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DIANAS TRAUM 3

"Knnen meine Wnsche das bewirkt haben?" fragte sich Diana, doch blieb ihr zum weiteren Staunen keine Zeit, denn ein in farbenprchtige Gewnder gekleideter Herold ffnete ihnen das Tor.

"Tretet ein, Herrin, der Herr erwartet euch schon!" erklrte er der verwunderten Frau. Wie betubt folgte sie ihm durch einen sorgfltig angelegten Park, in welchem sich Blumenbeete mit weiten Rasenflchen abwechselten, Wasserspiele Khle brachten und Marmorstatuen an den Wegrndern auf sie herniederblickten, bis zu einer riesigen Freitreppe aus schneeweiem Marmor. Nur aus den Augenwinkeln gewahrte sie, da sich der Park hinter dem gewaltigen Gebude noch endlos fortzusetzen schien, aufgelockert mit statuengeschmckten Fontnen und kleinen Marmortempeln. Ihr ganzes Augenmerk galt jedoch dem Mann, der sie unter dem mchtigen Vordach auf der obersten Treppenstufe erwartete. Der Herold begleitete sie bis dorthin, nahm ihr den Falken von der Faust, verneigte sich dann fast bis zum Boden und zog sich mit den Worten:

"Hier ist sie, Euer Hoheit!" zurck.

"Seid willkommen in meinem Heim!" sprach der Mann mit einer tiefen, wohlklingenden Stimme zu der verwunderten Diana und ergriff ihre nicht gerade sehr saubere rechte Hand, um sie an seine Lippen zu fhren. Seine Geste und noch mehr sein Aussehen verschlugen Diana die Sprache. Der Mann war noch jung und von hoher, edler Gestalt. Sein mnnliches Gesicht umrahmte eine Flle dunkler Locken und ein gepflegter Bart zierte seine Oberlippe. Unter dichten Brauen schauten groe, ausdrucksvolle, dunkle Augen warmherzig in die Welt und eine edel geformte Nase verlieh dem Gesicht einen harmonischen Gesamteindruck. Wo hatte Diana diesen Mann schon einmal gesehen? Woher kannte er sie und warum begrte er sie mit der unverhohlenen Freude einer lange erwarteten Besucherin? Pltzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Das war der Mann ihrer Trume! Der Mann, den sie in ihren Nchten sah, nach dem sie sich schon immer gesehnt hatte, der ihr aber nie hatte begegnen wollen! Und jetzt stand sie vor ihm, schmutzig und in zerrissenen Kleidern! Und er schien hoher Herr, wenn nicht ein Prinz zu sein! Zuerst wollte so etwas wie Scham die junge Frau befallen, doch war die Begrung durch den jungen Man so herzlich, da sie ihren Aufzug verga und sich ganz dem Glcksgefhl hingab, welches sie erfllte, seit sie erkannt hatte, wer ihr Gastgeber war. Da sie schon in ihren Trumen mit ihm gesprochen hatte, fiel es ihr leicht, sich seiner Sprache anzupassen.

"Seid gegrt Euer Hoheit!" lchelte ihn Diana sanft an und versank in einem tiefen Hofknicks, wie sie ihn vielleicht in einem alten Kostmfilm gesehen hatte. Doch der junge Mann zog sie sofort wieder hoch.

"Nicht doch!" protestierte er. "Ihr seid mir gleichgestellt. Doch kommt, tretet ein." Damit ergriff er zart die Hand der jungen Frau und zog sie in die riesige Empfangshalle. Dort war alles aus Marmor und edlem Holz. Erstaunt schaute sich Diana um. berall standen Diener in goldbetreter Livree und tausende von Kerzen warfen ihr warmes Licht in den Raum und lieen Schatten an den mit Meisterwerken der Webkunst behangenen Wnden tanzen. Der junge Mann fhrte sie wortlos durch die Halle zu einer riesigen Tr aus geschnitztem Eichenholz. Auf seinen Wink hin ffneten zwei Diener die hohen Flgel der Tr und gaben den Blick frei auf einen wunderschn eingerichteten Salon.

"Kommt, setzt Euch, Diana, ich glaube, ich bin euch eine Erklrung schuldig." meinte der junge Mann und leitete die junge Frau zu einem herrlichen Sessel auf dessen Brokatbezug Jagdszenen eingewebt waren. Diana wunderte sich immer mehr: woher kannte der Mann ihren Namen - und warum begrte er sie wie einen langersehnten Gast? Aber sie nahm Platz und der junge Mann setzte sich in einen Sessel neben sie. Auf einen leisen Wink von ihm brachte ein Diener eine Karaffe mit einem golden glnzenden Wein und schenkte in zwei fein ziselierte Kristallglser etwas von dem kniglichen Getrnk ein. Dann zog er sich diskret zurck und verschlo die groe Tr lautlos hinter sich. Der junge Mann reichte Diana eines der Glser, nahm sich selbst das zweite und hob es zu einem Toast.

"Diana, ich trinke auf unsere noch so junge und doch schon so lange andauernde Bekanntschaft und hoffe, da es Euch bei mir gefllt." Diana lchelte ihn freundlich an.

"Ich bin tief geehrt, da Euer Hoheit mich bei sich empfangen, auch wenn mir einige Dinge noch unverstndlich sind."

"Das ist mir klar und darum werde ich Euch Aufklrung geben. Doch bitte, nennt mich nicht immer >Euer Hoheit<."

"Leider kenne ich Euren Namen nicht." warf Diana zaghaft ein. "Niemand hat ihn mir je genannt." Da schttelte der junge Mann den Kopf.

"Oh, doch, Ihr kennt meinen Namen aus Euren Trumen. Erinnert Ihr Euch denn nicht mehr an den Prinzen Eurer einsamen Nchte?"

"Inzwischen habe ich Euch schon erkannt, doch Euer Name ist mir entfallen," schlug Diana scheu die Augen nieder und versuchte sich an den Namen ihres Traummannes zu erinnern. Pltzlich leuchteten ihre Zge auf.

"Ich hab's!" rief sie froh aus. "Ihr seid Prinz Philippe! Einer der wenigen Edelmnner vergangener Zeiten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Edle der Jagd zu unterstreichen und gleichzeitig Respekt vor der Kreation haben!" Der Prinz nickte lchelnd und trank seinem Gast zu.

