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2. Kapitel

BORV

12.Oktober 1987

Endlich wieder ein Pferd im Haus! Das Staatsgestt hat mich gebeten, fr einige Zeit einen Wallach der ungarischen Gidranzucht (Anglo-Araber) zu bernehmen. Von den sandigen Bden seiner Heimat kommend, hat er als Springpferd den entweder steinharten oder schlammig-weichen Boden der Puszta nicht vertragen und mute aufgrund eines Sehnenschadens schon nach zwei Jahren aus dem Springsport genommen werden. Bis sich ein Kufer fr ihn als Hobbypferd findet, soll ich ihn pflegen und reiten, im Gestt haben sie keinen Platz fr "unntze" Pferde, sein Los wre ohne meine Hilfe der Schlachter. BORV zieht also bei mir ein und ich werde ihn vorsichtig bewegen, seine Beine pflegen und ihn auf seine neue Aufgabe vorbereiten. Da er fast ausschlielich auf dem Springplatz geritten wurde, ist die Natur fr ihn unbekannt, er mu sich an so "schreckliche" Dinge wie weidende Khe oder im Wind raschelnde Bltter erst gewhnen. Solange ich ihn im Schritt reite, geht es auch seinen Sehnen gut und er bereitet mir die Freude, wieder ein Pferd unter dem Sattel zu haben, wenn auch nicht mein eigenes.

8. Januar 1988

Es hat sich ein Kufer fr BORV gefunden. Er geht nach Debrecen, erhlt dort sein Gnadenbrot als Weidegenosse fr das nervige Sportpferd eines jungen Mdchens, welches sich auf der Koppel einsam fhlt. Viel Glck und alles Gute, BORV!

3. Kapitel

C S I L L A

10.Mrz 1988

Es ist endlich so weit, ich habe mir wieder ein Pferd gekauft! Zwar kann keines meinen LAUSER ersetzen, doch ist wenigstens die pferdelose Zeit beendet!

Ein Bekannter hat einen Freund, der eine Nonius-Stute zum Verkauf stehen hat. Sie soll etwas schwierig sein, doch das schreckt mich nicht ab.

Frhmorgens packe ich Sattel und Zaumzeug in das Auto der befreundeten Nachbarsfamilie, sie werden mich die fast 90 Kilometer zum Standort meines neuen Pferdes fahren, den Heimweg reite ich lieber, da die hiesigen „Pferdetransporter“ oft nur aus einem kleinen, offenen Anhnger bestehen, der gerade bis zur Brusthhe mit eisernen Querstangen verstrkt ist! Solch einem unsicheren Gefhrt will ich mein neues Pferd nicht anvertrauen!

Am Hause des Pferdebesitzers angekommen, erwartet mich ein nicht gerade einladender Anblick. Auer der zu verkaufenden Stute hat er noch drei weitere Pferde, die in einem dunklen, niedrigen Stall angebunden sind. Die Tiere sind ungepflegt und sehen ziemlich mager aus! Als der Besitzer erscheint, zeigt er mir gleich das Pferd und meint mit einem unglubigen Blick auf das Sattelzeug, ob ich denn heimreiten wolle? Die sechsjhrige Stute sei zwar eingeritten, er habe sie aber nur vor der Kutsche verwendet und im Winter habe sie sowieso nicht viel gearbeitet. Doch als ich auf meinem Wunsch bestehe, zieht er sie mit viel Geschrei aus dem engen Stand. Bei Sonnenlicht betrachtet, ist es ein sehr schnes Tier mit den typischen Merkmalen seiner Rasse, auch wenn es eine grndliche Suberung ntig hat. Der Mann bindet die Stute an einem Baum an, ich „darf“ sie selbst putzen. Schon jetzt merke ich, da sie sehr empfindlich ist, selbst die leisesete Berhrung mit einer weichen Brste lt sie zusammenzucken und den Kopf kann ich berhaupt nicht subern. Auf eine diesbezgliche Frage hin gibt der Besitzer zu, da er sie fters mit dem Zaumzeug auf den Kopf geschlagen hat, wenn sie das Gebi nicht gleich annehmen wollte. – Armes Tier – und schne Aussichten fr mich! Da es unmglich ist, der Stute ein Reithalfter aufzuziehen, begnge ich mich mit einer Knebeltrense, die in den Ringen des Stallhalfters befestigt wird. Zum Glck lt sie sich leicht satteln und ich verabschiede mich von dem Mann, der sichtlich erleichtert sein Tier ziehen lt. Doch auch die Stute mit dem hbschen Namen CSILLA scheint froh zu sein, von hier wegzukommen.

Der lange Weg durch die fast ebene Landschaft beginnt. Da mein Pferd nicht beschlagen ist, ziehe ich es vor, auf Feldwegen zu reiten und die wenigen Drfer auf meinem Weg so gut wie mglich zu umgehen. Brav luft das Tier unter mir, es ist wahrscheinlich glcklich, da es nicht mehr angeschrien wird. Wir haben gutes Reitwetter, ein wenig Sonnenschein und angenehme Temperaturen. Die Natur erwacht langsam, viele Vgel sind schon auf der Suche nach Nahrung und manchmal berraschen wir einige Rehe, die auf den im morgendlichen Dunst liegenden Wiesen sen. CSILLA hat keine Angst und trabt unermdlich ihres Weges. Ein freundlicher Forstbeamter zeigt uns eine Abkrzung und wnscht viel Glck auf dem Weg. Dabei zeigt sich, da CSILLA wohl rossig ist, denn bei jeder Begegnung mit Menschen bleibt sie stehen, spreizt die Hinterbeine und quiekt wie ein kleines Ferkel. Sowie wir wieder alleine sind, setzt sie zgig ihren Weg fort. Unter Mittag rasten wir an einem kleinen Gehft, mein Pferd erhlt dort Wasser und etwas Heu, ich versorge mich aus den Satteltaschen. Ein Blick auf die Beine zeigt keinerlei Anzeichen von Ermdung und so geht es weiter. CSILLA ist unermdlich im Traben, kleine Galopps legen wir zur Abwechslung auch ein, doch im Schritt will sie nicht lange bleiben. Wir reiten jetzt an einem breiten Kanal entlang, dessen Seiten von hohen Akazien gesumt sind. Einige Wildenten erheben sich bei unserem Kommen und fliegen laut schnatternd davon, meine Stute bleibt ruhig, sie ist hier aufgewachsen und kennt keine Furcht vor natrlichen Dingen. Anders scheint es jedoch mit den Menschen zu sein, sie ist bestimmt sehr schlecht behandelt worden und es wird lange dauern, bis ich ihr volles Vertrauen gewinnen kann!

