. Der Schmied war da und hat die harten Hufe gut beschnitten, Eisen braucht mein Pferd nicht, die Hufe reiben sich nur langsam ab und brechen nicht. Auerdem sind die Bden, auf denen wir reiten ziemlich weich, ohne Steine und Straen werden, so weit es geht, vermieden. Wir wollen uns noch ein Paar Satteltaschen besorgen, nehmen dann aber lieber eine Satteldecke mit aufgenhten Taschen, die das junge Tier weniger zu stren scheinen. Fr die nchsten Tage plane ich noch etwas Konditionstraining, am Tag vor dem groen Ritt darf sich LAUSER in der Bahn etwas austoben, geritten wird er nicht.
17.Juni 1980
Frhmorgens sind wir schon auf dem Hof und bereiten den Ausritt vor. Ein Proviantwagen wird uns an unserem ersten Halt erwarten, er bringt auch Material wie Stallhalfter und Anbindestricke, Decken, Futter- und Trnkeimer usw. an unser Ziel. Spter finde ich es einfacher, mit einem dnnen Wanderhalfter mit integriertem Strick unter dem Reithalfter auf Tour zu gehen, es ist dann immer bei der Hand und ermglicht es den Pferden, auch bei einer Rast unterwegs, ohne Trense etwas zu grasen. Am einfachsten ist jedoch ein Stallhalfter mit Knebeltrense, der Anbindestrick wird whrend des Rittes um den Pferdehals geschlungen. Achtung bei unbekannten Pflanzen, sie knnten giftig sein!
Wir haben in unsere Satteltaschen Verbandszeug fr Mensch und Tier, einen Notriemen zum Flicken von Lederteilen (mehr fr die anderen, als fr uns, denn unser Lederzeug ist gut gepflegt und gewartet, auerdem neu), etwas Wasser in einer Feldflasche und einige Tabletten mit Traubenzucker dabei. Ntzliches Utensil ist ein Taschenmesser mit Pfriem und Hufkratzer, so hat man keine Probleme, sollte sich einmal ein Stein im Huf oder ggf. unter dem Hufeisen festklemmen. Die Pferde werden gut geputzt und noch einmal auf Lahmheiten usw. untersucht, dann sattelt und zumt jeder das ihm zugeteilte oder eigene Pferd und los geht es!
Die erste Teilstrecke besteht aus den uns bekannten Wegen, sie wird im Schritt zurckgelegt, auch um die Tiere aneinander zu gewhnen, denn wir haben auch Reiter mit ihren Pferden dabei, die sonst nicht zum Stall gehren. Erst wird im Gnsemarsch geritten, doch sowie die Wege breiter sind, bilden sich kleine Grppchen von zwei oder drei Reitern. Das Wetter ist hervorragend, nicht zu hei, einige Wolken am Himmel und ein lauer Wind khlt angenehm Reiter und Pferd.
Langsam kommen wir in unbekanntes Gelnde, der Fhrer reitet nach Karte, doch manchmal gibt es berraschungen, denn dort, wo die Wanderkarte 1:25000 einen Weg angibt, hat ein Landwirt einfach einen Elektrozaun quer darber gespannt, so sind aus zwei Weiden eine geworden, wir aber mssen einen greren Umweg in Kauf nehmen. Wir kommen durch ein paar kleinere Drfer, in einem gibt es sogar noch einen Brunnen auf dem Marktplatz, bei dem die Pferde sich an dem khlen Na laben knnen. Durch das Hufgetrappel neugierig geworden, schauen viele Leute an diesem Feiertag aus ihren Fenstern und gren freundlich, wir gren natrlich ebenso zurck.
