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PUSZTASTRME 4

AUF NACH GYPTEN!

Nachdem alle Reisevorbereitungen abgeschlossen waren, nahmen Kata und der Maler Abschied von den freundlichen Schwestern im Spital.

"Mge der HERR euch begleiten und beschtzen auf allen euren Wegen!" segnete die Mutter Oberin die beiden jungen Menschen. Kata kniete gerhrt vor der alten Nonne nieder und auch Tibor dankte ihr herzlich fr die Hilfe, die er durch sie und ihre Mitschwestern erfahren hatte. Mit herzlichen Worten entlie die Mutter Oberin ihre Schutzbefohlenen und versprach:

"Meine Mitschwestern und ich werden euch jeden Tag in unsere Gebete einschlieen und Gottes Schutz fr den glcklichen Ausgang eures Unternehmens erflehen! So reist denn in Gott und vertraut auf Seine Hilfe!" schlo sie, dann waren die beiden jungen Leute entlassen. Zwar sorgte sich die Mutter Oberin noch immer ein wenig um das Seelenheil des jungen Mdchens, wenn es so ganz alleine mit einem jungen Mann reisen wrde, dann aber sagte sie sich, da es Gottes Wille gewesen sein mute, welcher Kata eingegeben hatte, was sie tun msse, um dem jungen Maler vielleicht den Gebrauch seiner Beine zurckgeben zu knnen. Die beiden jungen Menschen wrden einem nicht ungefhrlichen Abenteuer entgegen gehen, wilde Beduinenstmme konnten sie ebenso bedrohen wie unvorhergesehene Wettereinbrche oder wilde Tiere.

Inzwischen hatte Kata den jungen Mann zu einem wartenden Mietwagen gebracht. Mit einem reichlichen Trinkgeld versehen half ihr der Kutscher, Tibor in den Wagen zu heben und auch den Rollstuhl gut zu verstauen. Das gleiche Geschehen spielte sich am Bahnhof ab und endlich saen die beiden jungen Menschen in einem bequemen Schlafwagen-Abteil des Orient-Express, welcher sie in einigen Tagesreisen nach Konstantinopel brachte. Zwar war die Fahrt lang und anstrengend, vor allem fr Tibor, doch sorgte Kata dafr, da er sich so viel wie mglich ausruhte und regelmig im Speisewagen von den delikaten Mens profitierte. Sie selbst gnnte sich nur wenig Ruhe, mute sie doch den jungen Mann versorgen und auerdem ihre Reiseplanungen weiter vorantreiben. Jede Nacht betete sie vor dem Einschlafen darum, da ihr Abenteuer einen glcklichen Ausgang nehmen wrde und der junge Mann endlich wieder gehen knne.

Von Konstantinopel sahen die beiden jungen Leute nicht viel, denn kaum war der Zug im Bahnhof eingetroffen, da muten sie auch schon eine Droschke suchen, welche sie zum Pier derjenigen Linie brachte, welche nach gypten fuhr. Der Dampfer lag schon zum Ablegen bereit am Kai, als sich endlich ein diensteifriger Mensch fand, welcher Tibor auf das Schiff brachte. Kata atmete erst dann erleichtert auf, als der junge Mann auf dem engen Bett in ihrer Kabine lag und das Zittern des groen Schiffskrpers ihnen verriet, da sie sich nun ihrem Reiseziel nhern wrden.

"In kurzer Zeit werden wir das Land der Pharaonen erreichen! Dann wird sich entscheiden, ob ich ein Recht hatte, euch zu diesem Abenteuer zu bewegen!" seufzte Kata leise.

"Du hast alles Recht der Welt auf deiner Seite!" bekrftigte der junge Mann. "Solange nur der kleinste Funken an Hoffnung besteht, da ich geheilt werden kann, sind alle Mittel und Wege recht!"

"Ich danke euch fr euer Vertrauen in mich!" flsterte das junge Mdchen. "Hoffentlich enttusche ich euch nicht!"

"Du wirst mich nie enttuschen!" meinte der Maler, doch dann wechselte er geschickt das Thema, welches sich als ein gefhrliches erwies, denn mit jedem Tag, den er an der Seite des jungen Mdchens verbrachte, wuchs seine Zuneigung zu ihr. Aus Angst, sie nach all dem, was sie hatte durchmachen mssen, mit dem Eingestndnis seiner Gefhle zu erschrecken, verbarg er diese tief in seinem Innersten. Und so konnte Kata nicht ahnen, welche innere Aufruhr sie bei jeder ihrer Berhrungen in dem jungen Mann erweckte. Sie war mit der Zeit eine sachkundige Pflegerin geworden und hatte auch die Kraft erworben, den schweren Mann, wenn er ihr half, in oder aus dem Rollstuhl zu heben.

"Soll ich dir ein wenig von gypten erzhlen?" fragte er also das junge Mdchen.

"Ja bitte!" antwortete Kata. "Ihr habt mir zwar schon viel von eurer Reise erzhlt, aber nur sehr wenig von der alten Kultur und den Schtzen, die dieses Land beherbergt."

Der junge Mann begann also mit seiner Erzhlung und Kata hrte ihm gespannt zu, als er von den ersten Pharaonen berichtete, den berhmten Pyramiden, welche die Jahrtausende berdauert hatten oder von den geheimen Ritualen und Bruchen der Hohepriester. Er sprach von versunkenen Stdten und unermelichen Schtzen, von Mumienraum und seltsamen Funden, von geheimnisvollen Schriftzeichen und kriegerischen Handlungen.

"Wit ihr denn nichts Genaueres ber die Magie der Hohepriester?" fragte Kata neugierig. "Das knnte uns vielleicht noch mehr Aufschlsse darber geben, wie ihr zu eurer Lhmung gekommen seid!" Doch der junge Mann mute dies mit Bedauern verneinen.