Die Schilfgrtel werden kleiner und wir nhern uns gegen Abend unserem Ziel, dem Mittelpunkt des Nationalparks, in welchem das kleine Dorf liegt, wo ich wohne. CSILLA ist noch so munter, da sie einen kleinen Galopp vorschlgt, den ich ihr auch nicht verweigere. Endlich kommen wir zuhause an! Der Stall – eine umgebaute Garage, wartet schon auf seinen neuen Insassen mit frischem Stroh, einer vollen Futterkrippe und klarem Wasser. CSILLA wird sich hier sicher wohl fhlen, denn nach dem kleinen, engen Stand, in dem sie einen groen Teil ihres Lebens verbracht hat, ist ihr neues Zuhause 4 x 6 Meter gro, hoch und luftig. Die Aussentren, die sich fast ber die ganze Breite ffnen, sind zweigeteilt, innen befindet sich eine Boxenabtrennung, wie sie in dieser Gegend wohl einzigartig ist, nmlich nach deutschem Modell von einem Schmied angefertigt. Dicke Holzbohlen in Eisenschienen bilden den unteren Teil, ebenso die 1,50 Meter breite Boxentr. Das Oberteil ist offen, Stbe bentige ich ja nicht, da CSILLA alleine ist – vorlufig zumindest, denn ich wrde gerne ein Fohlen von ihr haben.

Gensslich macht sie sich ber ihr Futter her, dann beschnobert sie alle Ecken ihrer Unterkunft – und lt sich mit einem wohligen Sthnen ins dicke Stroh fallen. Solch ein Genuss war ihr sicher seit langem unmglich!

11.Mrz 1988

CSILLA hat sich gut ausgeruht, ich auch! Als erstes nach dem Fttern beginne ich mit dem Putzen. Sie hat natrlich noch immer das Stallhalfter an, da sie panikartig reagiert, sowie sich eine Hand ihrem Kopf nhrt. Das ums sich ndern!

Ich binde sie an einem Ring vor dem Stall an und rede ihr gut zu. Nach kurzer Zeit beginnt sie, die Ohren aufmerksam in meine Richtung zu spitzen. Langsam streichele ich sie am Rcken, ein nervses Zucken ist die Antwort. Als meine Hand sich in Richtung Hinterhand bewegt, legt sie die Ohren an, als ich sie gar am Bauch berhre, tritt sie aus. Zwar nicht in meine Richtung, aber doch mit aller Kraft. Also ganz langsam von vorne. Auf dem Rcken strt sie die Berhrung am wenigsten, also beginne ich dort. Leise spreche ich ihr beruhigend zu, lasse meine Hand auf dem Widerrist liegen, sie rhrt sich nicht. Dann streiche ich ihr langsam ber die Vorderbeine nach unten, nicht, ohne mit einem Auge die Reaktion der Stute zu beobachten, die zwar mit den Zhnen knirscht, doch nicht beisst. Etwas Zucker belohnt sie fr ihr Verhalten. Diesen nimmt sie gerne an und whrend sie noch zufrieden kaut, lege ich meine Hand auf die Kruppe. Sie will treten, besinnt sich jedoch im letzten Augenblick anders und stellt den Fuss wieder hin. Lobende Worte und ein Stck Zucker sind meine Antwort. Fr heute ist es mit der Erziehung genug, Haupsache, sie beginnt zu begreifen, da ihr bei mir nichts Bses widerfhrt. Das kann lange dauern, denn die schlechte Behandlung hat scheinbar tiefe Spuren hinterlassen.

12.Mrz 1988

Heute kommt CSILLA schon auf mich zu, als ich ihr Futter bringe. Ich werde einen Versuch wagen und lasse meine Hand auf dem Rand der Futterkrippe liegen. Misstrauisch beschaut meine Stute sich die Hand, doch dann ist der Hunger strker und sie senkt den Kopf direkt neben meiner Hand in die Krippe. Ohne eine Bewegung zu machen, rede ich ihr gut zu und lasse sie ihr Frhstck verzehren. Als alles aufgegessen ist, zieht sie schnell den Kopf zurck, doch meine Hand bleibt liegen. CSILLA berhrt sie leicht mit den Nstern, schnaubt tief und geht beruhigt ihr Heu essen. Nun, das war ja schon ein Fortschritt!

Am Nachmittag hole ich meine Stute aus dem Stall und beginne dort, wo wir gestern aufgehrt haben, mit der Hand auf der Kruppe. Die Stute hat gelernt, sie zeigt keine Abwehrreaktion. Jetzt streiche ich ihr langsam mit der Hand Richtung Bauch, sie fngt an, zu zittern. Was ums sie alles durchgemacht haben? Langsam ziehe ich meine Hand zurck und lobe sie. Vor dem Hof fhrt eine Kutsche vorber, der Kutscher schreit seinen Tieren etwas zu – und meine Stute steigt in Panik auf die Hinterbeine, ich kann gerade noch den Sicherheitshaken aufmachen, da ist sie auch schon mit einem riesigen Satz im Stall und steht zitternd in der hintersten Ecke! Das kann ja heiter werden! Aber eines habe ich bereits gelernt: sie hat wahnsinnige Angst vor lauten Stimmen und vor allem vor Mnnerstimmen! Ich ums also versuchen, wenigstens whrend der ersten Zeit, die Stute so ruhig wie mglich und ohne Mnner zu treffen, zu erziehen. Ich beschliesse also, lieber in die Stille der Puszta auszuweichen, denn Begegnungen wie eben kann ich hier im Hof nicht ausschliessen.