"Ich bin froh, da Ihr Euch an meinen Namen erinnert habt, denn ich htte ihn Euch nicht selbst nennen drfen. So jedoch erlaube ich Euch, mich einfach Philippe zu nennen. Und jetzt hrt, was ich Euch zu erzhlen habe." Er setzte das Glas wieder auf den kleinen Tisch vor ihm ab und schaute Diana zrtlich an.

"Ich bin glcklich, da Ihr den Weg zu mir gefunden habt, denn nur die Macht Eurer Wnsche und Trume konnte Euch hierher fhren. So wei ich, da Ihr die gleichen Wnsche, Trume und Ziele habt, wie ich. Wir leben in einem Land auer Raum und Zeit, mit unseren eigenen Gesetzen und doch nicht so frei, wie es vielleicht den Anschein haben mag."

"Aber wie bin ich denn hierher gekommen?" wollte Diana wissen.

"Das ist nicht so einfach zu erklren." meinte Prinz Philippe. "Dazu ist ein Zusammenspiel vieler verschiedener Fakten ntig. Aber im Endeffekt hat Euch Euer braver Falke mit Hilfe der beiden Adler in mein Reich gebracht, jedoch war dazu auch die Hilfe Eurer Wnsche und Trume ntig." Diana schttelte fassungslos den Kopf. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie so etwas geschehen konnte. Was war Realitt, was Traum oder gar Wahnvorstellung? War sie noch am Leben, lag sie in Fiebertrumen oder war sie gar gestorben? Sie konnte sich an nichts mehr erinnern, was vor ihrer Ankunft in dieses wundersame Land geschehen war. Scheinbar muten sich ihre Gedanken auf ihrem Gesicht widerspiegeln, denn der junge Prinz nahm ihre schmalen Hnde in die seinen und hauchte einen zarten Ku darauf.

"Ihr drft nicht darber grbeln, Diana! Hier und jetzt ist die Wirklichkeit! Alles andere zhlt nicht! Lebt und seid glcklich! Ich will alles tun, was in meiner Macht steht, um Euch Euren Aufenthalt hier so angenehm wie mglich zu gestalten." Und als htten seine Worte alle Zweifel bei Diana zerstreut, fhlte sie pltzlich, wie sie ein unbeschreiblich schnes Gefhl berkam - hatte sie sich nicht immer schon danach gesehnt, dem Mann ihrer Trume zu begegnen?

"Philippe, ich danke Euch herzlich fr Eure Gte und verspreche Euch, keine weiteren Fragen mehr zu stellen. Ihr habt recht, ich werde das Jetzt und Heute genieen und bin froh, da Ihr mir Eure Gesellschaft anbietet."

"Dann kommt mit, ich werde Euch Eure Gemcher zeigen und die Zofe, welche ich zu Euren Diensten abgestellt habe." Diana konnte es noch immer nicht ganz fassen: Das war wirklich ein kniglicher Haushalt, in einem prchtigen Schlo inmitten einer zauberhaften Landschaft - aber mitten im siebzehnten Jahrhundert! Doch hatte sie versprochen, sich mit dem Schein abzufinden und so folgte sie dem Prinzen wortlos, als er sich nun erhob und ihr seinen Arm bot. Er geleitete sie durch prchtige Korridore, deren Bden mit herrlich weiem Marmor ausgelegt waren und an deren Wnden hunderte Meisterwerke hingen, deren grter Teil Szenen aus der Beizjagd oder Parforcejagd darstellte, viele aber auch Ahnenportrts waren. Der Prinz hielt schlielich vor einer hohen Eichentr inne, die mit zierlichen Schnitzereien geschmckt war und stie sie auf.

"Oh, wie herrlich!" entfuhr es der jungen Frau, als sie einen Blick in ihr Zimmer werfen konnte.

"Ich freue mich, da es Euch gefllt." meinte Prinz Philipp. "Es war das Zimmer meiner Mutter und wurde seit Ihrem Fortgang nicht mehr verndert." Diana fragte sich, was er wohl mit meinte. War seine Mutter verstorben - starb man in dieser Welt berhaupt? - oder war sie nur an einen anderen Ort gezogen? Statt dessen blickte sie nur auf den jungen Mann an ihrer Seite und meinte:

"Ich fhle mich geehrt und danke Euch sehr, da Ihr mir das Zimmer Eurer Mutter zur Verfgung stellen wollt. Ich werde mich sehr wohl darin fhlen." Und wirklich: das Zimmer entsprach ganz ihren Vorstellungen. Die hohen Wnde waren mit hellen Seidentapeten bespannt, deren dezente Blumenmuster dem Zimmer einen freundlichen Ton verliehen. Die hlzerne Decke war vom Alter gedunkelt und wohl auch vom Rauch des hohen Kamins, der einen groen Teil der einen Lngswand einnahm, daneben gab es nur einen fein gearbeiteten Sekretr und einen Betstuhl. An der anderen befanden sich ein wunderschnes Himmelbett mit einem Baldachin aus feinster Seide und eine kleine Kommode. In der Mitte des Raumes standen ein kleiner Tisch mit zwei Sthlen und ein Sessel. Der Ausblick aus den beiden hohen Fenstern, die sich in der Schmalseite des Raumes befanden, war atemberaubend. Der junge Prinz stie einen der Flgel auf und lie die laue Luft in den Raum fluten.

"Von hier aus knnt Ihr ber den Park hinweg bis in die Unendlichkeit schauen." sagte er zu Diana, die staunend neben ihm stand und ihren Blick in die Ferne schweifen lie.

"Morgen frh reiten wir zusammen aus, dann zeige ich Euch mein Reich aus der Nhe und spter knnen wir dann jagen, wenn es Euch Spa macht."

"Selbstverstndlich macht es mir Spa!" betonte Diana. "Ich bin gespannt auf Euren Marstall und auch auf das Wild in Euren Wldern. - Aber...."

"Was heit - Aber?" fragte der Prinz erstaunt. "Gibt es etwas, was Euch hindert, meine Einladungen anzunehmen?" Die junge Frau schlug die Augen nieder.

"Meine Kleidung!" stie sie schlielich fast unhrbar heraus. "Ich besitze doch nur diese zerrissenen Kleidungsstcke." Da nahm sie Philipp in seine Arme und hauchte einen zarten Ku auf ihre seidigen Haare.

"Aber das ist doch kein Grund, Trbsal zu blasen, Diana! Schaut her, in dieser Truhe findet Ihr alles, was Ihr bentigt - und sollte dennoch etwas fehlen, so braucht Ihr es nur Eurer Zofe zu sagen, sie wird Euch dann den Rest besorgen!" Damit nahm er eine kleine Glocke vom Tisch und schttelte sie heftig. Auf den silberhellen Klang kam fast sofort eine ltere Frau in Dienstbotenkleidung durch eine kleine Seitentr in den Raum. Sie verbeugte sich ehrfrchtig vor dem Prinzen und schaute erstaunt auf die junge Frau in den ihr unbekannten und dazu noch zerrissenen Kleidern an seiner Seite.