"Die Forschungen sind noch nicht weit genug fortgeschritten und es gibt noch zu wenig entzifferte Schriftdokumente, um weiteres Wissen zu erlangen. Vielleicht werden wir nie mehr darber erfahren." meinte er achselzuckend.

"Fr mich grenzt es schon an ein Wunder, da du den Verdacht hattest, meine Behinderung knnte etwas mit Magie oder einem Fluch zu tun haben. Normalerweise glaube ich nmlich nicht an solche bernatrlichen Dinge, die man nicht wissenschaftlich erklren kann."

"Aber jetzt glaubt ihr mir doch, da der Fluch meiner Urgromutter kein Hirngespinst ist!" flsterte Kata. "Nach allem, was ich euch erzhlt habe, mtet ihr doch von der Wahrheit meiner Behauptungen berzeugt sein?" Sie schaute dem jungen Maler fest in die dunklen Augen und hoffte, er wrde in den ihren die Wahrheit lesen knnen. Da beugte sich Tibor vor und ergriff ihre schmalen Hnde.

"Ich glaube dir, mein Kind, deshalb bin ich ja hier! Da selbst die rzte keine Erklrung fr meine Lhmung finden konnten und nach deiner Erzhlung ber die Macht des Fluches deiner Urgromutter, bin ich nun bereit anzunehmen, da es doch Krfte gibt, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen. Wenn es wirklich der Fluch des Scheiks war, der mir den Gebrauch meiner Beine genommen hat, so kann ich nur hoffen, da er mir vergibt und den Fluch von mir nimmt. Dazu aber brauche ich dich und deine Hilfe!" fgte er hinzu, bevor er pltzlich die Augen schlo:

"Bitte la mich jetzt ruhen, das Gesprch hat mich sehr ermdet!" bat er Kata in einem solchen Tonfall, da sie annahm, sie habe ihn mit ihren vielen Fragen irgendwie beleidigt. Was sie nicht wissen konnte: Er mute so brsk handeln, wollte er sie nicht hier und jetzt in seine Arme nehmen und ihr seine Zuneigung gestehen. Ihre Nhe erregte ihn jeden Tag mehr und er wute nicht mehr ein noch aus. Zweifel plagten ihn, ob sie ihm je so zugetan sein knne, wie er ihr. Wrde sie nicht nur Mitleid fhlen mit ihm, dem behinderten Mann? So spielte der den Schlafenden, bis auch sie sich auf ihre Liege zurckzog. Nach den Anstrengungen des Tages fiel Kata in einen tiefen Schlaf und auch Tibor fand endlich Ruhe. Die berfahrt verlief ruhig und ohne Zwischenflle, die beiden jungen Menschen nahmen ihre

Bei strahlendem Sonnenschein erreichten sie den Hafen von Alexandria. Kata hatte Tibor eine leichte, helle Hose und ein weies Hemd angezogen, auf seinen Locken sa ein Hut, welcher ihn vor der Hitze des Tages schtzen sollte und seine Fe steckten in leichten Leinenschuhen. Das junge Mdchen hatte ein leichtes Reisekleid angelegt, dessen buntes Blumenmuster aus der Eintnigkeit der Burnusse der Einheimischen, welche den Kai bevlkerten, hervorstach. Viele neugierige Blicke wendeten sich ihnen zu, doch Kata schob den Rollstuhl bis zu einer Kutsche, welche das Zeichen der Botschaft trug.

"Ihr werdet erwartet?" fragte sie der dunkelhutige Kutscher und das junge Mdchen nickte.

"Der Botschafter hat uns eingeladen, fr ein paar Tage seine Gste zu sein und uns mit Rat und Tat zu untersttzen, bis wir alle Vorbereitungen fr die Weiterreise getroffen haben. Ich bin Kata Molnr und das ist Herr Tibor." zeigte sie auf ihren Begleiter.

"Wrdet ihr so freundlich sein und dem jungen Mann helfen?" fragte sie den Kutscher, welcher auch sogleich vom Bock sprang und Tibor in den offen Wagen, welcher von zwei arabischen Pferden gezogen wurde, hob. Dann folgte der Rollstuhl und Kata kletterte hinterher.

Sie fuhren durch die engen Straen der Altstadt, dann gelangten sie zu einem Villenviertel, in welchem sich auch das Botschaftsgebude befand. Der Kutscher lie die Pferde vor einem eindrucksvollen Portal halten und sofort erschienen zwei livrierte Diener, welche die Gste in Empfang nahmen.

"Willkommen in Alexandria! Der Botschafter erwartet euch in einer Stunde in seinem Bro, bis dahin werde ich euch eure Zimmer anweisen und eine Erfrischung bereitstellen." sagte der eine der Botschaftsangestellten. Die jungen Menschen dankten ihm und folgten ihm auf dem Weg durch die khlen Gnge des Hauses bis zu den fr sie vorbereiteten Zimmern. Kata versorgte zuerst Tibor, dann machte auch sie sich ein wenig frisch und labte sich an der khlen Limonade, die ihr ein dunkelhutiges Mdchen auf das Zimmer gebracht hatte. Die Stunde war noch nicht ganz abgelaufen, als es an Katas Tr klopfte und eine Stimme ihr Bescheid gab, da der Botschafter sie nun erwarten wrde. Kata ging, um Tibor auf seinem Zimmer aufzusuchen und ihn in das Bro des Botschafters zu bringen. Der Botschafter, ein eleganter Mann mittleren Alters und mit einem gewaltigen schwarzen Schnurrbart im Gesicht hie seine Gste willkommen und besprach dann mit ihnen ihre Reiseplne.

"Wir bentigen einen zuverlssigen Fhrer, welcher sich in der Wste auskennt und uns sicher zu dem Beduinenstamm leiten kann, welchen ich aufsuchen mu." begann Tibor, welcher aus Erfahrung wute, da ein guter Fhrer lebenswichtig war. Der Botschafter schttelte berrascht den Kopf:

"IHR wollt zu einem Beduinenstamm in die Wste?" wunderte er sich und konnte es nicht vermeiden, da sein Blick auf die Beine des jungen Malers fiel.