15.Mrz 1988

Wir sind allein in der unendlichen Weite der groen Tiefebene. Nur einige Vgel begleiten uns auf unserem Weg. Ich habe CSILLA gesattelt, die Knebeltrense ist natrlich am Stallhalfter befestigt und wir suchen uns ein geeignetes Pltzchen zum Lernen. CSILLA ist hier geboren, eine Nonius-Stute der kleineren Art, so wie sie auf den Weiden um Hortobgy seit langer Zeit gezogen werden. Die Rasse geht auf einen Anglo-Normnner Hengst namens Nonius Senior zurck, der in Frankreich um 1815 von den sterreichern erbeutet wurde, dann aber auf das ungarische Gestt Mezhegyes gebracht wurde. Dort deckte er Stuten verschiedenster Herkunft, die brauchbarsten Fohlen wurden ausgewhlt und so bildete sich langsam eine homogene Zucht. Ein Teil der Pferde gelangte nach Hortobgy und bildete auf den hiesigen kargen Weiden eine Unterart des Nonius, den kleinen Nonius, der vornehmlich als Reitpferd fr das Militr und leichtes Arbeitspferd Verwendung fand. Der groe Nonius aus Mezhegyes war ein ausgezeichneter Karossier fr die schweren Kutschen und zu reprsentativen Zwecken benutzt. Heute gibt es praktisch nur noch ein Zwischending, den Nonius, der zum Teil sogar mit Vollblut oder Holsteinern veredelt wird, um ein ansprechendes und leistungsfhiges Sportpferd zu erzeugen. Anerkannte Farben sind nur Rappen und Braune (obwohl bei Kreuzung mit Vollbltern manchmal auch Fchse entstehen). Das Stockma bewegt sich um die 1,60 Meter, die Pferde wiegen durchschnittlich 550 Kilogramm. Die Ramsnasen, die in frherer Zeit eines der Rassenmerkmale waren, sind heute fast ganz verschwunden, die Pferde haben ein ansprechendes usseres. Ihre Ausdauer und Hrte ist sprichwrtlich, die Hufe so hart, da die Pferde oft keine Eisen bentigen. Hier in Hortobgy werden die Fohlen in der Herde geboren und verbringen das erste Jahr ihres Lebens bei der Mutter, dann werden sie fr zwei Jahre in der Jungstuten- oder Junghengstherde belassen. Sie erleben glhende Sommer und eisige Winter draussen, nur bei Glatteis oder hohem Schnee kommen sie in die Offenstlle mit Auslauf. Im Frhjahr ist der salzhaltige Lehmboden ein Schlamm-Meer, die Tiere versinken bis tief ber die Hufe in der nachgiebigen Masse, im Sommer ist der Boden so hart wie Beton! Hier werden Hufe und Sehnen der hrtesten Probe ausgesetzt! Das Pferd von hier ist berall reitbar, jedoch nicht jedes Pferd ist fr die Puszta geeignet. Wie oft muten das Turnierreiter von hier feststellen, fr die das Gestt zum Beispiel Gidrane von den sandigen Bden Sdungarns gekauft hatte und die schwere Sehnenschden erlitten, beim Training auf dem harten Grund.

Auch das Klima trgt zur Hrte der hiesigen Pferde bei, es ist sehr trocken, nur etwa 400 mm Regen oder Schnee im Jahr, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 30% und der Temperaturunterschied zwischen dem heissesten Tag im Sommer (bis zu 40C im Schatten) und dem kltesten im Winter (bis zu –30C) kann bis zu 70 Grad Celsius betragen. Dazu blasen oft verheerende Strme ber die ungeschtzte Ebene. Hier bewhren sich nur die strksten und gesndesten Tiere und werden zur Weiterzucht herangezogen.

Meine Stute besitzt also alle Vorteile ihrer Rasse, nur die Angst vor den Menschen ums ich ihr nehmen.

Wir beginnen mit einem ausgedehnten Spazierritt am langen Zgel, sie darf alles anschauen und beriechen, was ihr in den Weg kommt, ich gebe nur manchmal die Richtung an. Doch selbst das ist hier nicht so wichtig, wo es praktisch keine Straen gibt und der Nationalpark sich fast 80 Kilometer vor uns erstreckt, ohne Zune, ohne Verbotsschilder und ohne bebaute Felder. Nur salzliebende Pflanzen, sprliches Gras und Schilfrnder an den wenigen Gewssern sind hier zu finden, dazu eine Akazienwlder, als Windfnge und – sehr selten – ein altes Eichenwldchen, Relikt aus einer Zeit, wo die Puszta noch berschwemmungsland war.

CSILLA lt sich von mir jetzt leicht am Hals berhren, wenn ich im Sattel sitze, doch bis zu den Ohren darf ich mich nicht wagen, sie zeigt sofort eine heftige Abwehrreaktion. Ich drehe mich leicht um und streichele ihr die Kruppe, sie lt es sich gefallen. Nach einiger Zeit begeben wir uns auf den Heimweg.