"Ihr habt gelutet, Euer Hoheit?"

"Ja, Marie. Ich stelle dir hier Diana, deine neue Herrin vor. Vom heutigen Tage an wirst du ihr so dienen, wie du einst meiner Mutter gedient hast. In Treue und Ehrfurcht!"

"Zu Diensten, Euer Hoheit." knickste die Frau. "Wie soll ich die junge Dame anreden?" Der Prinz wollte eben zu einer Antwort anheben, als ihm Diana mit einer schnellen Geste Einhalt gebot.

"Nenne mich Mademoiselle Diana." bat sie die Frau und diese knickste wieder.

"Zu Diensten Mademoiselle Diana!" Dann zog sie sich auf einen Wink des Prinzen hin diskret zurck.

"Aber das wre doch nicht ntig gewesen!" meinte Diana scheu zu dem Prinzen aufblickend. "Ich kann mich sehr gut alleine versorgen!" Der junge Mann schttelte den Kopf.

"In meinem Reich werdet Ihr mit den Euch zustehenden Annehmlichkeiten verwhnt werden, Diana. Ich wei, da Ihr eine sehr unabhngige und auf Selbstndigkeit bedachte junge Frau seid, doch hier ist das alles unwichtig. Ich biete Euch ein Leben in Sicherheit und Geborgenheit, dazu gehrt aber auch, da Ihr Euch von mir verwhnen lat. Wenn Ihr einen Wunsch habt, so braucht Ihr nur zu klingeln, dann kommt Eure Zofe und steht Euch mit Rat und Tat zur Seite. Doch jetzt..." er sah die junge Frau mit einem unbeschreiblichen Blick seiner dunklen Augen an, "...doch jetzt ist es Zeit, Euch zur Ruhe zu begeben. Der Tag war lang und mit vielen Aufregungen versehen, erholt Euch gut, dann werden wir morgen frh auf Besichtigung meines Besitzes reiten." Damit beugte er sich ber die Hand der jungen Frau und hauchte einen leichten Ku auf die zarte Haut.

"Gute Nacht, mein Glcksstern!"

"Gute Nacht, mein Prinz!" hauchte Diana, bevor sich die Tr leise hinter dem jungen Mann schlo. Dann fuhr sie sich mit ihrer kleinen Hand ber die Augen. Was war nur mit ihr los? Wie hatte das alles geschehen knnen? Doch eine kleine Stimme in ihr meldete sich leise zu Wort und sagte ihr, da sie nicht grbeln, sondern alles einfach hinnehmen solle. Im Grunde genommen war dies auch die einzige Mglichkeit, um sich bei klarem Verstand zu halten. Diana schlug also die Decke von ihrem Bett zurck und gewahrte darunter ein Nachthemd aus feister Seide, so leicht und duftig, wie von Feenhnden gewebt. Eine hbsche Blumenstickerei verzierte den Halsausschnitt, die Bndchen an den rmeln und den Saum des herrlichen Stckes. Sie nahm es auf den Arm und betrat das Waschkabinett, wo schon ein Zuber mit heiem Wasser und die Zofe auf sie warteten.

"Mademoiselle Diana, Euer Bad!" meinte die Frau und nahm Diana das Nachthemd ab. Als diese dann in den Zuber stieg, brachte die Frau duftendes Badel und go es in das Wasser, welchem sogleich ein besonderer Wohlgeruch entstieg. Diana begann sich zu entspannen und als die Zofe sie danach in ein groes, warmes Badetuch hllte, sprte sie, wie mde sie eigentlich war. Kaum hatte sie die flauschigen Kissen berhrt, da war sie auch schon eingeschlafen! Am nchsten Morgen betrat die Zofe leise das Zimmer der jungen Frau und zog die schweren Vorhnge von den Fenstern zurck. Helles Sonnenlicht durchflutete den Raum und ein vorwitziger Sonnenstrahl kitzelte das Gesicht der Schlferin. Diana reckte und streckte sich, bevor sie die Augen aufschlug und verwundert um sich schaute: Wo war sie? Was war das fr ein Raum und wer war die fremde Frau, die dort am Fenster stand?

"Guten Morgen, Mademoiselle Diana, habt Ihr wohl geruht?" fragte die Frau und die Erinnerung kam der jungen Frau zurck.

"Oh, Marie! Ja, vielen Dank, ich habe sehr gut geschlafen!"

"Dann kommt, ich habe schon alles vorbereitet fr Euch! Hoheit erwarten Euch in einer halben Stunde zum Frhstck!" Schnell war die junge Frau angekleidet. Als sie sich in einem Spiegel sah, erkannte sie sich fast selbst nicht wieder, so vernderten die Kleider ihr Aussehen! Sie trug einen weiten Reitrock aus flaschengrnem Samt, eine weie Bluse aus feinstem Leinen mit Rschen an Halsausschnitt und rmeln und darber eine enganliegende Jacke aus dem gleichen Material, aus welchem auch der Rock gefertigt war. Die Kleidung vervollstndigten ein grner Hut mit Schleier und weie Handschuhe. Diana wunderte sich ein wenig darber, wie gut ihr die Kleider paten und auch die Farben waren geschmackvoll zu ihren roten Haaren gewhlt. Die Zofe hatte diese gebrstet, bis die Funken stoben und dann in enge Korkenzieherlocken gelegt.

"Ich komme mir vor, wie eine echte Prinzessin!" lachte die junge Frau und die Zofe nickte zustimmend.

"Das seid Ihr doch auch!" Zuerst wollte ihr Diana antworten, da sie dies auf keinen Fall sei, doch dann berlegte sie es sich anders. Wozu die gute Frau enttuschen? Vielleicht hatte sie der Prinz ja auch als edle Dame vorgestellt? Wie dem auch sei, Diana schwieg und lie sich von einem vor der Tr wartenden Diener in das Frhstckszimmer fhren, wo Prinz Philippe schon mit einem frstlich gedeckten Tisch auf sie wartete.

"Guten Morgen, Diana, habt Ihr eine gute Nacht verbracht?" erkundigte sich der junge Mann, als er auf Diana zukam und ihr wieder sanft die Hand kte.