"Wit ihr auch, welche Gefahren euch da erwarten, zumal ihr nicht im Vollbesitz eurer Krfte seid?" fgte er noch hinzu. Im Stillen hielt er den jungen Maler fr nicht ganz richtig im Kopf. War es doch schon ein groes Wagnis fr einen gesunden Menschen, sich nur mit einem Fhrer und einem Begleiter versehen, in die Wste zu den wilden Beduinenstmmen zu wagen. Wie konnte der junge Mann den Gefahren begegnen, die sich ihm vielleicht in den Weg stellen wrden? Wie wollte er sich berhaupt fortbewegen?

Tibor lchelte ein wenig, denn es berraschte ihn nicht, da der Botschafter unglubig vor seinem Plan stand.

"Ich wei sehr gut um die Gefahren Bescheid, die in der Wste lauern, denn ich bin schon einmal hier gewesen, allerdings konnte ich damals noch laufen, und habe die gleiche Route eingeschlagen, welche ich auch jetzt bestreiten werde. Selbst meine Behinderung kann mich nicht von meinem Plan abbringen, auerdem habe ich eine fhige Pflegerin bei mir!" zeigte er auf Kata, welche neben ihm auf einem Stuhl Platz genommen hatte. Als er sah, da der Konsul noch immer nicht glauben konnte, was er da aus dem Mund des jungen Mannes hrte, fgte Tibor hinzu:

"Ich habe alles sehr gut geplant. Ich werde die Reise in einer Frauensnfte auf dem Rcken eines Kamels bestreiten, meine Begleiterin reitet wie ein Mann und wird ein ausdauerndes und sanftmtiges Pferd erhalten. Unser Fhrer wird ebenfalls zu Pferde sitzen und wir werden ein weiteres Tier bentigen, welches unsere Zelte und Ausrstungsgegenstnde mitfhrt. Ich kann sehr gut mit Pistole und Gewehr umgehen und auch meine Begleiterin kann die Waffen benutzen. Unser Fhrer wird als Beduine ebenso gebt sein im Gebrauch von Lanze und Flinte, wie alle seiner Stammesgenossen. Ihr seht also," wendete er sich an den Botschafter, "es ist alles bis ins kleinste Detail geplant. Wir bentigen allerdings eure Hilfe bei der Auswahl unseres Fhrers, der Beschaffung der Tiere und der von uns bentigten Ausrstungsgegenstnde."

Nach diesen Ausfhrungen konnte der Botschafter nur seine Zustimmung zu dem Abenteuer erteilen. Er versprach, das Gewnschte so schnell wie mglich und zu ihrer Zufriedenheit zu beschaffen und lie die jungen Leute seine Gastfreundschaft genieen. Nach drei Tagen war die kleine Karawane zusammengestellt, Kata und Tibor verabschiedeten sich dankbar von dem freundlichen Botschafter und berlieen sich der Fhrung Alis, der sie sicher zu dem Beduinenstamm und wieder zurck bringen sollte.

"Wenn wir in zehn Tagen nicht zurck sind, dann ist uns etwas zugestoen und ihr knnt mit der Suche nach uns beginnen!" flsterte Tibor dem Botschafter so leise zu, da Kata es nicht hren konnte. Dann half ihm der Fhrer in die Frauensnfte auf dem Rcken des Kamels, welche nun fr Tibor die einzige Mglichkeit zur Fortbewegung war, denn der Rollstuhl blieb in der Botschaft zurck.

Der erste Tag verging ohne ein besonderes Ereignis. Hei brannte die Sonne auf die kleine Karawane, allein der junge Maler sa ziemlich geschtzt in seiner Snfte hoch oben auf dem Rcken seines Reittieres. Kata hatte sich die bequeme Kleidung der Pferdehirten ihrer Heimat angelegt, weite blaue Hose und weites Hemd, dazu trug sie kurze Lederstiefel und einen breitkrempigen Hut. ber ihre Schulter hatte sie einen Burnuss gelegt, welcher sie am Tage gegen die Sonneneinstrahlung, in der Nacht aber gegen die Klte schtzen sollte. Ihr Fhrer war ein schweigsamer lterer Mann, erfahren als Fhrer und umsichtig. Seine Gestalt wurde fast vollstndig von seiner Kleidung verhllt, nur die dunklen Augen blitzten aus den weien Laken hervor.

Tibor sa wieder bequem in der an sich fr Frauen angefertigten Snfte auf dem hohen Rcken des Kamels, welches seinen Weg mit zuverlssiger Ruhe in den Sand zeichnete. Kata hatte von ihrem Fhrer eine sanfte Stute als Reittier erhalten und trotz ihrer Angst vor dem ungewissen Ausgang ihres Unternehmens geno sie den Ritt durch die Wste. Als der Abend hereinbrach, hie sie der Fhrer halten, stellte in Windeseile mit gebten Handgriffen das auf dem Packpferd mitgefhrte Zelt fr die beiden jungen Menschen auf und richtete es mit einigen Teppichen, Fellen, Decken und Kissen so gemtlich ein, wie es eben unter diesen Umstnden mglich war. Dann hob er Tibor aus der Snfte und setzte ihn auf der Bettstatt ab.

"Du ausruhen, ich machen Abendessen!" radebrechte er und lie es wirklich nicht zu, da Kata ihm bei seinen Arbeiten zur Hand ging. So setzte sich das junge Mdchen zu Tibor auf die weichen Felle und er ergriff zart ihre Hand.

