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DIANAS TRAUM 6

ber Nacht hatte es heftig geschneit. Als Diana im ersten Licht des neuen Morgens aus dem kleinen Fenster schaute, bot sich ihr ein wunderbarer Anblick. Die dunklen Tannen trugen weie Hubchen auf ihren dichten Zweigen und im Schnee auf der Lichtung war ein Gewirr von Spuren zu sehen, welche die Tiere hinterlassen hatten, die im Schutze der Nacht dort bergewechselt waren. Jetzt war es an der Zeit, mit Pfeil und Bogen auf die Jagd zu gehen! Diana hatte zu diesem Zweck extra ein weies bergewand mitgebracht, zur besseren Tarnung im Schnee. Die Wildschweine konnten nun anhand ihrer Fhrten ausfindig gemacht werden. In aller Eile weckte sie ihre Begleiter, die sich ebenso freuten, wie sie, da es geschneit hatte. Als sie in die Klte hinaustraten gefror ihnen der Atem, so kalt war es. Trotzdem gelangten sie bald zu der als Ansitz auserkorenen Stelle. Diana nahm nach einigen Vorsichtsmanahmen ihren Platz ein, die beiden Begleiter entfernten sich ein wenig, hatten aber von ihrem Standplatz aus einen freien Blick zu der jungen Jgerin. Lange, lange Zeit geschah nicht das Geringste, bis dann pltzlich ein paar berlufer aus dem Dickicht hervorkamen. Vorsichtig schauten sie sich auf der kleinen Lichtung um, sicherten in alle Richtungen, konnten aber nichts Gefhrliches entdecken. Diana wartete mit gespanntem Bogen und angehaltenem Atem auf eine gute Gelegenheit zum Schu. Noch waren die Schwarzkittel zu weit entfernt, um einen sicheren Schu abgeben zu knnen, denn die beste Distanz liegt bei knappen 10-15 Metern. Endlich aber kam einer der berlufer in seiner Neugierde auf Schuweite heran. Diana lie den Pfeil fliegen, ein dumpfer Schlag zeigte ihr den Treffer an, welcher das Tier an einer empfindlichen Stelle getroffen haben mute, denn nach nur wenigen Sprngen brach es zusammen. Die anderen Wildschweine hatten das leise Zischen des Pfeiles nicht als Gefahr wahrgenommen, erst als der berlufer zusammenbrach, gingen sie in stiller Flucht ab. Diana wartete noch einige Zeit, dann begab sie sich mit den inzwischen hinzugekommenen Brdern zu ihrer Beute.

"Weidmannsheil, Diana!" beglckwnschten sie die beiden Jger und

"Weidmannsdank!" dankte ihnen Diana, whrend sie sich zu dem erlegten Tier niederbeugte. Pl suchte einen kleinen Zweig, welchen er in den roten Schwei des berlufers tauchte und diesen Bruch dann Diana berreichte, die ihn sich dankend an den Hut steckte.

"Das war ein schner, weidgerechter Schu!" freute sich Pl mit der Schtzin. "Ich war noch nie auf einer Jagd mit Pfeil und Bogen dabei, ich mu sagen, das Ganze hat mich sehr beeindruckt!" Diana wehrte lchelnd dieses Lob ab.

"Das war heute keine so schwere Aufgabe! Aber du mut einmal dabeisein, wenn es auf Hirsche oder Rehbcke geht! Da ist Tarnung das A und O der ganzen Sache und natrlich das gekonnte Anpirschen. Ich habe schon einmal fr ein paar Meter, die mich in Schuweite brachten, mehrere Stunden gebraucht! Auf dem Bauch im Gras liegend und immer versuchend, so geruschlos wie mglich und so unauffllig wie ntig mit dem Bogen mich dem Bock zu nhern! DAS ist wahre Jagd!" Der junge Mann schttelte zweifelnd den Kopf und schaute der hbschen jungen Frau in ihr vor Freude strahlendes Gesicht.

"Willst du damit sagen, da du dich auch so anmalst, wie man es in manchen Kriegsfilmen sieht?"

"Natrlich! Je weniger das Tier mich als menschliches Wesen erkennen kann, desto besser stehen meine Chancen. Ich habe immer einen Kasten mit Farben bei mir, wenn ich mit dem Bogen auf die Jagd gehe. Heute war es aber nicht ntig, denn der weie Umhang mit der Kapuze, die ich mir ber mein Gesicht ziehen konnte, gaben mir genug Tarnung in der schneeweien Landschaft."

"Macht es dir denn nichts aus, dich so zu "verunstalten"? Ich meine, Frauen schminken sich zwar, aber doch nur, um noch hbscher als sonst auszusehen!" grinste der junge Mann. Diana aber schttelte den Kopf, da ihre Locken stoben.