25.April 1988

Ich werde als Fremdenfhrerin whrend der Saison im Gestt arbeiten, im Winter bin ich im Bro und soll als Fremdsprachenkorrespondentin fr die Abteilungen Touristik, Jagd und Schilf ttig sein. Man sollte meinen, da ich jetzt weniger zum Reiten komme, doch weit gefehlt! CSILLA dient mir als Verkehrsmittel zwischen dem Dorf und meinem 4 Kilometer entfernten Arbeitsplatz im Touristenzentrum Mta, morgens reite ich sie hin, dort erhlt sie – je nach Wetterlage – einen Stand im Mietstall oder einen kleinen Auslauf mit Gras unter hohen, schattenspendenden Bumen. Abends unternehme ich einen Ausritt mit ihr und kehre dann ins Dorf zurck. Manchmal, wenn ich Reisegesellschaften fhre, die abends in der Puszta bleiben und dort essen oder feiern, fhre ich CSILLA neben der Kutsche her und reite nach getaner Arbeit heim, zum Feiern brauchen die Gste keinen Dolmetscher mehr.

30.April 1988

CSILLA lt sich am Kopf streicheln!

Es war ein hartes Stck Arbeit, ihr zerstrtes Vertrauen wiederherzustellen, doch es ist gelungen. Beim Fttern habe ich meine Hand immer mehr in die Krippe gesteckt, meine Stute mute sie am Ende berhren, um ans Futter zu gelangen, nach einer ersten, erschreckten Bewegung hat sie es dann aber akzeptiert. Spter durfte ich meine Hand dann sogar etwas bewegen, in Augenhhe halten und ihre Stirn berhren. Nur die Ohren sind noch immer tabu! Zwar kann ich jetzt eine Trense ber ihren Kopf streifen, doch habe ich lngst erkannt, wie praktisch fr mich ein Stallhalfter – natrlich aus gutem, weich gepolsterten Leder – ist. Ich kann es nur jedem Wanderreiter empfehlen. Die Knebeltrense (ich befestige sie mit zwei schmalen Lederriemen in den Ringen des Stallhalfters) ist schnell entfernt, das Pferd kann bei einem Halt grasen, wenn die Trense hinter dem Maul eingehngt wird, ist sie sogar mit den Zgeln zum Fhren geeignet, im Stall angekommen, braucht man sie nur zu entfernen, das Pferd ist fertig.

5.Mai 1988

Bei den internationalen Reitertagen am ersten Juni-Wochenende gibt es auch einen Distanzritt ber 50 Kilometer. Ich beschliesse, mich mit CSILLA dafr anzumelden. Jetzt ums selbstverstndlich gezielt trainiert werden.

Ich besorge mir eine gute Karte des Nationalparks und markiere dort eine mir bekannte Strecke, deren Hinweg die Hlfte der geforderten Kilometer betrgt. Wendepunkt ist ein alter Hof, auf dem ich Wasser und Schatten fr uns finden kann. Dort soll die halbstndige Rast erfolgen.

Mit der Pause ist der Ritt in etwas weniger als 4 Stunden zu bewltigen, kein Problem fr die ausdauernden Pferde der Puszta.

Sowie meine Arbeit beendet ist, das ist in der Vorsaison frher, als in der Hochsaison, besteige ich CSILLA und mache mich auf einen Trainingsritt von etwa 10 Kilometern. Natrlich habe ich eine Stoppuhr dabei und auf meiner Karte sind jeden Kilometer Markierungen eingetragen. CSILLA ist ausgeruht und munter. Wir beginnen im Schritt, der bei ihr ziemlich raumgreifend ist, und verlassen das Gestt. Ein leichter Wind lt die Bltter der Akazien rauschen, und einige Vgel berfliegen uns, sonst sind wir allein auf der groen Ebene. Inzwischen kenne ich jeden Brunnen, jede Htte der Hirten und kann mich so gut auf der Karte orientieren. Nach kurzer Zeit setze ich CSILLA in Trab, kleine Staubwolken wirbeln unter ihren Hufen auf. Wir berqueren den Kanal, der uns vom Gebiet der Graurinder trennt, jetzt mssen wir aufpassen, da uns nicht einer der wilden Bullen in die Quere kommt. Zur Zeit der Brunft sind sie usserst agressiv, wollen ihre Khe verteidigen und tragen Rangkmpfe unter sich aus. Diese enden nicht selten damit, da der schwchste Bulle die kleine Truppe verlassen ums und sich irgendwo in einem Schilfgrtel versteckt. Diese Einzelgnger sind sehr gefhrlich, denn sie greifen sofort an, wenn sie sehen, da der Ankmmling schwcher ist als er. Fussgnger, Radfahrer oder Reiter mssen sich dann sehr in Acht nehmen, vor allen Dingen, wenn kein Hirte mit seinen Hunden in der Nhe ist. Nur vor den kleinen, aber agressiven Hunden hat solch ein Bulle Angst, da sie nicht selten auer in die Beine auch in die Hoden beissen. Ich habe selbst erlebt, wie ein Sportreiter auf seinem Vollblut sich zu nahe an einen solchen Bullen gewagt hat, er mute sich ein Rennen auf Leben und Tod mit dem angreifenden Stier liefern, das zu seinem Glck das Pferd um eine Lnge gewonnen hat, da es einen tiefen Graben bersprang, vor dem der Stier anhielt. Ein Rinderhirte selbst mute sich einmal an dem Schwengel in den Brunnen hinablassen, da ein Stier ihn an der Trnke attackierte, nur sein Kollege, der zur Ablsung kam und die Hunde gegen den Stier schickte, konnte ihn aus dieser miesslichen Lage befreien! Es hat auch schon Opfer gegeben, so ist vor einiger Zeit der Vater eines der Pferdehirten, selbst Csiks von Beruf und mit der durch die Stiere verbundenen Gefahr gut vertraut, von einem dieser Tiere gettet worden. Man kann sich kaum die Kraft und Schnelligkeit der so friedlich in der Sonne wiederkuenden Riesen von bis zu einer Tonne Gewicht vorstellen. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie einer dieser Kolosse gegen einen anderen gerannt ist, ihm die Hrner unter den Bauch schob und ihn ber seinen Rcken hinweg war. Dabei ist ihm zwar der vordere Teil eines seiner Hrner abgebrochen, doch die Leistung wird damit nicht geschmlert. Auch groe Kutschen oder gar Traktoren sind kein Hindernis fr diese Kolosse. Und auf dem schlammigen und rutschigen Boden der Puszta im Frhling sind die Tiere mit ihren geteilten Hufen Pferden sogar an Schnelligkeit und Wendigkeit berlegen!