"Hast du Angst vor morgen?" fragte er sie, denn sie schien mit ihren Gedanken sehr weit weg zu sein und seine Finger auf ihrem Handgelenk verrieten ihm, da sie sehr aufgeregt war. Kata schaute ihn bei diesen Worten liebevoll an:

"Das stimmt. Ich habe Angst! Aber nur um euch! Hoffentlich wird euch die Reise nicht zu sehr anstrengen – und hoffentlich wird sie ein gutes Ende nehmen." flsterte sie fast wie zu sich selbst. Zwar glaubte sie fest daran, da sich der Fluch brechen wrde, wenn Tibor das Gastgeschenk nun endlich akzeptieren wrde, doch was wre, wenn der Scheik oder das Pferd schon gestorben war? Was wrde geschehen, wenn Tibor die Strapazen nicht aushalten knnte? Und was wre, wenn trotz aller Bemhungen der junge Mann gelhmt bleiben wrde? SIE glaubte an ein Wunder und betete dafr jeden Tag von ganzem Herzen, wie aber stand es mit Tibor? War er auch so von dem glcklichen Ausgang ihrer Reise berzeugt, wie sie? Und sollte er geheilt werden – wie she dann ihre Beziehung zueinander aus? Dann wrde er keine Pflegerin und Gesellschafterin mehr bentigen! Wrde er sich sofort von ihr trennen oder ihr die Zeit lassen, bis sie wieder eine Arbeit gefunden haben wrde? Oder blieb ihr wieder nur der Weg zurck ins Kloster? Kata zitterte vor Angst, aber diese Angst hatte weniger mit ihrer jetzigen Reise zu tun, als mit ihrer eigenen, ungewissen Zukunft. Tibor zog sie sanft zu sich heran:

"Kata, du mut wissen, da ich um deinetwegen alle Strapazen gut berstehen werde." machte er ihr Mut. Das Aufleuchten ihrer dunklen Augen belohnte ihn fr diese Worte und zeigte ihm, da er ihr nicht ganz gleichgltig sei. Kaum wagte er sich selbst zu gestehen, da dieses einfache, herzensgute junge Mdchen schon seit geraumer Zeit seine Gedanken und sein Herz erfllte. War er zuerst nur dankbar gewesen, da sie ihn aus seiner Lethargie und seinem Selbstmitleid gerissen hatte, so hatte sich diese Dankbarkeit langsam und unbemerkt zu einem ganz anderen Gefhl gewandelt: sie war zu einem kleinen Spro der Liebe geworden, ein zartes Pflnzchen, welches mit der Zeit in ihm herangewachsen war und sich jetzt, hier in der unwirtlichen Wste zu einem alles verzehrenden Verlangen gesteigert hatte. Wie gerne htte er sie nun in die Arme genommen, sie mit Kssen berschttet, ihr seine Liebe gestanden – aber war er nicht nur ein armer Krppel, welchen sie vielleicht bemitleiden, aber nicht lieben konnte!? Auerdem hatte er Angst, da sie vielleicht nach all dem, was sie hatte durchmachen mssen, keinem Mann mehr vertrauen konnte und sie ihn nach seinem Gestndnis vielleicht nur hassen wrde. So strich er ihr nur zrtlich ber ihr vom langen Ritt zerzaustes Haar.

"Kata, ich will dir schon jetzt fr alles danken, was du fr mich getan hast! Selbst wenn es fr mich keine Heilung gibt, werde ich nie mehr der Alte sein. Du hast mich vom Selbstmitleid geheilt und meine selbstzerstrerischen Gedanken schweigen lassen. Du hast mir gezeigt, da die Welt trotz allem Unheil noch schn sein kann und da man sich nie aufgeben darf! Diese Reise hierher hat mich mehr beeindruckt, als es je eine meiner vielen Reisen getan hat – dank dir!"

Das junge Mdchen errtete scheu bei seinen Worten und schlug die Augen nieder. So viel Dankbarkeit hatte sie gar nicht verdient, sie hatte doch nur ihre Pflicht getan. Zuerst die, welche ihr die Nonnen auferlegt hatten, schlielich diejenige, welche ihr ihr Herz diktiert hatte.

"Ich danke euch fr eure Worte, Tibor, aber ihr mt euch mir nicht verpflichtet fhlen." hauchte sie verschmt. Bevor er noch etwas sagen konnte, trat der Fhrer in ihr Zelt und brachte auf einer groen, kupfernen Platte Reis und Drrfleisch, dazu Datteln, Wachteleier und frisches Wasser.

"Hier Abendessen. Schnell essen, schnell schlafen, morgen frh losreiten!" mhte er sich, verstndlich zu sprechen. "Gut Schlafen!" rief er noch, dann war er auch schon wieder aus dem Zelt verschwunden, um sich seinem eigenen, kargen Mahl zu widmen. Nachdem er einige Datteln gegessen und ein paar Schluck Wasser dazu getrunken hatte, wickelte er sich fest in seinen Burnuss, legte sich dicht neben das Kamel und zog ein dichtes Fell ber sich zur Schutz vor der in der Nacht doch sehr empfindlichen Klte. Nachdem Kata und Tibor ihr Abendbrot verzehrt hatten, half Kata dem jungen Mann sich gemtlich auf den Fellen auszustrecken und legte ihm dann einigen Decken zum Schutz gegen die Klte ber.

"Und wo wirst du schlafen?" fragte sie der Maler, als er sah, da sie sich suchend im Zelt umschaute, aber keinen weiteren Lagerplatz fand. "Komm her auf mein Lager, da ist ausreichend Platz fr uns beide." lud er sie mit einer Handbewegung ein. Kata zauderte, alles in ihr bumte sich dagegen auf, so nahe bei einem Mann zu liegen, doch schlielich lie sie sich von den Bitten Tibors berzeugen.

"Wir haben morgen einen langen und anstrengenden Tag vor uns." meinte der junge Mann. "Du mu ausgeruht und frisch sein, das bist du aber nur, wenn du gut schlafen kannst."