"Du wirfst hier zwei ganz und gar verschiedene Sachen in einen Topf. Natrlich schminke ich mich ein wenig, wenn ich einmal ausgehe oder an einer Veranstaltung teilnehme, denn auch in mir lebt die weibliche Eitelkeit, wenn auch nicht so ausgeprgt, wie bei manchen anderen Frauen. Die Jagd ist aber eine ganz andere Sache! Da werde ich wieder zu einem Mensch in seiner ursprnglichsten Form, welcher versucht, sich seinem Beutetier so unauffllig wie mglich zu nhern und dem jede Mglichkeit zur Tarnung recht sein mu. Deshalb bevorzuge ich auch seit einiger Zeit die Bogenjagd, sie bietet dem Wild eine grere Chance und ist eine weitaus hhere Anforderung an den Jger. Er mu weit mehr, als bei der Jagd mit dem Gewehr, die Lebens- und Verhaltensweisen des Wildes kennen, sich den Gegebenheiten des Gelndes anpassen knnen, Geduld und Erfahrung in sich vereinen. Mit dem Gewehr sind wir den Wild berlegen, mit Pfeil und Bogen hat es alle Vorteile auf seiner Seite." Nach dieser langen Rede machte sich die erfolgreiche Jgerin daran, das Wild mit Hilfe der beiden Brder fachgerecht zu versorgen. Als sie die Arbeit beendet hatten, begaben sie sich auf den Rckweg zur Htte.

In der Ferne heulten Wlfe, es war Vollmond und die Meute hatte sicherlich auch Hunger. In dieser Gegend kam es nicht selten vor, da Wlfe in die Hrden der Schafe eindrangen und ein Stck nach dem anderen rissen, bis sie ihren Hunger gestillt hatten. Und auch von Bren wuten die Menschen hier oben zu berichten, die nicht nur Schafe oder Rinder, sondern auch deren Hirten gettet hatten, um an frische Nahrung zu gelangen. Zwar war Meister Petz ansonsten mehr ein Aas- oder Pflanzenfresser, doch wenn der Hunger ihn trieb, dann konnte er sich zum gefhrlichen Beutereier entwickeln. Diana hatte oft den Erzhlungen ihres Vaters gelauscht, wenn dieser von seinen Jagden auf den Braunbr der Karpaten berichtete. Oft war das kluge und vorsichtige Tier seinen Nachstellungen entgangen, aber wenn Hungerzeiten herrschten, dann konnte der Br oft, aber trotzdem nicht leicht, am Kadaver von Pferden oder Rindern geschossen werden. Und dann gab es Geschichten von Brenangriffen, die einem die Haare zu Berge stehen lieen. Dianas Vater hatte einige Jger und Hirten gekannt, die ihr Leben oder ihre Gesundheit im Kampf mit diesen mchtigen Raubtieren verloren hatten. Und selbst Gbor bcsi trug die Spuren eines solchen Kampfes an seinem Krper. War er doch einst, als junger Bursche, so unvorsichtig gewesen, ungewollt Meister Petz in seiner Winterruhe im Schutze eines umgestrzten Baumes zu stren. Der Br war keineswegs schon im Tiefschlaf und attackierte mit erstaunlicher Geschwindigkeit den jungen Frster. Dieser, zu berrascht von der Gegenwart des Tieres an einem solchen Platz, hatte keine Zeit mehr, um zu reagieren. Das wtende Raubtier griff ihn mit weit aufgerissenem Rachen an, er wurde von der Gewalt des krftigen Tatzenschlages zu Boden geworfen und blieb dort, zu seinem Glck, reglos liegen. Das Tier versetzte ihm noch ein paar Prankenhiebe, trotte dann aber davon. Aus tiefen Wunden blutend und noch immer benommen, kroch der junge Mann auf allen vieren bis zu einer Wegkreuzung, die, wie er wute, hufig um diese Zeit von Holzfllern benutzt wurde. Und zu seiner groen Erleichterung hrte er bald darauf die Glocken der Pferdekutsche. Die Holzfller brachten den Verletzten bis zum nchsten Dorf, wo der Arzt ihn zu seinem Glck fachgerecht behandelte. Von dem Abenteuer blieben dem Mann als sichtbare Spuren nur die tiefen Narben der von den Klauen gerissenen Wunden zurck und eine Furcht in seinem Innern, die ihn jedoch nicht davor zurckschrecken lie, weiterhin den Bren zu jagen, sondern ihn nur um vieles vorsichtiger und umschauender sein lie, als er es vorher je gewesen war.

Am nchsten Tag kreuzten sie pltzlich unverhofft eine menschliche Fhrte im tiefen Schnee.

"Was hat das denn zu bedeuten?" wollte Diana von ihren Begleitern wissen. "Wer luft hier oben ganz alleine in der Gegend umher?"