Wir beobachten also aufmerksam die Landschaft, doch die Herden sind zur Zeit auf weiter entfernten Weideflchen und wir knnen beruhigt weitertraben. CSILLA schwitzt kaum und kaut auf dem Gebiss, sie bietet mir einen Galopp an, ich gebe das Zeichen und sie fliegt wie ein Pfeil davon. Die Hufe donnern auf dem Boden, eine Staubwolke hllt uns ein. Vor dem Fluss verlangsamen wir unser Tempo und begeben uns zu der kleinen, hlzernen Brcke, die ihn berquert. Ohne zu zgern betritt mein Pferd die Bohlen, die unter jedem Schritt etwas nachgeben, schon sind wir auf der anderen Seite. Wir reiten nun am Schilfgrtel des Flusses abwrts, um nach kurzer Zeit zu einer Furt zu gelangen, die CSILLA schon kennt, ich habe Mhe, sie daran zu hindern, sich ins tiefere Wasser zu begeben, wie wir es sonst tun, wenn wir baden wollen. Doch mit Sattel und Kleidung wre es heute kein Vergngen!

Im Trab geht es nach Hause, wir haben 50 Minuten fr die 10 Kilometer gebraucht, ohne uns jedoch anzustrengen.

10.Mai 1988

Heute geht es ber 25 Kilometer, ich habe mir etwas weniger als 2 Stunden als Reitzeit vorgenommen. CSILLA ist in toller Form, die meiste Zeit lasse ich sie in ihrem schnellen Trab laufen, unterbrochen von einigen Galoppstrecken und Schrittpausen. Es ist relativ khl und bewlkt, ideales Wetter also, doch mssen wir damit rechnen, da es am Tage des Distanzrittes auch sehr hei werden kann.

Ungefhr auf der Hlfte meiner heutigen Trainingsstrecke treffe ich einen der Berufsreiter aus dem Gestt, auch er trainiert fr den Distanzritt. Der Nachteil fr ihn ist jedoch, da er sich sein Pferd nicht auswhlen kann, er ums das nehmen, welches sein Chef ihm vorschreibt. Auerdem kennen die meisten der Springpferde (Dressur und Military werden hier nicht trainiert, nur noch Fahrsport in Zwei- und Vierspnnern) seit der Zeit, als sie als Dreijhrige aus der Herde geholt worden sind, nur noch den Trainingsplatz, sind mehr auf kurze Hochleistung denn auf Ausdauer und Durchhaltevermgen trainiert. Der Reiter fragt mich nach den Fortschritten, die wir machen und ich gebe ihm bereitwillig Auskunft. Dann trennen sich unsere Wege wieder. CSILLA liebt es eigentlich wenig, im Schritt gehen zu mssen, sie ist erst in ihrem Element, wenn sie im gestreckten Galopp losgehen darf, Mhne und Schweif im Wind flattern und die Hufe auf dem Boden drhnen. Oft berlasse auch ich mich dem Rausch der Geschwindigkeit, der Wind lt die Augen trnen, doch das Gefhl der Freiheit und Ungebundenheit ist vollkommen! Eins mit dem Pferd in der grossartigen Natur, gegenseitiges Vertrauen und Reagieren auf den leisesten Wink, das sind wahre Reitertrume!

17.Mai 1988

Generalprobe! Wir nehmen die 50 Kilometer in Angriff!

Die Sonne scheint und es ist ziemlich schwl, doch den hier aufgewachsenen Pferden macht das wenig aus. Ich kenne die Brunnen auf unserer Strecke, habe noch eine Feldflasche mit Wasser mitgenommen und auch sonst in den Satteltaschen, alles, was ntig sein knnte. CSILLA ist hellwach, sie scheint zu spren, da heute ein besonderer Tag ist. Wir reiten vom Gestt aus los, erst bei Erreichen der freien Flche setze ich die Stoppuhr in Betrieb. Die erste Schrittetappe ist kurz, da mein Pferd schon 2 Kilometer im Schritt zurckgelegt hat, um das Gestt zu erreichen. Ich beschliesse, die Strecke hauptschlich im Trab zurckzulegen, einige kurze Galopps einzustreuen und im groen und ganzen so zu verfahren, wie bei vielen Rennpferden, die vor dem Derby nie ber die volle Distanz geritten werden. Wir werden zwar die 50 Kilometer abreiten, jedoch will ich CSILLA nicht voll fordern. Das hebe ich mir fr den Turniertag auf.