"Ja, ich habe sogar ganz ausgezeichnet geschlafen!" nickte die junge Frau.

"Wie schn Ihr ausschaut in diesen Kleidern!" bemerkte der Prinz, als er sie mit einem schnellen Blick von oben bis unten musterte und Diana errtete bei diesem Blick bis unter ihre roten Haare.

"Ich danke Euch fr das Kompliment. Da zeigt sich wieder die Wahrheit der Behauptung: Kleider machen Leute!" lchelte sie verschmt, doch der Prinz schttelte den Kopf.

"Ihr seid immer schn, selbst in den zerrissenen Sachen, in welchen Ihr gestern hier angekommen seid." flsterte er leise und die junge Frau schlug die Augen nieder.

"Kommt, lat und frhstcken, die Pferde warten bereits ungeduldig auf unser Erscheinen!" rief der Prinz dann frhlich und fhrte seinen Gast an die Tafel. Nach einem ausgiebigen Mahl, bei dem zwei Diener sie lautlos bedienten, geleitete der Prinz Diana ber die Freitreppe auf das Rondell, wo zwei Knechte schon mit den Pferden warteten.

"Wie herrlich!" entfuhr es Diana, als sie die beiden Hengste sah, die sichtlich aus edelster arabischer Zucht stammten. Der eine war von einem tiefen Rostrot mit wallender Mhne und Schweif in einem tiefen Goldton. Auf der Stirn trug er einen kleinen, weien Stern und auch die beiden Vorderfe waren wei. Der andere Hengst war von einem glnzenden Schwarz, ohne jegliches weies Abzeichen. Der Rappe trug einen herrlichen schwarzen Sattel mit silbernen Beschlgen und auch am Zaumzeug glnzte es silbern, die Satteldecke war aus weiem Brokat. Der Fuchshengst trug einen aus Hirschleder hell gegerbten Damensattel auf einer grnen Brokatdecke, die hervorragend zu Dianas Kleidern pate.

"Ich habe fr Euch Harun al Raschid ausgewhlt!" lchelte der Prinz und zeigte auf den Fuchshengst. "Ich hoffe, er gefllt Euch?"

"Er ist wunderbar!" rief Diana entzckt aus. "Ich hatte mir nicht trumen lassen, da Ihr so herrliche Tiere besitzt!" Der junge Mann schmunzelte ein wenig.

"Immerhin kann ich es mir leisten!" meinte er dann leise.

"Und wie heit Euer Hengst?" fragte die junge Frau neugierig.

"Sheitan - der Teufel!"

"Ich hoffe, er wird seinem Namen nicht gerecht - oder?" fragte Diana den Prinzen, doch dieser lchelte.

"Nein, nein! Er heit nur so, weil er schwarz ist, wie die Hlle, wie die ewige Finsternis. Sein Charakter aber ist genau das Gegenteil seines Namens." Damit ging er auf Diana zu und hob sie mit einer leichten Bewegung in den Damensattel, bevor er selbst auf dem Rappen Platz nahm. Die Knechte gaben die beiden Pferde frei und die Reiter lenkten ihre Tiere auf einen Weg, welcher sich durch den Park schlngelte. Seite an Seite ritten die beiden im gemtlichen Schritt einher, was Diana Gelegenheit dazu gab, sich alles genau anzusehen. Der Prinz fhrte sie so stundenlang auf seiner Domne herum und zeigte ihr die schnsten Pltze. Gegen Mittag lenkte er sein Pferd pltzlich in ein kleines Waldstck, welches sie noch nicht durchquert hatten.

"Ich habe Euch eine berraschung vorbereitet!" sagte er zu Diana, als sie in das schattige Halbdunkel einritten.

"Eine berraschung? Was ist es denn?" wollte Diana wissen, doch der Prinz schttelte den Kopf.

"Ihr mt schon noch etwas Geduld haben, Diana! Gleich haben wir die Stelle erreicht, die ich Euch zeigen mchte!" Diana folgte ihm also auf einem Pfad, der sich eng und schmal durch dichtes Unterholz zog. Pltzlich erweiterte sich der Weg und die Bume traten zurck und gaben eine Lichtung frei, in deren Mitte sich ein kleiner See befand, in dessen stillen Wassern sich ein winziger Tempel aus weiem Marmor spiegelte, der an dem mit Blumen bersten Ufer stand.

"Mein Gott, wie herrlich!" rief Diana aus, als sie das wundervolle Bild gewahrte.

"Die berraschung ist Euch wirklich gelungen! Ich bin ja so glcklich, da Ihr mich hierher gefhrt habt!" rief sie berschwenglich aus.

"Es macht mich glcklich, da es Euch hier so gut gefllt!" meinte der Prinz leise. "Um die Wahrheit zu gestehen, ich hatte Angst, Ihr knntet meinen Lieblingsplatz nicht so lieben, wie ich es tue."

"Aber das ist doch Unsinn!" rief Diana aus. "Wer knnte von diesem herrlichen Platz hier nicht begeistert sein!"

"Es gab einige, die es nicht waren!" dachte der Prinz, sprach dies aber nicht aus. Statt dessen sprang er mit einem eleganten Satz von seinem Pferd und half Diana aus dem Sattel. Dann verknotete er die Zgel ber den Hlsen der Pferde, damit sie nicht hineintreten konnten und lie die beiden Hengste frei.

"Werden sie nicht zurck ins Schlo laufen oder sich bekmpfen?" fragte Diana leise, doch der Prinz schttelte den Kopf.

"Keine Angst, sie werden hier auf uns warten und sich auch nicht schlagen." Da war Diana beruhigt und reichte dem Prinzen ihren Arm, als er sie darum bat.

"Tretet ein in mein kleines Refugium!" sprach der Prinz feierlich und geleitete die junge Frau ber zwei Stufen in den kleinen Tempel. Dort befanden sich zwei Bnke aus rosarotem Marmor sowie ein kleiner Tisch aus dem gleichen Material. Auf den Bnken lagen Brokatkissen und ber den Tisch war eine Decke aus feinstem Leinen gebreitet. Die ffnungen konnten mit schweren Brokatvorhngen, die kein Licht von auen hindurchdringen lieen, geschlossen werden.

"Nehmt Platz!" bat der Prinz Diana und als sich die junge Frau auf eine der Bnke gesetzt hatte, lie er sich neben ihr nieder.

"Warum habt Ihr mich hierher gebracht?" flsterte Diana, fast benommen von der Schnheit, die sie umgab.