"Wir haben nicht die geringste Ahnung, wer das sein knnte." meinte Pl und sein Bruder nickte zustimmend. "Hier kommt kein Holzfller hin und schon gar nicht alleine. Und selbstverstndlich auch kein Jger, da dieses Revier ausschlielich unter unserer Aufsicht steht.

"Und ein Wilderer?" warf Diana ein, sich furchtsam umblickend, denn sie kannte nur zu gut den alten Grundsatz der Wildschtzen: Schie zuerst und ziele gut, sonst bist du tot! Doch ihre Begleiter konnten sie beruhigen.

"Hier oben ist kein guter Platz fr Wilderer, sie sind zu sehr der Entdeckung ausgesetzt und auerdem gibt es nur wenig Wild hier, welches sie interessieren knnte. Nein, die Wilderer bevorzugen die dichten Wlder, wo sie sich gut verstecken knnen und es um so mehr jagdbares Wild gibt."

"Na schn, ich will euch gerne glauben, schlielich seid ihr hier zuhause." warf Diana ein. "Aber dann sagt mir doch bitte auch, was fr eine rtselhafte Person dies sein knnte, die hier ihre Spuren im Schnee hinterlassen hat." Doch darauf wuten die beiden Jger auch keine Antwort. Man kam berein, der Spur nicht zu folgen, sondern weiter auf der vorher festgelegten Route zu pirschen. Nach einiger Zeit hatte Diana die rtselhaften Eindrcke fast vergessen, als sie die Fhrte eines starken Gamsbockes sahen.

"Den darfst du aber nicht schieen." wies sie Pter an.

"Das macht nichts," meinte die junge Frau. "Ich mchte ihn aber gerne einmal sehen!"

"OK, dann komm mit, ich glaube, ich wei, wie wir ihn unter dem Wind angehen knnen." flsterte Pl und schritt vorsichtig voran. Auf dem verschneiten Gelnde muten sie jeden Handbreit Boden erst genau prfen, ehe sie ihren Fu dort aufsetzten. Oft kam es vor, da der Schnee pltzlich nachgab und eine Spalte sich vor ihnen ffnete. Zum Glck kannten die beiden heimischen Jger das Gelnde genau und konnten so die gefhrlichsten Stellen vermeiden. Im Eifer des Gefechtes wren sie fast an der menschlichen Spur vorbeigegangen, die sich vor ihnen in den Hang hineinzog. Doch den scharfen Augen Pters entging so leicht nichts.

"Na da soll doch gleich....!" rief er leise aus. "Der Kerl ist jetzt genau vor uns. Hinter der nchsten Felskante haben entweder wir ihn im Visier oder er uns. Ich glaube, es ist besser, ihr bleibt hier zurck, bis ich mir die Sache einmal genauer angeschaut habe." wies er seinen Bruder und Diana an. Diese blieben auch sofort stehen und sahen, wie der junge Mann sich vorsichtig, Schritt fr Schritt der Felsnase nhrte. Mit angehaltenem Atem folgten sie mit den Augen jeder seiner vorsichtigen Bewegungen, bis er aus ihrem Blickfeld entschwand. Immer in Erwartung eines Schusses wagten sie nicht, sich zu bewegen. Nach einer schier endlos erscheinenden Zeitspanne hrten sie die leise Stimme Pters.

"Alles in Ordnung, ihr knnt kommen!" Als sie um die Ecke bogen, sahen sie den Jger mit dem Fernglas vor den Augen eine Gestalt beobachten, die sich Richtung Tal entfernte.

"Da luft der Kerl - und die Gams hat er uns auch verschreckt!" rief Pl, als er das typische Pfeifen hrte, gefolgt vom Klang den Steilhang hinunter rollender Steine.

"Wer ist das und weshalb steigt er hier herum?" fragte Diana noch einmal. "Ist das berhaupt ein Einheimischer?" Irgend etwas in den Bewegungen des Unbekannten schien ihr familir zu sein. Whrend sie noch darber nachgrbelte, wo sie den Mann schon einmal gesehen haben knnte, machte dieser eine kleine Geste mit der Hand zu seinem Hut - und da wute sie es: Der Mann dort unten, der hier so allein in der Wildnis umherlief war - ihr Stiefvater!

"Mein Gott!" entfuhr es ihr. "Das ist mein Stiefvater!" Eine unbestimmte Vorahnung von einer unbekannten, groen Gefahr beschlich sie, denn sie erinnerte sich pltzlich an ihren Traum, die Rettung des geliebten Mannes vor ihrem Stiefvater und die Warnung des Prinzen an sie, da auch sie ihn Gefahr schwebe. Zwar konnte sie sich nicht vorstellen, warum der Stiefvater ihr Unheil zufgen wolle, doch verlie sie sich hierbei ganz auf ihr Gefhl und das Vertrauen in Prinz Philipp, der seine Warnung sicher nicht ohne Grund ausgesprochen hatte.