Auf dem Hinweg ereignet sich nichts Besonderes, am Wendepunkt angelangt, ist CSILLA trocken und munter wie eh und je. Die Zwangspause scheint ihr nicht zu gefallen, doch ums sie die 30 Minuten brav abwarten. Sie darf etwas trinken und ich reibe ihr die Beine mit einem nassen Tuch ab. Hohe Akazien spenden uns Schatten. Als wir nach der Pause wieder losreiten und aus dem kleinen Wldchen herauskommen, merke ich, da sich etwas gendert hat und auch CSILLA ist unruhig. Der leichte Wind ist ganz eingeschlafen und am Horizont trmen sich gelblich-schwarze Wolken. Auch die Vgel haben aufgehrt zu piepen, eine drohende Stille liegt ber der Puszta. Ich habe schon genug erlebt, um zu wissen, da wir mit einem der schweren Gewitter rechnen mssen, die es hier oft gibt. Zwischen uns und dem Gestt liegen nur drei einzelne Gehfte, auf denen wir Unterschlupf finden knnen, doch auch das nchste ist in einigen Kilometer Entfernung. Wir beginnen unser Wettrennen gegen die Naturgewalten! Ich brauche CSILLA nicht anzutreiben, auch sie kann die Zeichen deuten! Wir fegen nur so ber den grasigen Boden, als urpltzlich ein starker Sturm anhebt, Staub und trockenes Gras hochwirbelt und es fast Nacht um uns wird! Das Gewitter ist fast ber uns! Ich halte CSILLA nur in der Richtung, oft sehen wir nicht, wohin wir reiten, doch ihr Instinkt leitet sie richtig, lt sie Grben umgehen und den gefhrlichen Stellen ausweichen. Blitze zucken am Himmel, der Donner drhnt, doch noch haben wir etwas Vorsprung. Kurz vor Erreichen des ersten Gehftes fngt es dann an, wie aus Kbeln zu giessen und auch Hagel ist darunter gemischt. Ich springe vom Pferd, ffne unter grosser Mhe die hohe Stalltr gegen den Sturm und fhre CSILLA in die Dunkelheit. Ohne zu zgern folgt sie mir willig, obwohl uns eine Wolke von Stalldunst einhllt und einige tausend Schafe erbost ber die Strung blken. Ich halte die Uhr an, sattele CSILLA ab und reibe sie mit etwas Stroh, das ich in einer Ecke finde, trocken. Mir klebt die Kleidung nass auf der Haut, doch ich kann warten. Das lange Gebude aus luftgetrockneten Ziegeln mit Schilfdach besitzt nur einige, wenige Fenster, die zum Teil sehr schmutzig sind, mit der Finsternis, die draussen herrscht, ergibt dies eine fast totale Dunkelheit. Ich setze mich neben mein Pferd auf eine Lage Stroh, CSILLA beginnt daran herumzuknabbern. Wir mssen ber eine Stunde so ausharren, bis das Gewitter sich etwas verzogen hat. Es regnet zwar immer noch starkt, doch ist die Gefahr, von einem Blitz getroffen zu werden, gebannt. Wir verlassen unsere wolligen Gastgeber und machen uns auf den Heimweg. Der staubige Weg hat sich in ein Schlamm-Meer verwandelt, CSILLA sucht sich vorsichtig ihren Weg, doch von schnellem Reiten kann keine Rede mehr sein. Die Generalprobe ist wortwrtlich ins Wasser gefallen!

Viel Zeit bleibt uns nicht mehr, denn die Saison hat begonnen, auerdem arbeite ich mit an den Vorbereitungen fr die Reitertage und kann mein Pferd nur noch auf kurzen Strecken in Form halten.

28.Mai 1988

Das ist die Hhe! Man hat mich informiert, da ich an dem Distanzritt nicht teilnehmen kann! Er ist zwar auch fr Privatreiter ausgeschrieben gewesen, ein seltenes Zugestndnis seitens der Veranstalter, aber hier gilt Distanzreiten offiziell noch nicht als Sportart, darf also auch von Nicht-Profis ausgebt werden, doch sagt man mir, da ich der einzige Privatreiter wre, habe es keinen Sinn, die Sportreiter wrden es unter sich ausmachen wollen. ber die wahren Hintergrnde bin ich mir wohl im Klaren: man hat mich beobachtet, auch die Fragen des Sportreiters waren daraufhin ausgerichtet und sie haben Angst, da die „Fremde“, noch dazu mit ihrem Privatpferd, den Sieg holen knnte. Ich kenne doch meine Chefs! Aber auch mein Kommentar, ich sei doch ebenso beim Staatsgut angestellt, wie die Berufsreiter, nur eben in einer anderen Abteilung, lt die Verantwortlichen kalt, fr mich gibt es keinen Distanzritt! Ich schlucke die bittere Pille und baue mich daran wieder etwas auf, da ich auf jeden Fall die Leistung meines Pferdes kenne und wir whrend des Trainings einige unvergessliche Stunden erlebt haben.

.Juni 1988

Die internationalen Reitertage haben begonnen. Schon seit Donnerstag reisst die Kolonne der Pferdetransporter nicht mehr ab, die Vereine mit den lngsten Wegen lassen ihren Pferden natrlich auch lngere Zeit zur Umstellung, als die Vereine der Umgebung, die oft erst einige Stunden vor den Prfungen mit ihren Pferden ankommen. Ich habe die Aufgabe erhalten, den auslndischen Reitern zu helfen, die Stallungen fr ihre Tiere zu finden, sie zu ihren Unterknften zu geleiten und bei allen Fragen ihrerseits Antworten parat zu haben. An den hiesigen Reitertagen nehmen Vereine aus vielen Nationen teil, die Ukraine schickt mehrere LKWs, Polen, die Tchechoslowakei, Bulgarien und Jugoslawien sind ebenso vertreten wie sterreich und Deutschland. Die Pferde der letzten beiden Lnder reisen in grossem Luxus, ebenso die Reiter und Begleiter. Die anderen Lnder schicken schon weniger komfortable Gefhrte, den Vogel schiessen aber die Rumnen ab: Sie kommen mit einem STADTBUS! Aus diesem sind nur die Sitze entfernt worden, Halteschlaufen, Stangen und Griffe sind geblieben. Die Fenster sind ungeschtzt. Ein langes Seil ist von hinten bis vorne gespannt, an diesem sind die Pferde, noch dazu grsstenteils Vollblter! angebunden. Neben ihne befinden sich groe Holzkisten mit Futter und Ausrstungsgegenstnden und daneben sitzen die Reiter auf Strohballen! Die Pferde mssen beim Einsteigen die zwei Stufen hinter der automatischen Tr hinaufspringen oder klettern, ebenso beim Aussteigen. Und mit dieser Fuhre sind die guten Leute ber die Karparten gekutscht! Ohne Unfall, mit gesunden und unverletzten Pferden! Ein wahres Wunder!