"Ich wollte sehen, ob Ihr dasselbe fhlt, wie ich, wenn ich an diesen geheimnisvollen und wunderbaren Ort komme." flsterte der Prinz. "Und Ihr habt mich nicht enttuscht!" fgte er fast unhrbar hinzu. Dann nherte er sein Gesicht dem der jungen Frau und ihre Lippen fanden sich zu einem ersten, liebevollen Ku. Diana war zuerst etwas berrascht, doch dann gab sie sich ganz der Se ihres ersten Liebeskusses hin. Wie oft hatte sie davon getrumt, da der Prinz sie in seine Arme nehmen und sie mit Zrtlichkeiten berschtten wrde. Und jetzt waren ihre Trume? endlich wahr? geworden. Als der Prinz sie aus seiner Umarmung freilie, war sie ganz atemlos und noch immer durchrannen se Schauer ihren Krper.

"Liebste! Meine einzigartige, auserwhlte Diana!" flsterte der Prinz heiser. "Ist es wirklich wahr? Liebst du mich so, wie ich dich liebe?"

"Noch viel mehr! Mein geliebter Philippe!" hauchte die junge Frau und gab sich erneut dem Glcksgefhl eines langen Kusses hin. Mit zarten Fingern streichelte der Prinz die weiche Haut Dianas, fuhr ihr mit einem glckseligen Lcheln durch die Masse ihrer schweren, roten Locken und kte immer wieder ihre schnen Augen, die kleine Nase und natrlich die sich ihm willig ffnenden roten Lippen.

"Mein Gott, was hast du nur aus mir gemacht!" sthnte er, bermannt vom Glck, welches ihm hier widerfuhr.

"Ich knnte dich das Gleiche fragen!" hauchte Diana ihm ins Ohr. "Ist das die wahre Liebe, mein Liebster?"

"Ja, meine Geliebte, das ist die wahre Liebe, die durch nichts erschttert werden kann!" flsterte der Prinz. So saen sie noch lange in Liebe verbunden in dem kleinen Tempel, bis der eine der Hengst laut aufwieherte und sie daran erinnerte, da sie noch einen langen Heimweg vor sich hatten.

"Morgen organisiere ich eine Parforcejagd zu deinen Ehren!" rief Prinz Philippe bermtig aus, als die beiden auf dem Rcken ihrer Pferde nun in wildem Galopp auf das Schlo zustrebten.

"Ich habe zwar schon davon gehrt und gelesen," rief Diana gegen den Wind zurck, "aber ich habe noch nie an einer solchen Jagd teilgenommen!"

"Dann la dich berraschen!" rief ihr der Prinz zu und trieb seinen Hengst an, damit er wieder auf gleiche Hhe mit der jungen Frau kam. Kurz vor dem eigentlichen Schlopark lieen sie ihre Pferde in Schritt fallen, damit diese ein wenig verschnaufen konnten, bevor sie wieder in die Stallungen kamen. Vor der Freitreppe warteten schon die beiden Knechte auf die Reiter und fhrten die Hengste, nachdem der Prinz abgestiegen war und Diana aus dem Sattel geholfen hatte, wieder in ihre Boxen zurck.

"Du hast sicherlich Hunger, nach dem langen Ritt?" stellte der Prinz fest und Diana nickte.

"Vorher war es mir gar nicht aufgefallen," lachte sie, "aber jetzt, wo du es erwhnst, spre ich wirklich, da ich etwas zu Essen vertragen knnte!"

"Dann kleide dich schnell auf deinem Zimmer um, ich sage in der Kche Bescheid, da wir in einer halben Stunde zu speisen wnschen." meinte Prinz Philippe und hauchte ihr einen Ku auf die Wange. Diana lief schnell auf ihr Zimmer und klingelte nach der Zofe.

"Maria, bitte bringe mir ein hbsches Kleid, in einer halben Stunde mchte der Prinz zu Tisch gehen!"

"Ich lasse sofort heies Wasser fr ein Bad kommen und werde alles zu Eurer Zufriedenheit vorbereiten." meinte die Zofe und verschwand eilig aus dem Zimmer. Als Diana nach einem entspannenden Bad in den Speisesaal trat, traf sie ein bewundernder und liebevoller Blick des jungen Mannes.

"Du siehst herrlich aus!" rief er, als Diana in einem dunkelblauen Kleid, welches sich mit der Korsage eng an ihren herrlichen Krper schmiegte und im Rock weit und leicht um ihre Beine schwang, auf ihn zu schritt.

"Du aber auch, mein geliebter Prinz!" flsterte die junge Frau und schaute ihn verliebt an. Auch der Prinz trug Blau. Zwar waren seine eng anliegenden Hosen naturfarben, die Jacke jedoch mit den weiten rmeln, aus denen feine Rschen hervorlugten, war mitternachtblau mit dunkelroten Bestzen. Galant geleitete der Prinz die junge Frau an ihren Platz und setzte sich dann neben sie. Diener trugen wieder lautlos die verschiedenen Gnge auf. Zuerst servierten sie eine feine Suppe mit Krutern, danach gebratenes Wild, Fasan, Ente und kleine Wachteln mit den dazugehrigen Beilagen. Spter folgten verschiedene Ksesorten mit frischgebackenem Brot der verschiedensten Sorten, zum Dessert gab es eine Vanillecreme mit frischen Himbeeren. Von dem zu jedem Gang servierten Wein nippte die junge Frau nur und auch der Prinz leerte seine Glser nicht. Endlich erhob sich der junge Mann und schaute Diana tief in die Augen.

"Mchtest du auf mein Zimmer kommen?" fragte er sie fast unhrbar und in seiner Stimme schwang die Angst vor einer Absage mit. Doch dann leuchteten seine Augen strahlend, als Diana wie selbstverstndlich nickte.

"Ich gehre dir, seit aller Zeit und in alle Ewigkeit!" hauchte sie leise. Und wirklich: sie hatte keine Angst vor diesem Moment, noch Bedenken, wie das alles enden wrde. Was zhlte, war das Jetzt und Heute, alles andere war nebenschlich. Auf diese Liebe hatte sie ihr Leben lang gewartet, jetzt war sie da! Glcklich geleitete der Prinz die junge Frau zu seinem Zimmer. In dem riesigen Raum, dessen Wnde mit feinstem Leder bespannt waren, herrschte eine gelste Atmosphre. Durch die Fenster fiel hell die Sonne und spiegelte sich auf den feingeschnitzten, zum Teil mit schnen Intarsienarbeiten versehenen und auf Hochglanz polierten Mbeln. Da gab es einen Sekretr, zwei hohe Schrnke, mehrere Sessel, deren Sitze und Lehnen mit gestickten Szenen aus dem hfischen Leben verziert waren und ein riesiges Himmelbett, dessen Vorderseite geschnitzte Jagdszenen aufwies. Als der Prinz eine kleine Glocke ergreifen wollte, die sich auf einem kleinen Nachttisch neben dem Bett befand, legte Diana ihre zarte Hand auf seinen Arm und schttelte den Kopf.