"In Ordnung, ihr habt ja recht!" seufzte Kata und legte sich in ihren Kleidern so weit wie mglich entfernt von Tibor nieder und zog eine der Decken ber sich. Die Kissen und Felle waren weich und warm und so fiel sie schnell in einen erholsamen Schlaf, whrend der Maler, welcher sich ihrer Nhe nur zu bewut war, keine Ruhe fand. Liebevoll schaute er auf das schmale, von einem Kranz roter Haare wie mit einem Heiligenschein umrandete Gesicht des schlafenden Mdchens und wnschte sich, sie jetzt in diesem Moment zu der Seinen machen zu knnen. Zwar hatte sie sich so weit entfernt wie mglich von dem jungen Mann hingelegt, doch im Schlaf hatte sie sich gedreht und lag nun in der Reichweite seiner Arme. Langsam, ganz langsam schaffte er es unter Aufwendung aller ihm zu Gebote stehenden Kraft, sich zu ihr zu schieben. Endlich hatte er sich mit einem Seufzer der Anstrengung und des Glcks eng an den warmen Krper der Schlafenden gepret. Zrtlich streichelte er ihr ber die Haare, seine Finger strichen ihr ber die feinen Zge ihres Gesichtes und es gelang ihm sogar mit einer ungeheuren Anstrengung, einen Ku auf ihre zarten Lippen zu hauchen. Dann aber mute er seinem Kraftaufwand Tribut zollen und er fiel in einen unruhigen, von wirren Trumen bestimmten Schlaf.

Am nchsten Morgen erwachte er als erster. Kata lag eng an ihn gepret in seinen Armen und ein seliges Lcheln spielte auf ihren Lippen. Langsam, um sie nicht aufzuwecken, zog er seine Arme zurck und es gelang ihm, wieder einen greren Abstand zwischen sich und dem jungen Mdchen herzustellen, bevor ihre Augenlider zu flattern begannen und sie aufwachte.

SANDSTURM

Der Sandsturm wurde immer krftiger und so schrie ihnen Ali endlich durch das Toben der Elemente zu, da sie sich lagern mten, wollten sie auch nur eine noch so geringe Chance haben, das Unwetter zu berleben. Schnell war das Zelt errichtet, dann hie Ali das Kamel sich an der dem Sturm zugewandten Seite des Zeltes niederlegen, um noch einen weiteren Schutzschirm zu errichten. Er hob Tibor aus der Snfte und brachte ihn in das Innere des Zeltes, wo Kata schon auf ihn wartete. Der Fhrer legte den jungen Mann auf das Lager und deckte ihn mit einem der Felle zu. Danach ging er wieder hinaus zu den Tieren, um sich im Schutze des Kamels niederzukauern und auf den Hhepunkt des Unwetters zu warten. Das Pfeifen des Sturmes wurde immer schriller und Abermillionen feiner Sandkrner prasselten wie kleine Geschosse gegen die dnne Haut des Zeltes. Schon drangen sie ein und verstopften den jungen Menschen Augen, Nase und Mund! Kata war neben dem Maler niedergekniet und versuchte sein Gesicht mit einem Taschentuch vor allzuviel Sand zu schtzen. Es wurde immer dunkler, trotz der Mittagsstunde schien pltzlich die Nacht hereinzubrechen! Doch war dieses strmische Wetter bisher nur der Vorbote fr einen wahren Orkan gewesen! Nach kurzer Zeit wurde es selbst im Zelt unertrglich und Tibor, der schon einmal einen solchen Sandsturm mitgemacht hatte, fhlte, da es nun um ihr Leben ging.

"Kata," bat er das junge Mdchen, whrend der Sand auf seinen Zhnen knirschte, "bitte drehe mich auf die dem Sturm abgewandte Seite und lege mir so viel Kissen, wie du hast in den Rcken, um mich zu sttzen!" Sie nickte nur und begann, den schweren Mann vorsichtig zu bewegen, bis er die richtige Lage innehatte.

"Ist es so recht?" flsterte sie mit vor Angst bebender Stimme.

"Ja, so ist es richtig, mein Kind. Doch komm bitte her zu mir und lege dich dicht neben mich, so kann ich dich auch ein wenig schtzen." meinte Tibor sanft, um sie nicht mit seiner Bitte zu erschrecken. Doch hatte sie begriffen, da er nur zu ihrem Besten diesen Vorschlag machte und so ging sie ohne Zgern zu ihm und legte sich mit dem Gesicht zu ihm gewendet an seiner Seite nieder. Der Sturm zerrte an den Halteseilen des Zeltes und der sich langsam an seiner Seite aufhufende Sand drohte es unter seiner Last zusammenbrechen zu lassen. Tibor fhlte, da der Ausgang ihres Unternehmens immer zweifelhafter wurde und wie einem inneren Zwang gehorchend legte er seinen Arm um den Krper des jungen Mdchens. Kata war zwar erstaunt, aber nicht erschrocken, dachte sie doch nur daran, da er sie noch mehr gegen das Unwetter abschirmen wolle.

"Kata!" flsterte der junge Mann ihr dann pltzlich mit heiserer Stimme ins Ohr. "Kata, ich glaube, da der Tod uns sehr nahe ist. Deshalb mu ich dir etwas gestehen: Du bist viel mehr, als nur eine Pflegerin oder Gesellschafterin fr mich – ich liebe dich von ganzem Herzen!" brach es aus ihm hervor, bevor er fast schluchzend innehielt.

"Vielleicht ist ja jetzt alles schon zu spt, aber du solltest es wissen, bevor wir vielleicht aus diesem Leben scheiden......"

Kata schaute ihn mit vor Erstaunen weit aufgerissenen Augen an: War es Wirklichkeit? Erwiderte er ihre Liebe? Nie htte sie sich trumen lassen, da sie einem Mann noch einmal solche Gefhle wrde entgegenbringen knnen – und doch: bei seinen Worten wute sie, da auch ihre Zuneigung zu ihm wahre Liebe geworden war!