Ich bin mit den Reitern und deren Fragen zu Programm, Abreitepltzen, Wasseranschlssen etc., etc. voll ausgelastet, deshalb ums CSILLA zuhause bleiben. Geritten wird erst wieder am Montag.

12.August 1988

Die Puszta wird zum Filmdekor! Englische Produzenten wollen einen Film ber die Bronzezeit drehen. Sie kommen eines schnen Tages mit ihrer gesamten Ausrstung und dem Stab an – und sind sehr verwundert, da unsere Pferde nicht den struppigen Mongolenponys gleichen! Auerdem befinden sie sich natrlich im Sommerfell, sind glatt und glnzen in der Sonne. Als die Truppe sich daran gewhnt hat, holen sie eine Menge Halfter und Gebisse aus ihrer Requisite, von Fachleuten in England nach Original-Grabbeigaben nachgebaut. Oh je! Die dnnen Lederriemchen zerreissen beim ersten Aufziehen auf einen Pferdekopf und die Trense ist aus KNOCHEN!? Unsere Reiter weigern sich, damit ihre Pferde zu besteigen, es wre auch reiner Selbstmord, bei gestrecktem Galopp pltzlich die Fhrung ber das Tier zu verlieren, weil der Knochen bricht oder ein Zgel reisst. Der Regisseur wird also berredet, seine Kunststcke wieder einzupacken, die Reiter werden so viel Leder wie mglich von ihren Zumen entfernen und ungarische Kupfergebisse benutzen. Natrlich wird auf ungesattelten Pferden geritten! Dann kommt der nchste Schock! Alle an den Aufnahmen teilnehmenden Reiter mssen sich in Felle und Sackleinwand stecken lassen, auerdem werden sie jeden Morgen vor den Aufnahmen zwei Stunden lang geschminkt. Ihre Oberkrper sind zwar schn braun, doch die Beine ... Die stecken ja beim Reiten in Hosen und sind weiss wie Schnee!

Ich wirke wieder als Dolmetscher und Vermittler bei den Aufnahmen mit. Auch CSILLA ist dabei, ich bentige sie, um so schnell wie mglich eingreifen zu knnen, oder schnell ins Gestt zu reiten, wenn etwas fehlt. Es gibt viele komische Szenen, zum Beispiel, als der vorderste Reiter, der per Walkie-Talkie mit dem Regisseur – und mir – verbunden ist, in vollem Galopp heranprescht, gefolgt von seiner Horde - und das Walkie-Talkie schn sichtbar in der Hand hlt – und das in der Bronzezeit! SCHNITT!

Wenn die Sportreiter am Ende des Drehtages genug haben, nehmen sie einfach die Zume ab und lassen die Pferde heimlaufen. Doch heute haben sie die Herde der Junghengste bersehen, die in die Nhe des Gesttes getrieben wurde. Eine Horde Dreijhriger – und die Reitpferde sind fast ausnahmslos Stuten!

Ich bemerke als erste, da der Anfhrer der Herde aufmerksam wird, als die Reitpferde angetrabt kommen. Noch sind sie weit voneinander entfernt, doch ums etwas unternommen werden. Da ich als einzige noch beritten bin, feuere ich CSILLA zu einem waghalsigen Galopp an: wir mssen vor die Stuten gelangen und sie auf einen anderen Weg bringen, hoffentlich ist ein Csiks bei den Hengsten. Wenn ja, so hat er noch nichts von der nahenden Gefahr bemerkt. CSILLA fliegt nur so ber die Puszta und obwohl sie meine Last trgt, wird der Raum schnell kleiner zwischen uns und den Stuten, die jetzt langsam auch zu galoppieren beginnen. Ich stelle mich hoch in die Bgel und gebe CSILLA die Zgel ganz frei. Sie scheint zu wissen, was ich mchte, denn sie streckt sich noch etwas und beschreibt einen Bogen, um vor die Stuten zu gelangen. Eine letzte Anstrengung – es ist vollbracht! Die Stuten drehen ab und lassen sich von uns Richtung Gestt lenken, jetzt erscheint auch endlich ein Hirte und hlt die Hengste in Schach. Uff! Ich glaube, die Reiter werden morgen ihre Pferde brav heimreiten!

.Oktober 1989

Das Gestt hat eine Jagd geplant, zu der eine Menge hoher Gste erwartet werden, unter anderem der ungarische Dressurmeister und seine Frau. Auf der Puszta werden einige Hindernisse aufgebaut, Stohballen mit Stange darber, ein Schilfverhau, Holzstapel und hnliches mehr. Fnge gibt es nicht, die Pferde knnen gemtlich an den Sprngen vorbeimarschieren, die Puszta ist eben breit genug. Es hat zwei interne Vorbereitungsritte gegeben, da alle Gste vom Gestt beritten gemacht werden, sollten die Pferde die Sache zuerst kennenlernen. Die Springpferde haben enttuscht, nur an ihre Hindernisse im Parcour gewhnt und seit langer Zeit nicht mehr in der Natur geritten, haben sie die unbekannten Sprnge verweigert. Nur CSILLA, tragend im 5. Monat, die wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben richtig zum Springen ausgebildet wurde, nimmt jedes Hindernis sofort an, ich brauche noch nicht einmal die Richtung angeben, sie springt alles, was auf ihrem Weg herumsteht, was mir einige bse Blicke der Berufsreiter einbringt. Einige kennen nmlich mein Pferd von frher und knnen sich die Wandlung nicht erklren, die mit ihr vorgegangen ist. Aber: Vertrauen ist alles, und mein Pferd vertraut mir so, wie auch ich ihm vertraue. Mit einem unzuverlssigen Pferd knnte ich mich ja nie alleine auf Ritte in die Puszta wagen. Sollte etwas passieren, so weiss keiner, wo ich zu finden bin. Ich ums mich also auf mein Pferd vollkommen verlassen knnen, ich vertraue ihm sozusagen mein Leben, aber zumindest meine Gesundheit an.