"Ich brauche keine Zofe!" flsterte sie verschmt. Da ri sie der junge Mann an sich, bedeckte ihr Gesicht mit heien Kssen und begann vorsichtig, mit vor Aufregung zitternden Fingern, die Bnder und Haken ihres Kleides zu lsen. Spter, viel, viel spter, kuschelte sich die junge Frau eng an den warmen Krper des geliebten Mannes, dessen zarte Berhrungen ihr noch immer Wonneschauer durch die Adern jagten und versuchte, ein wenig Schlaf zu finden. Denn der Prinz hatte ihr gesagt, da sie sehr frh am nchsten Morgen zur Parforcejagd aufbrechen wrden. In ihren Trumen erlebte sie noch einmal diese, ihre erste Liebesnacht und wute, da sie dem Prinzen fr immer angehren wrde. Am nchsten Morgen kte sie der Prinz zart wach. er war schon vollstndig angezogen und sah hervorragend aus in seiner Lederkleidung.

"Liebste, du mut aufstehen, wenn du vor dem langen und anstrengenden Jagdtag noch etwas zu dir nehmen willst!" flsterte er ihr ins Ohr und Diana kam langsam zu sich.

"Liebling, du bist ja schon angezogen!" rief sie verschlafen aus.

"Es ist schon spt!" lchelte der junge Mann. "Und du hast so friedlich geschlafen, wie ein Baby, da wollte ich dich nicht vorzeitig wecken! Doch jetzt mut du aufstehen, willst du nicht die zu deinen Ehren veranstaltete Jagd verpassen!" Da schlpfte die junge Frau geschwind aus den warmen Decken und warf sich ihre Kleider ber.

"Keine Angst, mein Zimmer hat einen geheimen Durchgang zu dem deinen!" lchelte Prinz Philippe und zeigte auf eine versteckte Tr in der Wand. "Du kannst so ungesehen auf dein Zimmer gelangen, wo Maria schon alles fr dich vorbereitet hat."

"Vielen Dank, Geliebter!" flsterte Diana, bevor sie nach einem schnellen Ku in den schmalen Durchgang schlpfte. Auf ihrem Zimmer fand sie ein neues Jagdgewand, diesmal Mnnerkleider und war glcklich ber die zartfhlende Vorsicht des Prinzen, der wohl – zu Recht – annahm, da fr sie eine wilde Jagd im Damensattel zu ungewohnt und anstrengend sei. Sie nahm schnell ein erfrischendes Bad und lief dann den ihr nun schon bekannten Weg ins Frhstckszimmer, ohne auf den Diener zu warten, der sie dorthin fhren sollte. Gerade wollte sie auch selbst die Tr ffnen, als sie viele Stimmen aus dem Innern des Zimmers hrte.

"Fast htte ich es vergessen!" flsterte sie sich selbst zu. "Der Prinz hat natrlich Gste eingeladen!" Also wartete sie darauf, da der Diener an der Tr sie einlie und mit Stentorstimme verkndete:

"Ihre Hoheit, Prinzessin Diana!" Die junge Frau lchelte noch ber den neuen Titel, doch dann strahlten ihre Augen, als der Prinz auf sie zukam und sich vor ihr verneigte.

"Seid gegrt, mein lieber Gast!" sagte er laut, doch als er sich zum hflichen Handku ber ihre schmalen Finger beugte, hauchte er:

"Meine geliebte Diana! Sei mir nicht bse, doch bevor ich dich offiziell vorgestellt habe, mu ich so frmlich sein!" Die junge Frau nickte leicht.

"Habt vielen Dank, Euer Hoheit, fr den herzlichen Empfang!" sagte sie laut und hauchte, whrend sie in einen Hofknicks versank:

"Ich werde dich nicht enttuschen, Geliebter!" Danach stellte sie der Prinz seinen erlauchten Gsten vor, die alle ein wenig erstaunt auf die junge Frau in Mnnerkleidern blickten, aber keine Bemerkung darber machten, zumindest nicht im Beisein des Prinzen und Dianas. Nach einem ausgiebigen Frhstck begaben sich die Gste in den Hof zu ihren Pferden und Equipagen. Der Prinz hatte fr Diana wieder Harun al Raschid satteln lassen, doch diesmal trug der Hengst einen normalen Sattel. Es war ein buntes Bild, welches die Jger empfing. Die Meute stand schon winselnd und bellend bereit, die gescheckten Bracken warteten nur noch auf den Befehl ihres Masters, um die Jagd aufzunehmen. Bald waren alle Gste beritten, die Begleiter hatten ihre Kutschen bestiegen und es konnte losgehen. Der Prinz gab das Zeichen zum Abritt, die Hrner wurden geblasen und alle folgten ihm. Diana ritt an seiner Seite und konnte sich ungehrt mit ihm unterhalten, da ihnen die anderen in respektvollem Abstand folgten.

"Heute wirst du eine ganz besondere Form der Jagd erleben, geliebtes Herz." begann der Prinz seine Erklrungen. "Schon in aller Frhe haben meine Leute einen Hirsch ausfindig gemacht, auf dessen Spur werden die Hunde gesetzt. Was dann kommt, mssen wir dem Zufall berlassen. Es ist gar nicht so selten, da das Wild entkommt oder die Hunde die Spur verlieren.

"Ich habe schon einiges ber diese Art der Jagd gelesen," meinte Diana, "es war mir aber nie vergnnt, an einer solchen Parforcejagd teilzunehmen. Im brigen ist es mir egal, ob ein Wild zur Strecke gebracht wird oder nicht, die Hauptsache ist doch das Reiten mit der Meute."

"Das darfst du aber nicht meinem Oberjger erzhlen!" lchelte der Prinz. "Er fhlt sich in seiner Ehre und seinem Knnen verletzt, wenn die Jagd erfolglos verluft."