"Lat uns umkehren!" bat sie ihre Begleiter. "Ich wei nicht, was mein Stiefvater hier zu suchen hat, aber ich habe so eine Ahnung, da es nichts Gutes ist. Bitte bringt mich zur Htte zurck. Heute ist sowieso der letzte Jagdtag, morgen frh holt mich euer Vater mit dem Wagen ab, da halte ich es fr besser und sicherer, den Rest des Tages in der Htte zu verbringen und morgens frh ins Basislager zurckzukehren." Die beiden jungen Mnner zuckten die Achseln.

"Wenn du meinst, da es notwendig ist, dann machen wir uns an den Abstieg!"

"Es tut mir leid, wenn ich euch den Tag verderbe, aber ich glaube, da es so besser ist."

"Du bist der Jagdgast und verdirbst uns keineswegs den Tag!" bekrftigte Pl. "Da die Gams sowieso fr heute verloren ist, knnen wir sowieso nichts Besseres tun, als zurckzukehren."

"Danke euch!" rief die junge Frau, dann machten sie sich an den schwierigen Abstieg.

In der Nacht heulten wieder die Wlfe in der Ferne und ein starker Sturm strich um die Blockhtte. Armdicke ste wurden von den sich bedrohlich biegenden Bumen abgerissen und einer landete sogar mit einem groen Krach auf dem Dach der Htte. Dort schlief Diana trotz dem Toben der Gewalten drauen den Schlaf der Gerechten. Dem seligen Lcheln nach, welches sich auf ihrem friedlichen Gesicht abzeichnete, war sie in ihren Trumen weit weg von dieser unwirtlichen und gefhrlichen Welt. Am nchsten Morgen standen sie alle frh auf, um den Abstieg zum Basislager in Angriff zu nehmen. Nach einem kalten Frhstck und mit am Vorabend zubereitetem Kaffee aus der Thermoskanne, um den Herd nicht noch einmal anheizen zu mssen, verschlo Pl die Htte. Diana warf noch einen letzten Blick auf die sich hoch ber ihren Kpfen auftrmenden Berge, dann konzentrierte sie sich ganz darauf, ihren Fhrern auf dem beschwerlichen Pfad zu folgen. Ihre Gedanken kreisten jedoch bald um die Erlebnisse der letzten Tage und das unvorhergesehene Auftauchen ihres Stiefvaters. Hatte sein Erscheinen gerade jetzt und hier etwas mit ihr zu tun? War sie in Gefahr, so wie es Prinz Philippe gewesen war? Und wenn ja, was war der Grund fr ihren Stiefvater, ihnen Bses zufgen zu wollen? Die junge Frau konnte das Rtsel jedoch nicht lsen. So erreichten sie am spten Nachmittag die groe Htte. Hier unten war der Schnee nicht liegengeblieben.

"Uff, geschafft!" seufzte Diana unter der Last ihres Rucksackes. "Noch eine Nacht hier drauen, dann endlich komme ich wieder in den Genu der Zivilisation."

"Wie zum Beispiel ein warmes Bad!" lachte Pter. "Ja, das wnsche ich mir auch sehnlichst herbei."

"Aber jetzt gibt es erst einmal ein tolles Abendessen!" versprach Pl. Sie legten ihre Sachen in einer Ecke des Blockhauses ab, dann begannen die beiden jungen Mnner mit den Vorbereitungen. Schnell war ein groes Feuer im Ofen angefacht und schon bald brutzelte der hausgemachte Speck in der groen, gueisernen Pfanne.

"Ich hatte gar nicht gewut, wie hungrig ich bin." meinte Diana von ihrer Bettstatt aus, wo sie sich gemtlich ausgestreckt hatte. "Und Specknudeln waren schon immer eines meiner Lieblingsgerichte!"

"Da du uns aber nicht alles alleine aufit!" scherzte Pl. "Wir haben auch einen Riesenhunger!" Bald stand die Pfanne mit ihrem dampfenden Inhalt auf dem groen Holztisch und die drei Jger bedienten sich reichlich. Dazu gab es heien Hagebuttentee und fr die Mnner ein Glas Pflaumenschnaps. Danach begaben sich alle schlafen. Die Nacht verging ohne Strungen und Diana konnte sich endlich einmal ausschlafen, da die Ankunft des Frsters erst fr den spten Vormittag geplant war. Nach einem schnellen Frhstck machten sich die beiden Mnner daran, die Trophen fr den Transport vorzubereiten und Diana rumte die Unterkunft auf. Danach verabschiedeten sich Pter und Pl von der jungen Frau.

"Wir gehen zu Fu ins nchste Revier, um dort nach dem Rechten zu sehen!" meinte Pl, als er Diana herzlich an sich drckte. "Mach's gut und la dich bald wieder einmal bei uns sehen!"

"Es hat wirklich viel Freude gemacht, mit dir zu jagen!" bekrftigte auch Pter und drckte der jungen Frau zwei Ksse auf die Wangen. "Du hast deinem Vater alle Ehre gemacht!"