"Liebster!" hauchte sie. "Deine Worte machen mich zum glcklichsten Menschen dieser Erde!"

"So liebst du mich auch ein wenig?" flsterte der Maler erstaunt, denn nie hatte sie ihm auch nur mit der kleinsten Geste zu verstehen gegeben, da er ihr mehr bedeute, als ein normaler Patient.

"Ich liebe dich ber alles in der Welt und wenn wir hier und heute sterben mssen, dann werden wir es als Liebende tun!" seufzte das junge Mdchen traurig und glcklich zugleich. Da nahm sie Tibor noch fester in seine Arme und ihre Lippen fanden sich zu einem langen, leidenschaftlichen Ku.

"Das ist der Himmel!" rief Kata und auch Tibor strahlte vor Glck. Mochte kommen, was da wollte, sie waren in Liebe vereint und wrden nun gemeinsam mit einem Herzen und einer Seele allem Unheil trotzen. Alle Zweifel waren ausgerumt. Sie liebte ihn, den Behinderten, den halben Menschen – das war mehr, als er je zu erlangen gehofft hatte! Und auch Kata war berglcklich, da er ihr seine Liebe gestanden hatte. Dabei hatten sie in ihrem unverhofften Glck fast ganz das Unwetter vergessen! Langsam neigten sich die Zeltstangen knirschend unter der Last des Sandes und Tibor schrie in hchster Not auf:

"Kata! Die Decken ber uns, schnell! Der Tod ist nah!"

Das junge Mdchen zog eilig zwei Decken ber ihre Krper und Kpfe und formte zwei kleine Mulden vor ihnen im Sand, wie Tibor sie anwies es zu tun. Zwar war die Chance, das Unheil zu berleben trotzdem kaum grer als Null, aber es mute versucht werden. Eng aneinander geschmiegt lagen die beiden Liebenden unter den schtzenden Decken und beteten fr ihre Zukunft, als das Zelt unter dem Gewicht des Sandes zusammenbrach!

In der darauffolgenden Totenstille bewegte sich pltzlich ein wenig der Sandberg, welcher sich ber dem Zelt angehuft hatte. In kleinen Rinnsalen flo der Sand zur Erde. Das Unwetter war abgezogen und die Sonne schien wieder ber der weiten Wste. Die Decken hatten das Schlimmste verhtet und als nun Tibor versuchte, sich mit aller Kraft seiner Arme und Hnde zu befreien und einen Weg an die frische Luft zu bahnen, schien es ihm pltzlich so, als htte auch eines seiner Beine eine leichte Bewegung gemacht. Erstaunt hielt er in seinem Tun inne und konzentrierte sich nun mit voller Macht darauf herauszufinden, ob er sich nur etwas eingebildet habe.

"Sicher hat sich der Sand, welchen meine Hnde beiseite geschoben haben, bewegt und mich so an eine Bewegung meiner Beine glauben lassen." dachte Tibor bei sich. Vielleicht wollte er es aber einfach noch nicht glauben, da ein Wunder geschehen war und er den Gebrauch seiner Beine zurck erlangt habe. Doch als er seine Beine noch weiter von der Last des Sandes befreit hatte und versuchte, eines an seinen Krper zu ziehen, da gehorchte es der Kraft seines Willens! berrascht und von einem pltzlichen, unbeschreibbaren Glcksgefhl durchdrungen, versuchte er nun auch sein anderes Bein zu einer Bewegung zu veranlassen. Und siehe da! Wenn auch nur unter grter Kraftanstrengung, doch konnte er auch dieses Bein einige Zentimeter anheben.

"Meine Beine! Ich kann meine Beine wieder bewegen!" jubelte der junge Mann laut auf. Dann aber sah er Kata, die wie tot neben ihm lag und jedes Glcksgefhl verlie ihn. Wie konnte er sich ber das Wunder freuen, den Gebrauch seiner Glieder zurck erlangt zu haben, wenn seine Liebe dafr mit dem Leben hatte bezahlen mssen? War seine Gesundheit mehr wert, als sein Glck?

"Kata, meine Liebe, mein Leben! Wach auf! Komm zu dir!" Sanft schttelte er das junge Mdchen, doch zeigte sie keine Reaktion auf sein Bemhen. Da liefen dem starken Mann die Trnen ber das Gesicht:

"Wenn sie tot ist, dann will auch ich nicht mehr leben! Lieber Gott, so hilf mir doch!" Mit diesem Aufschrei, der aus der Tiefe seines Herzens kam, beugte er sich ber die leblose Gestalt und begann sie wie wild zu kssen. Nach einer schier unendlich scheinenden Zeit bewegte das junge Mdchen dann ein wenig die Lippen.

"Durst!" flsterte sie kraftlos, bevor sie das Bewutsein wieder verlor.

"Sie lebt! Ich danke dir, mein Gott!" rief Tibor aus und versuchte nun, sich von den Sandmassen, die sie gefangen hielten, zu befreien. Zuerst rumte er mit den Hnden den Sand weg, der ihn noch immer in seiner Bewegungsfreiheit behinderte, dann versuchte er, sich auf seine Knie zu erheben. Nachdem er so lange des Gebrauches seiner Beine beraubt gewesen war, waren diese natrlich fast vollstndig kraftlos, doch gelang es ihm mit einer ungeheuren Willens- und Kraftanstrengung, sich auf seine Knie zu sttzen. Endlich konnte er auch Kata befreien! Mit seinem Messer durchschnitt er die Zeltwand, dann schaufelte er mit beiden Hnden den Sand so weit zur Seite, da er seine teure Last herausziehen konnte. Das ging natrlich sehr langsam und fr den jungen Mann mit groer Pein verbunden voran, doch endlich lag sie im gleienden Sonnenlicht und er kroch auf der Suche nach einer Wasserflasche in Richtung auf das Kamel zu, welches fast ganz vom Wstensand bedeckt auf der anderen Seite des Zeltes lag. Endlich erreichte der junge Mann das Tier und fand auch die Wasserflasche, welche zum Glck den Orkan heil berstanden hatte. Mit unendlichen Mhen verbunden schob er sich wieder zurck und flte dem geliebten Mdchen Schluck um Schluck des khlen Nasses ein. Nach ein paar Minuten schlug sie die Augen auf und ein Lcheln verklrte ihr schnes Gesicht:

"Liebster! Wir leben!" hauchte sie noch immer von den Strapazen entkrftet. Doch schon breitete sich neuer Lebensmut aus. Pltzlich wurde ihr bewut, da Tibor sie aus dem Zelt befreit haben mute – aber wie war das dem gelhmten jungen Mann gelungen? Erstaunt schaute sie auf den Maler und ein freudiger Schreck durchzuckte sie, als sie sah, da er in fast normaler Haltung vor ihr kniete.

"Du – du kannst wieder gehen?!"

"Ja, mein Leben, meine Liebste, ja!" jauchzte der junge Mann auf. "Als ich aus meiner Ohnmacht erwachte und versuchte, uns aus den Sandmassen zu befreien, wurde ich gewahr, da ich meine Beine wieder bewegen konnte!"

"Dann ist das Wunder also geschehen!" hauchte Kata.

"Das habe ich dir zu verdanken, nur dir allein!"

Tibor ri sie in seine Arme und sie kten sich im heien Sand der Wste, als ob sie nie wieder aufhren wollten. Doch dann muten sie endlich auch an praktische Dinge denken.

"Wo ist Ali?" fragte pltzlich Kata, die ihren Fhrer vermite.

"Mein Gott ja, in der Sorge um dich habe ich gar nicht mehr an ihn gedacht!" rief Tibor erschrocken aus. "Er mu sich wie immer neben das Kamel gelegt haben......." Das Kamel aber war bis zum Hals im Sand verschwunden. Mit Katas Hilfe gelang es dem Maler, sich wieder zu dem Tier zu begeben und mit bloen Hnden nach ihrem Fhrer zu graben. Da dabei auch das Kamel vom Sand befreit wurde, sprang es nach kurzer Zeit von selbst auf – und die beiden jungen Menschen sahen ihren Fhrer leblos im Sand liegen.

"Vielleicht knnen wir ihm noch helfen!" rief Kata und Tibor untersuchte den Krper des Beduinen, schttelte jedoch nach kurzer Zeit den Kopf.

"Es tut mir leid, Liebste, aber er mu schon vor lngerer Zeit im Sand erstickt sein. Hier knnen wir nichts mehr tun. Bedecken wir ihn mit Sand und zeichnen wir die Stelle, wo er sein Leben gelassen hat. Das ist unsere Pflicht." meinte er traurig. Doch Kata durchzuckte ein ganz anderer Gedanke:

"Aber wie gelangen wir ohne Fhrer wieder nach Hause?" fragte sie entsetzt. Doch Tibor beruhigte sie, whrend er dem Mann ein Grab bereitete.

"Ich bin schon einmal hier gewesen, auerdem haben wir ja Karten und einen Kompa unter unseren Reiseutensilien. Damit bringe ich uns sicher aus der Wste zurck." Dabei hatte er im Geheimen doch so seine Zweifel, denn noch waren seine Beine nicht krftig genug, ihn zu tragen und auch das Reiten wrde ihn sicherlich zu sehr anstrengen. Die Snfte war vom Sturm zertrmmert worden, die Pferde hatten Reiaus genommen und sich vor dem Unwetter in Sicherheit gebracht, so blieb ihnen als alleiniges Reit- und Lasttier nur das Kamel, welches mit gefesselten Vorderfen noch immer in ihrer Nhe stand.

Kata war feinfhlig genug, die Zweifel des geliebten Mannes zu spren, glaubte nach dem Geschehenen aber nur noch fester daran, da alles gut werden wrde. So machte dann auch sie den ersten Vorschlag:

"Ich werde auf Kamel vorne sitzen, du setzt dich hinter mich und gibst die Richtung an, Liebster! Das ist sicherer fr dich und du strengst dich nicht so an. Beim Aufsitzen allerdings wirst du dich von mir festbinden lassen mssen, damit du nicht herabgeschleudert wirst!"

"Fr dich werde ich alles tun, was du verlangst, mein Schatz!" willigte Tibor ein und so holte sie das Kamel herbei, Tibor rief ihm auf arabisch zu, da es sich hinlegen solle und Kata half ihm auf den Rcken des Tieres. Dann sicherte sie den Geliebten mit Stricken, die sie in den Packtaschen gefunden hatte, entfesselte das Tier und nahm nun selbst auf dem Kamel Platz. Tibor befahl ihm, sich zu erheben, dann ging es in Richtung auf die Heimat zu.

Spt am nchsten Abend erreichten sie vollstndig entkrftet die Stadt und suchten sofort den Botschafter auf.

Dort war man hchst erstaunt, da die beiden den Sandsturm unbeschadet berstanden hatten und man wunderte sich noch mehr, als Tibor erklrte, er knne seine Beine wieder bewegen. Kata wurde ein gemtliches Zimmer in der Botschaft zugewiesen, wo sie sich ausgiebig waschen und frische Kleider anlegen konnte, Tibor aber wurde vom Botschafter persnlich in das Krankenhaus fr auslndische Diplomaten gebracht, wo man ihn einer ausfhrlichen Untersuchung unterzog. An deren Ende meinte der Arzt:

"Zwar habe ich so einen Fall noch nie vor mir gehabt, doch kann ich euch versichern, da ihr in einiger Zeit wieder ganz gesund sein werdet. Am besten wre jetzt viel Ruhe und Erholung, dazu krftigende Bewegungsbungen, um die Beinmuskulatur wieder herzustellen. Anfangs solltet ihr noch den grten Teil des Tages im Rollstuhl verbringen, spter knnt ihr dann Krcken benutzen, bis ihr eure ganze Kraft wiedererlangt habt. Aber keine bertreibung bitte, junger Mann! Das htte nur schdliche Wirkung auf eure Wiederherstellung!" damit war Tibor entlassen.