"Von mir wird er es auch nicht erfahren." schmunzelte Diana, dann aber konzentrierte sie sich ganz auf den Ritt, denn nun hatte der Fhrer der Meute seine Hunde auf die Fhrte gesetzt und diese folgten ihr in schnellem Lauf. Dahinter der Prinz mit seiner Begleiterin, danach das brige Jagdfeld. In schnellem Galopp ging es auf breiten Schneisen durch die lichten Wlder. Diana fhlte, wie sie die Erregung der Jagd ergriff, als die Hrner das Zeichen gaben: Hirsch voraus! Nach einem wilden Jagen durch Dick und Dnn konnte die Meute den starken Hirsch endlich am Rande einer Lichtung stellen. Dieser wehrte sich mit seinem gewaltigen Geweih und hielt die Hunde auf Abstand. Da war der Prinz auch schon heran, sprang mit einem geschmeidigen Satz von seinem Pferd, lie sich von seinem Oberjger die Lanze reichen und nherte sich vorsichtig dem edlen Wild. Mit Schaum bedeckt und sich noch immer die wtende Meute vom Leibe haltend, bemerkte der Hirsch den Jger kaum. Dieser wartete auf den richtigen Moment, in welchem er die Lanze mit einem gebten Sto in den Krper des Tieres trieb. Der Hirsch war tdlich getroffen. Noch einmal hob er sein gewaltiges Haupt, dann brach der Blick in seinen Augen und er strzte nieder. Nun wollten sich die Hunde ber seinen leblosen Krper hermachen, sie wurden aber vom Fhrer der Meute zurckgetrieben. Der Oberjger berreichte dem Prinzen den Bruch und die inzwischen herangekommenen Begleiter gratulierten ihm zu dem gelungenen Jagdausgang. Diana stand ein wenig abseits, ihre schnen Augen schimmerten feucht, so glcklich war sie ber den Erfolg des geliebten Mannes. Dieser wendete sich nun von dem erlegten Wild ab und kam langsamen und gemessenen Schrittes auf sie zu. Die brigen Jagdteilnehmer schauten erstaunt auf die nun folgende Szene, denn der Prinz beugte sein Haupt vor der jungen Frau und berreichte ihr den Bruch mit den Worten:

"Prinzessin Diana, diesen Hirsch habe ich Euch zu Ehren erlegt, so nehmt denn auch den Bruch aus meiner Hand zum Zeichen meiner Ergebenheit."

"Ich danke Euch, edler Herr," flsterte Diana gerhrt, da der Prinz sie vor so vielen Leuten ausgezeichnet hatte. "Ich werde diesen Bruch in Ehren halten, zum Andenken an diesen Tag und im Gedenken an Euch. Aber nun mte ich Euch auch eine Gabe berreichen," fgte sie zgernd hinzu, doch der Prinz wehrte schnell ab.

"Die schnste Gabe, welche Ihr mir geben knnt, ist Eure Anwesenheit, Prinzessin. Nun lat uns aber ins Schlo zurckkehren," wendete er sich an die Jagdgesellschaft, "der Ritt war lang und anstrengend und ich mchte erholte Gste auf meinem Ball heute Abend sehen!" Er dankte den Jgern, welche sich um die Versorgung des Wildes bemhten, fr die gelungene Jagd und begab sich wieder zu seinem Pferd. Mit einem Sprung war er im Sattel, dann ritt er mit Diana an seiner Seite und den brigen Reitern im Gefolge zum Schlo zurck. Als sie die Pferde vor den Stallungen halten lieen, flsterte der Prinz seiner Begleiterin schnell zu:

"Geh in deine Gemcher, ich werde spter nachkommen."

Diana nickte leicht und lief frohen Schrittes ins Schlo. Dort hatte die Zofe schon ein warmes Bad mit duftenden len vorbereitet und Diana streckte sich wohlig in der Wanne aus. Spter zog sie ein Hausgewand aus flaschengrner Seide an, welches ihr vortrefflich stand und wartete, nachdem die Zofe das Zimmer verlassen hatte, auf den geliebten Mann. Dieser kndigte sich auch bald darauf mit einem leisen Klopfen an der verborgenen Tapetentr an. Auf Dianas leisen Ruf trat er in ihr Zimmer und schaute bewundernd auf die junge Frau.

"Geliebte, du bist die schnste Frau, die ich je gesehen habe! Aber obwohl dir dieses Gewand bestens zu Gesichte steht, mchte ich dich doch in deiner vollen, dir eigenen Schnheit sehen!" flsterte er und begann, ihr das Gewand von den Schultern zu streifen. Diana erschauerte vor Wonne bei der sanften Berhrung seiner Hnde und lie sich, als die Seide mit einem leisen Seufzer zu Boden fiel, von ihm zum Bett tragen. Seine Ksse erweckten ein Feuer in ihr, welches sie nie geglaubt hatte, einmal verspren zu knnen und seine warmen, sanften Hnde lieen wohlige Schauer durch ihren Krper rinnen.

"Mein Leben, meine Liebe!" seufzte der Prinz leise, "Du bist die Sonne meines Daseins, welche Wrme und Leben spendet, gehst du aber fort, so wird alles kalt und zu Eis!"

"Sprich nicht so, Geliebter! Du machst mich verlegen!" hauchte Diana, whrend sie leidenschaftlich seine Ksse erwiderte. Nach langer, langer Zeit strich ihr der Prinz zrtlich eine Strhne ihres wunderbaren Haares aus der Stirn und erhob sich.

"Meine Geliebte! Ich mu dich jetzt fr kurze Zeit verlassen, denn die Stunde des Balles rckt nher und ich habe noch einige Vorbereitungen zu treffen. Ich werde dir durch deine Zofe dein Ballgewand schicken und erwarte dich in einer Stunde in der Empfangshalle." Damit verlie er das Zimmer wieder durch die Tapetentr und schon ein paar Augenblicke spter klopfte die Zofe an die Zimmertr. Diana hatte sich inzwischen wieder das Hausgewand bergestreift und erwartete die Zofe vor ihrem Ankleidetisch sitzend.

"Dieses Ballkleid sendet Euch der hohe Herr und bat mich gleichzeitig, Euch das Haar zu richten." verbeugte sich die Zofe tief vor Diana.

"Bitte beginnt, ich mchte den Prinzen nicht warten lassen." meinte Diana und berlie sich den erfahrenen und flinken Hnden der Zofe. Als sie sich dann im Spiegel begutachtete, entfuhr ihr ein kleiner Laut der Bewunderung.