Bald ist ein kleines Waldstck erreicht, dort wartet der Proviantwagen auf uns, da es fast Mittag ist und wir eine lngere Rast einlegen wollen. Die Pferde werden abgesattelt, die Reiter knnen sich ein wenig die Beine vertreten und einige Scheiben Brot essen und trinken. Spter wird wieder aufgesessen und weiter geht es. Doch pltzlich verdunkeln schwarze Wolken den Himmel und es fngt an zu regnen. Viele Reiter haben der Bequemlichkeit wegen ihre Jacken dem Auto bergeben, jetzt htten sie sie gerne wieder. Doch nicht genug, da es regnet, jetzt hebt ein Sturm an, der groe ste von den Bumen, unter denen wir reiten, bricht und ein Gewitter lt seine volle Gewalt ber uns aus. Die Blitze zucken nur so um uns herum, manchmal schlgt es ganz in der Nhe in einen Baum ein, der Donner drhnt frchterlich. Unsere Pferde sind schon seit langem je nach Charakter mehr oder weniger nervs, doch jetzt beginnen sie vor Angst zu zittern und wollen losgaloppieren. Sowie der Weg dafr geeignet ist, lassen wir ihnen ihren Willen, nur darauf bedacht, die Richtung beizubehalten, in die uns unser Weg fhrt. Nach ein paar angstvollen Minuten sind wir aus dem rtlich sehr begrenzten Gewitter herausgekommen, es regnet nur noch ein paar wenige Tropfen, dann scheint die Sonne wieder. Wir lassen unsere Tiere verschnaufen und sind froh, so gut davongekommen zu sein.
Langsam nhern wir uns unserem Ziel und dann knnen wir auch schon den alten Bauernhof erkennen, wo wir die Nacht verbringen werden. Zwar sind in dem ehemaligen Kuhstall nur provisorisch einige Stnde, mit Schlagbumen abgetrennt, hergerichtet worden, doch stellen wir die Pferde nebeneinander, die sich kennen und vertragen, so gibt es keinen Streit, auerdem ist eine Stallwache fr den Fall eines Falles vorgesehen. Die Pferde knnen abgespritzt werden, fr Futter und Wasser ist gesorgt, und so wird es eine ruhige Nacht fr Mensch und Tier.
18.Juni 1980
Am nchsten Morgen werden die Pferde verpflegt und auf eventuelle Wunden oder Lahmheiten untersucht, zum Glck sind alle gesund und wohlauf. Einige Reiter auf ihren eigenen, durchtrainierten Pferden unternehmen einen kleinen Morgenritt, ich fhre LAUSER ein wenig herum, damit er sich nach der Nacht im ungewohnten Stand ein wenig die Beine vertreten kann und lasse ihn am Wegesrand etwas grasen. Langsam entwickelt sich zwischen uns eine tiefe Freundschaft, das gegenseitige Vertrauen ist aufgebaut und er scheint schon viele Dinge zu verstehen, die ich ihm sage. Die anderen Reiter lcheln zwar und einige Nichtreiter, die mich sehen, halten mich wohl fr etwas bergeschnappt, wenn ich zu meinem Pferd rede, doch habe ich die Erfahrung gemacht, da die Pferde, die Vertrauen in ihren Reiter haben, zu ganz erstaunlichen Leistungen zu bewegen sind, wenn man ihnen gut zuredet und da z.B. in einer Schrecksekunde die ruhige Stimme des Reiters sein Pferd zu beruhigen vermag. Auerdem ist es doch schn, wenn man alleine reitet, wie ich es meistens tue, da man mit seinem Tier eins ist, es aufmuntert oder auch einmal ausschimpft, wie es gerade die Situation erfordert. brigens, gefragt, wohin ICH denn reite, antworte ich immer: WIR gehen da oder dorthin, denn ich glaube, da mein treues Tier ein Recht darauf hat, als Wesen mit eigenem Charakter anerkannt zu werden. Auch wenn ich oft erstaunte Blicke gesehen habe, die den anderen REITER suchten und nicht fanden. Fr mich zhlt eben das Pferd ebensoviel wie der Reiter, wir sind ein Paar und deshalb der Plural!