"Herzlichen Dank euch beiden!" schluckte Diana, der Trnen die Kehle zuschnrten. "Ihr wart sehr angenehme Begleiter und ich werde diese Tage nie in meinem Leben vergessen! Sicherlich werde ich euch wieder besuchen, doch zuerst ist es an euch, mir einen Besuch abzustatten. Zwar kann ich euch keine Jagdmglichkeit bieten, aber dafr eine schne und erlebnisreiche Zeit in der Puszta."

"Wir werden von deinem Angebot sicher Gebrauch machen!" meinte Pl. "Auch wenn es fr uns nicht so leicht ist, nach Ungarn zu reisen." Dann umarmten sie noch einmal die junge Frau, bevor sie, die Gewehre ber der Schulter und die schweren Ruckscke wie leichte Daunendecken auf dem Rcken, ber die Lichtung im dunklen Wald verschwanden. Bald darauf hrte Diana in der Ferne den Motor des schweren Gelndewagens, der sich langsam den Berg hinaufarbeitete. Kurze Zeit spter tauchte ihr Auto mit dem Frster am Steuer auf der Lichtung auf.

"Gbor bcsi!" rief Diana aus und begrte den Mann strmisch, als dieser aus dem Wagen stieg.

"Na, wie ist die Jagd abgelaufen, mein Kind?" wollte dieser wissen.

"Genauso, wie ich es erwartet und erhofft hatte! Schau nur, hier ist meine Ausbeute." Damit zeigte die junge Frau auf die Trophen, die neben ihrem Rucksack an der Httenwand lagen. "Fr die Leute hier mag es minderwertige Ausschuware sein, fr mich sind es die schnsten Trophen meines Lebens."

"Es freut mich, da du zufrieden bist!" meinte der Frster. "Komm, la uns einpacken, Juliska nni wartet schon mit dem Mittagessen auf uns." Diana nickte und wollte eben zum Haus zurckgehen, um ihren Rucksack zu holen, als ein Aufschrei des Frsters sie innehalten lie.

"Diana pa auf!" Instinktiv drehte sie sich in die Richtung des Mannes und gewahrte so nicht den Mann, der im Schatten der Bume, das Gewehr im Anschlag, auf sie zielte.

"Was ist denn, Gbor bcsi?" fragte sie, als sie mit vor Verwunderung weit aufgerissenen Augen sah, wie dieser mit einer schier unwahrscheinlichen Geschicklichkeit sein Gewehr in Schuposition brachte und auf etwas hinter ihrem Rcken zielte. Blitzschnell warf sie sich zur Seite, um nicht durch seinen Schu verletzt zu werden, als mit einem lauten Krach seine Bchse losging, zur selben Zeit war aber noch eine Detonation zu hren, die aus dem Gewehr des Fremden kam. Fast gleichzeitig hrte sie zwei Aufschreie und mute entsetzt und hilflos mit ansehen, wie der Frster langsam in die Knie sank, seine Hand auf die Brust gepret. Endlich erwachte sie aus ihrer Versteinerung und rannte auf den am Boden liegenden Frster zu.

"Gbor bcsi! Was ist geschehen? Bist du getroffen?" schrie sie fast hysterisch, als sie sich zu dem Mann herabbeugte und in seine vor Schmerz und Unverstndnis weit aufgerissenen Augen blickte. "Gbor bcsi, so antworte mir doch!" bat sie, nein flehte sie. Doch der Mann reagierte nicht.

"Oh, mein Gott, so hilf mir doch!" schickte sie ein Stogebet zum Himmel und Gott schien sie zu erhren, denn sie hrte eilige Schritte in ihrer Nhe und zwei erschreckte Ausrufe. Als sie aufblickte, standen Pter und Pl auer Atem neben ihr und schauten fassungslos auf ihren am Boden liegenden Vater.

"Lieber Himmel, was ist hier geschehen!" rief Pl entsetzt aus. "Wir haben Schsse gehrt und sind sofort umgekehrt."

"Ich wei nicht, was geschehen ist!" schluchzte Diana, am Ende ihrer Selbstbeherrschung. "Euer Vater rief mir zu, mich in Acht zu nehmen, dann fielen zwei Schsse. Ich wei aber nicht, ob er getroffen wurde, er sank zu Boden, aber ich habe kein Blut gesehen."

"Und der andere Schtze?" wollte Pl wissen, bevor er vorsichtig seinen Vater untersuchte. Doch bevor Diana noch antworten konnte, entfuhr ein Seufzer der Erleichterung der Kehle des jungen Mannes. "Er lebt! Ist aber ohne Bewutsein! Wir mssen ihn sofort ins Krankenhaus bringen!"