"Ihr habt mich ja in eine wahre Prinzessin verwandelt!" Und so war es auch. Das Kleid aus grn und golden schimmerndem Brokat pate ihr wie angegossen. Das eng anliegende Oberteil mit der schmalen Taille und den langen, sich vom Ellenbogen aus ffnenden rmeln betonte ihren schnen Krper und der weite Rock mit der kurzen Schleppe gab ihr etwas Hoheitliches. Das Haar war in Korkenzieherlocken gelegt, einige kleine Strhnchen umspielten die Stirn. Auf dem Haupte trug Diana eine mit Edelsteinen besetzte Tiara, den schlanken Hals schmckte ein ebensolches Kollier und an den Fingern trug sie funkelnde Ringe. Sie erkannte sich fast selbst nicht wieder.

"Ihr seht aus, wie einem Traum entstiegen!" meinte voller Bewunderung die Zofe. "Doch nun kommt, der Herr wird Euch sicher schon erwarten." Diana folgte der Zofe durch die Gnge, bis sie endlich in der Empfangshalle ankamen. Dort erschien auch soeben von der anderen Seite her Prinz Philippe in seinem Staatsgewand.

"Prinzessin, ich danke Euch, da Ihr mich nicht warten lat." Damit beugte er sich ber die Hand, welche ihm Diana zum offiziellen Grue reichte und hauchte einen zrtlichen Ku darauf, whrend seine Finger zart ihr Handgelenk streichelten. Diana erbebte unter dieser Berhrung, die wie ein Versprechen ihrer Liebe war. An der Seite des Prinzen empfing sie die geladenen Gste, mancher verwunderte Blick wurde ihr zuteil, doch seine Nhe gab ihr Kraft und sie bewltigte ihre Aufgabe zu aller Zufriedenheit. Nach dem Empfang bat der Prinz seine Gste in den Schlopark, wo Kapellen an verschiedenen Stellen aufspielten und andere Darbietungen die Gste erfreuten. Langsam nherte sich das rauschende Fest seinem Hhepunkt. Die Alleen waren mit bunten Masken und Verkleidungen aller Art bevlkert, die sich langsam auf den Ballsaal zu bewegten, in welchem nach dem ausgiebigen Abendmahl noch bis lange in den Morgen hinein getanzt werden wrde. Die Lampions im Park begannen langsam einer nach dem anderen zu verlschen. Noch einige Wortfetzen, leises Gelchter, dann breitete sich tiefe Stille ber der schlafenden Natur aus, als auch die letzte der groen Flgeltren zum Ballsaal geschlossen wurde und nur noch ein warmer Lichtschein aus den Fenstern auf die Freitreppe und das Rondell davor fiel. Mit einem Male schien Leben in die hier und dort zur Zierde des Parks aufgestellten Marmorstatuen zu gelangen. Als erste bewegte Diana, schlanke Gttin der Jagd, ihre Pfeil und Bogen haltenden Marmorhnde und sprang mit einem geschmeidigen Satz vom Sockel ber dem Brunnen auf den Weg. Sie legte ihre Waffen am Rande des Beckens nieder und schritt mit leichten Bewegungen ber den Kies. Bei jeder weiteren Statue angelangt, strich sie mit ihren Hnden ber den kalten Stein. In wenigen Augenblicken waren alle Statuen zum Leben erweckt. Gtter oder Profane, Menschen, Tiere oder Fabelwesen, sie alle bevlkerten den jetzt menschenleeren Park, in welchem soeben das Fest zu Ende gegangen war. Leise Stimmen durchklangen die stille Nacht, fast nur wie ein Windhauch und doch verstanden sich alle. Im Schimmer des silbernen Mondlichts nherte sich der Hubertushirsch der Jgerin, das Kreuz blinkte hell zwischen den Stangen seines wunderbaren Geweihs. Vertrauensvoll legte er seine weiche Nase auf den Arm der Gttin, wohl wissend, da heute alle Waffen schweigen und Friede und Eintracht herrschen wrden.

"Habt ihr sie gesehen? Die junge Herrin? Ob sie wohl bleiben wird?" So wurde allenthalben gefragt, doch niemand wute eine Antwort zu geben.

"Wenn sie bleibt, dann ist unser Warten zu Ende!" meinte eine Alabastereule. "Dann ist unsere Mission erfllt und ewiger Frieden wird herrschen zwischen Menschen und Tieren!"

"Aber was geschieht denn dann mit der Jagd?" rief die Schutzgttin der Jger verunsichert aus. "Soll ich umsonst geschaffen worden sein?"

"Aber nein," beruhigte sie ein Wasserspeier aus Granit. "Wir wollen ja nur, da die Menschen Respekt lernen vor der Schpfung. Sie sollen ja auch weiterhin Fleisch essen drfen - nur eben die Haltungsbedingungen und Transport oder Schlachtung sollen besser reglementiert werden!"

"Wie kann es aber ein junges Mdchen fertigbringen, eine so schwierige und langwierige Aufgabe zu lsen?" wollte der Hubertushirsch wissen.

"Wenn sie den Herrn heiratet und hier unter uns bleibt, dann ist es vollbracht!" sprach die weise Eule. "Ihr Leben steht fr das aller anderen, ihr Vorbild hier wird zum Leitmotiv aller Menschen werden!" Damit flog sie davon, um sich im Schutz der Dunkelheit dem Schlo zu nhern. Sie wollte durch ein Fenster schauen und vielleicht den ganz entscheidenden Augenblick miterleben, wenn die junge Frau dem Herrn ihr Jawort geben wrde. Inzwischen nherte sich ein schneeweier Marmorschimmel auf tanzenden Hufen einem kleinen, versteckten Tempel, der mitten im Wald auf einer Lichtung stand und zu vertraulichen Begegnungen geradezu einlud. Dort wartete eine zierliche, feingeschnitzte Holzstute aus dem Karussell auf ihn.

"Hast du die neue Herrin schon gesehen?" wollte sie von dem Marmorhengst wissen. Dieser schttelte sein Haupt, da seine silbrige Mhne nur so flog.

"Nein, Liebste! Ich stehe ja auf meinem Sockel ziemlich abseits von den Hauptwegen und konnte sie so noch nicht zu Gesicht bekommen."

"Wie schade!" rief die kleine Stute aus. "Ich htte so gerne gewut, wie sie aussieht!"

"Sie ist sehr schn, habe ich mir sagen lassen." meinte der Hengst nachdenklich. "Sie hat ein gutes Herz und ist gerecht in ihren Handlungen. Sie ist die Auserwhlte! Wenn sie unserem Herrn das Jawort gibt, dann bricht ein neues Zeitalter fr uns an!"

 

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