19.Juni 1980
Der Rckritt beginnt!
Im allgemeinen folgen wir dem Weg, den wir auch schon auf dem Hinritt bentzt haben. Nur an einigen Stellen nehmen wir Abkrzungen, die uns die freundliche Bevlkerung der kleinen Drfer bereitwillig angibt. Dieses Mal darf mein Bruder unser Pferd reiten, ich sitze auf dem Reitschulpony, das ihn auf dem Hinweg getragen hat. So kann ich endlich auch einmal den schwungvollen Trab und schnen Galopp unseres Pferdes sehen! Der Spiegel an der Wand der Reithalle verzerrt ja oft die Bewegungen und auerdem zeigt er nur einen ganz kleinen Ausschnitt. LAUSER trabt stolz neben den anderen Pferden einher, deren Reiter schauen oft nicht gerade freundlich auf das kleine Tier. Der alte Spruch vom: „Auf dem hohen Ro sitzen“ hat auch heute noch seine wrtlichen Anhnger. Oft schon mute ich mir sagen lassen: Mit dir reite ich nicht aus, wie sieht denn das aus, mein tolles Pferd und dein kleines Pony!
Nun ist LAUSER nicht gerade klein, mit 1,45 m Stockma ist er gerade richtig proportioniert fr seine Rasse. Aber wer natrlich auf Pferden mit 1,80 m Stockma sitzt, fhlt sich wahrscheinlich schon sehr „hoch hinaus“. Trotz allem Schmh liebe ich kleine, handliche Pferde, egal welcher Rasse sie angehren. Sie knnen sich wenigstens in den Boxen herumdrehen und etwas bewegen, der Reiter hat keine Mhe, sie zu satteln oder zu zumen (wie oft sehe ich das „Angeln“ nach dem Kopf eines Riesenpferdes, das partout seinen Kopf nicht ins Halfter senken will. Auerdem sind kompakte Pferde ausgezeichnet fr Wander- oder Distanzreiten, gleich stark wie die Groen, mssen sie nicht 700 und mehr Kilo Eigengewicht tragen, die bersetzung ist kleiner und die Ausdauer oft grer. Bei Distanzritten in Turnierform gewinnen meistens Kleinpferde wie Fjord und Islnder, spritzige kleine Araber oder Berber.
Der Ritt neigt sich seinem Ende zu, wir sind schon fast am Hof. Was ich sonst immer bei lngeren Ritten zu unternehmen pflege, da ich nmlich oft absitze und mein Pferd am Zgel fhre, wurde hier nicht getan, vielleicht, weil einige Pferde dies nicht gewhnt sind oder die Reiter Angst haben, bei einem eventuellen Erschrecken des Pferdes, es nicht halten zu knnen. Auch hier ist es besser, das Pferd von klein auf an das Gefhrtwerden zu gewhnen, ihm Vertrauen beizubringen und anstndiges Laufen neben dem Reiter.
Wir sind alle trotz des angenehmen Wetters etwas ermdet, die Pferde werden trockengefhrt oder abgerieben, auf Lahmheiten oder Wunden untersucht (wie leicht kann Satteldruck entstehen), dann drfen sie sich unter dem Wasserstrahl des Gartenschlauches erfrischen. Die Boxen sind frisch eingestreut und gutes Futter wartet auf die hungrigen Muler. Fr LAUSER gibt es noch Karotten und etwas trockenes Brot, seine Lieblingsspeisen. Dann haben wir alle uns unseren Schlaf verdient.
20.Juni 1980
Heute ist Ruhetag fr LAUSER, er darf sich etwas auf der Auenreitbahn frei bewegen, da ich nichts davon halte, Pferde nach einem anstrengenden Ritt ganz in der Box stehen zu lassen – sie haben wahrscheinlich genauso Muskelkater wie wir und sind dankbar dafr, wenn sie ein wenig Bewegung haben drfen. |