"Ich werde fahren!" bestimmte Pter. "Diana ist dazu viel zu aufgeregt - und du bleibst hier und suchst nach dem anderen Schtzen!" befahl er seinem Bruder, der verstndnisvoll nickte.

"Selbstverstndlich! Beeilt euch, seid aber trotzdem vorsichtig!" Dann trugen sie ihren Vater zum Auto und legten ihn vorsichtig auf die hintere Bank, Diana nahm auf dem Beifahrersitz Platz und Pter setzte sich hinters Steuer. Der schwere Wagen fuhr mit brummendem Motor ab. Pl betete, da sie den Vater noch rechtzeitig ins Krankenhaus wrden bringen knnen. Doch dann wandten sich seine Gedanken dem Schtzen zu, der dieses ganze Unglck verursacht hatte. Nach einer kurzen Untersuchung der Lichtung begann er mit dem Durchforsten des Unterholzes. Schon ein paar Augenblicke spter hatte er die Stelle gefunden, an welcher der Fremde gestanden hatte. Abgebrochene ste und eine deutliche Spur zeigten, da der Platz sorgfltig vorbereitet worden war, um eine freie Schubahn auf den Platz vor dem Blockhaus zu erhalten.

"Der Kerl hat alles genau geplant!" entfuhr es dem jungen Mann. "Aber warum? Und war es wirklich mein Vater, den er treffen wollte?" Bei genauer Nachsuche fand Pl am Boden die Patronenhlse und steckte sie vorsichtig in die Tasche.

"Ein hbsches Beweisstck, nur mte man vorher noch die Waffe finden, aus der sie abgeschossen wurde!" murmelte er vor sich hin. Dann lie etwas seine Augen fast freudig aufleuchten. Mit den Fingerspitzen betastete er vorsichtig einen dunklen Fleck auf einem groen Blatt.

"Blut!" staunte er. "Der Kerl ist also auch getroffen!" Mit neuer Hoffnung verdoppelte er den Eifer seiner Suche. Auf einer aufgeweichten Stelle im Boden sah er die Eindrcke der schweren Bergschuhe des Unbekannten und erkannte ohne Schwierigkeit darin die Abdrcke, die sie einige Zeit vorher auf der Gamspirsch angetroffen hatten.

"Oh du lieber Himmel! Der Stiefvater Dianas!" Ein schrecklicher Verdacht keimte in ihm auf: Sollte das auserkorene Opfer etwa die junge Frau gewesen sein? Aber warum? Aber hatte ihnen Diana nicht von ihrer Vorahnung berichtet? Ihrem Gefhl, da etwas Bses von ihrem Stiefvater ausginge? Er schttelte unglubig den Kopf und suchte nach weiteren Spuren. Vorsichtig nherte er sich einer Dickung, in welcher die Fuabdrcke verschwanden. Er war sich bewut, da ein verletzter Mrder bei Weitem gefhrlicher war, als ein angeschossenes Wildschwein, da die Reaktion des Tieres weitaus vorhersehbarer war, als die eines in die Enge getriebenen Verbrechers. Nichtsdestotrotz wagte er sich Schritt fr Schritt in das Gewirr von jungen Bumen und dichtem Unterbewuchs. Von Zeit zu Zeit hielt er an und lauschte in die Stille. Seine Ausdauer wurde belohnt, als er nicht weit von sich entfernt zu seiner Rechten den stoweisen Atem des Verfolgten und ein leises Sthnen wahrnahm. Er verdoppelte nun seine Vorsicht und kroch auf allen vieren voran. Als er seiner Berechnung nach nicht mehr weit von dem Mann entfernt sein konnte, schob er die dichten Pflanzen millimeterweise auseinander, um durch eine vom menschlichen Auge fast nicht mehr wahrnehmbare kleine ffnung hindurchzusphen. Und wirklich: dort lag der Mann zwischen den Gewchsen auf dem Boden und versuchte, ohne groen Erfolg, die Blutung einer Wunde an seiner linken Seite zu stillen. Seine Kleidung war schon vom Blut dunkel gefrbt und er schien groe Schmerzen zu haben. Pltzlich zuckte er mit einem leisen Aufschrei zusammen und verlor das Bewutsein. Dieses Moment whlte Pl, um aus seinem Versteck hervorzukommen. Mit einer schnellen Bewegung brachte er die Waffe des Mannes an sich, die zu dessen Fen lag, dann band er ihm mit dem Gewehrriemen die Hnde und Fe zusammen bevor er die Wunde untersuchte. Sein gebtes Auge erkannte sofort, da es hier keine Hilfe mehr gab. Der Mann wrde innerhalb krzester Zeit an seinen inneren Blutungen sterben. Pl entschlo sich, alles zu versuchen, um den Mann noch einmal zu Bewutsein zu bringen, vielleicht knnte er noch Aufschlsse ber das Verbrechen erhalten. Aus seiner Brusttasche holte er die kleine Flasche mit Pflaumenschnaps hervor und zwngte sie dem Mann zwischen die Lippen. Dieser schluckte den scharfen Alkohol und begann zu husten. Pl hielt ihm den Kopf und sah zufrieden, da der Mann etwas zu sich kam. Mit einem Ausdruck puren Entsetzens in den Augen schaute der Sterbende auf den jungen Jger. Dieser begann sofort seine Fragen zu stellen, wohl wissend, da ihm nicht mehr viel Zeit verblieb.