Der Botschafter brachte den Maler zurck ins Botschaftsgebude, wo man ihm auch schon einen Rollstuhl bereit gestellt hatte. Auch er erhielt eines der Gstezimmer im Erdgescho, gleich neben dem des jungen Mdchens, damit sie ihm jederzeit zur Verfgung stehen konnte. Als sich die Tr endlich hinter dem freundlichen Botschafter schlo, huschte Kata herein und warf sich Tibor in die Arme.

"Liebster, was hat der Arzt gesagt?"

Tibor kte sie sanft und zog sie zu sich auf seinen Scho.

"Alles wird gut werden, mein Herz! Ich mu mich noch sehr schonen und langsam meine Muskelkraft wiedergewinnen – aber am Ende werde ich wieder ein vollstndiger Mensch sein!"

"Mein Gott, wie danke ich Dir!" flsterte Kata von ganzem Herzen, dann schmiegte sie sich zrtlich an den geliebten Mann.

"Was werden wir nun tun?" fragte sie nach einer geraumen Zeit. Auf diese Frage war Tibor schon vorbereitet, hatte er doch auf dem ganzen, langen Ritt darber nachgedacht.

"Zuerst einmal fahren wir wieder nach Hause. Dort werden wir uns eine kleine Wohnung suchen, du wirst mir mit deiner Liebe und deiner Pflege helfen, so schnell wie mglich wieder zu Krften zu kommen – und dann, wenn ich wieder als gesunder Mann vor dem Altar stehen kann, wird geheiratet!" rief er frhlich aus und kte seine Braut zrtlich.

Tibor sa im Garten des kleinen Huschens, hatte seine Staffelei vor sich stehen und mischte gerade die Farben fr sein neuestes Werk, als Kata hinzukam. Sie hauchte einen zarten Ku auf seine Lippen.

"Was fr ein Motiv hast du heute ausgewhlt?" fragte sie den geliebten Mann. Tibor schaute ihr tief in die Augen, bevor er vorsichtig antwortete:

"Ich wollte eigentlich die Szene im Sandsturm malen, als ich glaubte, du seist gestorben. Aber," setzte er schnell hinzu, "wenn es dir nicht recht ist, dann male ich selbstverstndlich etwas anderes!" Doch Kata nickte nur.

"Nein, bitte male nur, was du im Herzen hast. Dieses Ereignis hat uns zusammengefhrt, du hast ein Recht dazu, es zu verewigen. Und was du auch tust, es wird fr mich immer das Richtige sein." fgte sie berzeugt hinzu.

"Danke dir, mein Herz!" lchelte Tibor und wendete sich wieder seiner Palette zu. Kata wute, da er jetzt fr Stunden in seine Arbeit versunken sein wrde, aber auch das war seinem Heilungsproze nur frderlich. Zumindest sa er dann fr eine Zeit lang ruhig auf seinem Stuhl und versuchte nicht, zuviel auf einmal von seinem Krper zu verlangen. Selbst nach den Wochen, die er nun schon mit bungen verbrach hatte, um seine Muskeln zu strken, waren seine Beine immer noch sehr schwach und trugen seinen groen und krftigen Krper immer nur fr wenige Augenblicke. Tibor war darber sehr ungehalten, wnschte er sich doch, seine Kata so schnell wie mglich heiraten zu knnen. So beranstrengte er sich oft, wenn sie ausgegangen war, um auf dem Markt einzukaufen – denn in ihrem Beisein wagte er es nicht, sich zu viel zuzumuten. Wenn sie dann bepackt mit frischem Gemse und anderen Dingen nach Hause kam, fand sie ihn hufig vllig entkrftet auf dem Boden oder im Garten liegend vor, er hatte sich dann noch nicht einmal bis zu einem Stuhl oder seinem Bett schleppen knnen. Zwar machte sie ihm keine Vorwrfe, wute sie doch, da er das alles nur um ihretwillen tat, doch schaute sie ihn mit so traurigen Augen an, da er sich vornahm, ihr das nchste Mal keinen solchen Kummer zu bereiten. Wenn sie aber wieder einmal wegging, probierte er es aufs Neue aus – mit oftmals dem gleichen, schlimmen Ergebnis! Es folgten dann wieder Tage im Rollstuhl, wo er zu schwach war, auch nur einen Schritt zu tun, immer wieder auf die Hilfe der treu sorgenden Kata angewiesen. So vergingen die Tage und Wochen, es war nun schon mehrere Monate her, seit sie aus gypten zurck gekommen waren. Endlich sah der junge Mann ein, da er nicht zu viel auf einmal von seiner Rekonvaleszenz erwarten durfte. Er bte nun gezielt und beranstrengte sich nur noch sehr selten, da er bei den ersten Anzeichen von Kraftlosigkeit mit den bungen aufhrte. Kata sah es mit Zufriedenheit und als Tibor eines Tages mit ihr ein kurzes Stck auf der Strae spazieren ging, war das ein wahrer Glckstag fr die beiden Liebenden. Es wurde Herbst und der junge Mann fhlte sich so krftig, da er nun endlich an eine Heirat mit Kata denken konnte. Sie beschlossen, da die Trauung Mitte Oktober in einer kleinen Kapelle auerhalb der Stadt stattfinden sollte, als Zeugen sollten zwei Malerkollegen dienen, da ja weder Kata noch Tibor Familie besaen.

 
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