Am Morgen treffen die Reiter im Gestt ein, unsere Chefs erwarten sie, verteilen Schnaps zum Aufwrmen und geben dann die Paarungen von Reiter und Pferd bekannt. Jeder ist korrekt und dem Anlass entsprechend gekleidet, Herr Dallos trgt statt der Sturzkappe seinen Zylinder. Wir besteigen unsere Pferde und los geht’s. Es ist herrliches Herbstwetter, die Sonne scheint und der leichte Wind lt das Laub an den Bumen rascheln. Wir verlassen rasch das Gelnde um das Gestt und begeben uns in Richtung auf die knstlichen Fischteiche. Der Ritt soll nicht nur unterhaltend sein, sondern auch lehrreich. Der Chef zeigt seinen Gsten deshalb die 6000 Hektar Seen, von Schilf umgeben und Aufenthaltsort vieler Wasservgel. Es gibt Kolonien von Kormoranen, verschiedene Reiherarten und eine Menge Wildenten aller Arten. Die Strche sind zwar schon auf ihrer Reise in den Sden, normalerweise bleiben sie bis zum 20.August bei ihren Nestern, dann versammeln sie sich auf den Wiesen der Puszta, bevor der groe Zug beginnt. Auch die Wildschweine bevorzugen die Schilfgrtel der Fischteiche. Sie sind fast undurchdringlich und schtzen die Tiere vollkommen. Wenn im Winter der Wasserstand in den Seen verringert wird (zum Abfischen), kann man manchmal eine Schilfburg mitten im See sehen, bis zu 2 Meter ber den Kpfen der Menschen auf dem Grund des Sees. Das sind die Ruhe- und Wurfpltze der Wildschweine. Die Frischlinge mssen also zuerst schwimmen, bevor sie festes Land erreichen. Doch so sind sie am wenigsten gestrt. Auch den seltenen Fischotter hat man hier wieder gesehen. ber unseren Kpfen streicht ein Steppenadler davon auf der Suche nach Beute, wahrscheinlich Zieseln, diesen kleinen Nagetieren, die mit den amerikanischen Prairiehunden verwandt sind, und so wie diese in unterirdischen Kolonien leben.

Unser Ritt fhrt uns nun wieder vom Damm hinunter auf die Ebene, die ersten Hindernisse sind schon zu sehen und wir nehmen sie im Galopp. Die sogenannte Jagd wird mehr ein Erkundungsritt, die meiste Zeit reiten wir Schritt, was CSILLA keine Freude bereitet. Ungeduldig knirscht sie mit den Zhnen, doch mssen wir uns zurckhalten. Man hat mir sowieso zu verstehen gegeben, da, wenn am Ende des Rittes auf der Rennstrecke der Sieger des Tages und damit Gewinner des Fuchsschwanzes ermittelt wird, ich mein Pferd zurckzuhalten habe. Auf keinen Fall darf ein Reiter des Gestts gewinnen und ich schon gleich garnicht! Tolles Gemauschel!

Mittags erreichen wir einen kleinen Wald, an dessen Rand sich ein alter Hof befindet. Dorthin hat ein Auto unser kaltes Mittagsmahl gebracht. Die Pferde drfen sich verschnaufen – von was? und wir langen krftig zu. Es gibt schon wieder Schnaps, die meisten bedienen sich ausgiebig. Ich gehe mit CSILLA etwas abseits zu einem Baumstamm, der am Boden liegt und setze mich darauf, mein Pferd knabbert an etwas Gras, das daneben wchst. Die Unterhaltung der anderen dreht sich um Dinge des Staatsgutes oder der Berufsreiterei, ich bin sowieso nur Aussenseiter in dieser Clique. Doch macht es mir nichts aus, der Ritt allein zhlt.

Spter sitzen wir wieder auf und reiten auf einer anderen Strecke zurck. Dabei kommen wir auf die Gebiete der Graurinder und Pferde, deren Herden den Gsten vorgefhrt werden, sowie der Zackelschafe. Die Pferdehirten zeigen uns ihre Vorfhrung, dann nehmen wir Richtung auf das Gestt. Eine gerade Strecke ist rechts und links mit Fhnchen abgegrenzt, das ist die Rennbahn. Wir nehmen Aufstellung und auf ein Zeichen des Chefs geht es los. CSILLA hat sich so lange zurckhalten mssen, sie geht im Renngalopp ab, zurckhalten lt sie sich nicht, ich habe auch ehrlich gesagt keine Lust dazu. Kopf an Kopf fliegen wir mit einem anderen Reiter dahin, dieser hat den Vollbluthengst des Gestts unter sich, gegen den sind wir wohl machtlos. Aber der Hengst will nicht so, wie sein Reiter und er bricht kurz vor dem Ziel aus und geht neben der Flagge ber die Linie. CSILLA ist somit an sich Erste geworden, das Gesicht meines Chefs mchte ich jetzt nicht sehen, denn alle anderen kommen erst jetzt langsam ins Ziel. Aber statt uns den Fuchsschwanz zu berreichen, wird der Reiter des Vollblters zum Sieger erklrt, auch wenn jeder gesehen hat, da er neben der Ziellinie eingelaufen ist. Was soll’s! Auf jeden Fall gratuliert mir Herr Dallos beim anschliessenden Abschiedstrunk zu meiner tollen Stute, der Lob aus solchem Mund lt mich die Unannehmlichkeiten der letzten Stunden vergessen.

Die Gste verlassen das Gestt, ich schaue nach meiner Stute, die im Mietstall Unterkunft gefunden hat, und reite gemtlich nach Hause.

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1. Mai 1990

Diana

1.Mrz 1991

Morg

Abreise 2.Mrz 1991

Februar 1992

Unfall

Hengstfohlen

Juni 1992 Tod von Csilla

4. Kapitel

SISSI – REALBONNE

Kauf

Verlust des Fohlens

Ritt im Schnee

5. Kapitel

TROLL

 

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