"Warum haben Sie auf meinen Vater geschossen?" wollte er mit schneidender Stimme wissen. Der Mann schttelte leicht den Kopf und verzog sogleich das Gesicht vor Schmerzen.

"Nicht der Frster," flsterte er schwach. "Die Jgerin!" Pl lief es kalt den Rcken hinunter.

"Sie wollten ihre eigene Stieftochter tten?" entfuhr es ihm. "Warum?" Zuerst wollte der Mann nicht antworten, doch Pl erklrte ihm kalt:

"Sie sind auf jeden Fall ein toter Mann, die Verletzung ist tdlich. Erleichtern Sie jedoch ihr Gewissen, bevor es zu spt ist, denn lebend gehen Sie von hier nicht mehr fort." Der Mann krmmte sich wieder vor Schmerzen, bevor er mit ersterbender Stimme hauchte:

"Ich habe schon ihren Vater gettet, um endlich die Frau heiraten zu knnen, nach der mir schon so lange der Sinn stand. Zuerst lief auch alles nach Wunsch, doch in letzter Zeit geriet meine Ehe immer mehr in Schwierigkeiten und auch finanziell lief nicht alles nach Wunsch. Und um an Geld zu kommen, bevor mich meine Frau eventuell verlassen wrde, mute sie ihre Tochter beerben......." Pl erschauerte vor so viel Verderbtheit und Kaltbltigkeit. Dann kam ihm ein Gedanke.

"Aber wenn Ihre Frau erben wrde und sie dann sich scheiden lassen wrde, htten Sie niemals das Geld erhalten?" Der Mann nickte leicht.

"Fr den Fall hatte ich schon vorgeplant..." hauchte er fast unhrbar. Und Pl verstand: Die Frau htte nicht lange genug gelebt, um sich scheiden zu lassen. Und der untrstliche Witwer htte sich mit dem Geld in ein fernes Land abgesetzt! Welche Abgrnde menschlichen Seins taten sich hier auf! Und was hatte es mit dem Tod von Dianas Vater auf sich? Der Mann hier hatte soeben zugegeben, auch diesen Tod verschuldet zu haben. Pl war damals zu jung gewesen, um sich heute an alle Einzelheiten zu erinnern, doch war der Tod immer als Jagdunfall deklariert gewesen. War Dianas Vater nicht whrend einer Gamspirsch auf den kahlen Matten ausgerutscht und ber die Kante viele Meter in die Tiefe gestrzt? Sicher, keiner seiner Begleiter war damals in Sichtweite gewesen, sie hatten nur seinen Angstschrei vernommen und das Gerusch herabfallender Steine. Als sie am Unglcksort angelangt waren, hatten sie nur den zerschmetterten Krper von Dianas Vater gefunden, natrlich aber nicht daran gedacht, nach eventuellen anderen Spuren zu suchen. Heute nun erhielt der ganze Hergang eine andere Deutung.

"Haben Sie Dianas Vater in den Abgrund gestoen?" fragte der junge Mann fast atemlos und schauderte schon im voraus in Erwartung der Antwort.

"Ja!" nickte der Mann. "Das war mein bester Coup! Und kein Mensch hat jemals den kleinsten Zweifel am Hergang des Unglcks gehabt! Ich trstete die Witwe und nahm sie mit nach Frankreich, wo sie endlich einwilligte, mich zu ehelichen! Genial, nicht?" Pl fand auf so viel Verderbtheit keine Antwort, umklammerte nur mit fast weien Kncheln seine Waffe, kmpfte gegen die starke Versuchung an, diese jeglicher menschlicher Regung baren Kreatur seine Kugel in den Kopf zu jagen. Nur das Wissen, da die Minuten dieser Bestie gezhlt waren, hielt ihn davon ab, die Bchse zu benutzen. Der Mann war wieder bewutlos geworden und Pl hatte Gelegenheit, ber das Gehrte nachzudenken. Sollte sein Vater diesen Tag nicht berleben, so hatte er wenigstens die Gewiheit, die Menschheit von diesem Ungeheuer befreit zu haben und sein Leben zur Rettung Dianas gegeben zu haben. Aber was wrde die junge Frau zu diesen Enthllungen sagen? Sein Blick fiel wieder auf den Sterbenden, dessen bleiches Gesicht auf ein nahes Ende schlieen lie. Nach einiger Zeit bumte sich der Krper des Mannes kurz auf, bevor er tot zwischen die Pflanzen zurcksank. Pl atmete tief auf, war die Welt doch von einem gefhrlichen Menschen erlst worden. Er nahm die Waffe des Toten an sich, eine kurze Untersuchung seiner Kleidung frderte keine weiteren persnlichen Gegenstnde zutage, der Mann war sehr vorsichtig gewesen, dann machte er sich auf den Weg nach Hause, um die Mutter aufzusuchen, die sicher schon in grter Sorge um sie alle war. Als der junge Mann jedoch im Forsthaus eintraf, war dieses zugeschlossen und ein Zettel an der Tr befestigt, auf welchem in zitteriger Handschrift der Mutter nur so viel stand:

Bin ins Krankenhaus mitgefahren

Pl brachte seine Sachen ins Haus, duschte sich grndlich, zog neue Sachen an und nahm den Schlssel fr das kleine, alte Auto seiner Eltern von dem Haken neben der Eingangstr. Zwar hatte er noch nicht oft einen Wagen selbst gelenkt, doch war die Angst um seinen Vater strker als alle Furcht vor dem Auto. Vorsichtig steuerte er auf dem Waldweg bis zur Strae, dann hatte er sich soweit an das Fahrverhalten gewhnt, da er in etwas schnellerem Tempo Richtung Stadt fahren konnte. Die Zeit schien trotzdem wie im Schneckentempo zu vergehen, bis er endlich auf den Parkplatz vor dem Krankenhaus anlangte. Aber die Ansicht des alten und abweisenden Gebudes, von dessen Auenwnden zum groen Teil der Putz schon abgefallen war, rief keine Erleichterung bei dem jungen Mann hervor, wute er doch sehr genau, da das Innere des Krankenhauses dem ueren glich. Die rzte hier muten mit einer Ausstattung behandeln, wie sie in anderen Lndern vor dem Krieg zu finden gewesen war. Medikamente waren Mangelware, gut ausgebildetes Personal ebenso, von der Hygiene ganz zu schweigen. Pl erkundigte sich bei einer Schwester nach seinem Vater, diese zuckte jedoch nur mit den Achseln.

"Da mssen Sie schon warten, bis der Oberarzt frei ist." wies sie ihn zurecht. "Aber Sie knnen ja dort hinten im Besucherzimmer Platz nehmen, da sind auch schon mehrere andere, die auf Nachricht hoffen." Damit zeigte sie auf eine Tr, deren ehemals grne Farbe bis auf wenige Stellen abgeblttert war und verschwand nicht eben eiligen Schrittes in die andere Richtung. Pl ffnete die Tr und fand nicht nur seine Mutter, seinen Bruder und Diana auf den zerschlissenen Kunststoffsthlen sitzen, sondern auch noch andere Personen, zum Teil verletzt, die hier scheinbar auf rztliche Hilfe hofften. Als er eintrat, war seine Mutter aufgesprungen, doch er umarmte sie fest und drckte sie wieder auf ihren Platz.

"Noch gibt es Hoffnung!" flsterte er ihr ins Ohr. Dann wendete er sich an Diana, die auf dem Stuhl neben seinem sa und hauchte, nur fr die feinen Ohren der jungen Frau hrbar:

"Der Kerl hat mit seinem Leben fr diese Schandtat bezahlt. Mehr sage ich dir spter!" Diana schauderte zusammen, als sie den Blick aus den Augen des jungen Mannes auffing. Was fr schreckliche Dinge mute sie wohl noch an diesem furchtbaren Tag erfahren? Sie zog sich in ihre Gedanken zurck und betete, da Gbor bcsi am Leben bleiben mge. So vergingen zhflssig die Stunden des Wartens, Bangens und Hoffens. Niemand versprte Hunger, obwohl sie alle seit dem frhen Morgen nichts mehr gegessen hatten. Jedes Mal, wenn die Tr aufging, hofften sie, den Arzt mit einer frohen Nachricht zu sehen, doch es war immer nur eine Krankenschwester, die einen der Verletzten mit sich nahm. Am spten Nachmittag waren dann nur noch Diana und die Angehrigen des Frsters briggeblieben. Ihre Hoffnung auf ein Wunder schwand mit jeder weiteren Minute des Wartens und als am frhen Abend der verantwortliche Chirurg endlich zur Tr hereinkam, konnten alle an seinem Gesicht ablesen, da es keine Hoffnung mehr gab. Er nahm die Frsterin, die kaum Herr werden konnte ber ein starkes Zittern und deren Trnen unaufhrlich flossen, bei der Hand und fhrte sie in ein Zimmer im ersten Stock des Krankenhauses. Dort lag ihr Mann in einem Bett mit fleckigen Decken, seine Brust war mit einem blutbefleckten Verband umwunden und er atmete nur noch ganz flach.

"Oh Gbor, mein lieber Mann!" schluchzte seine Frau und beim Klang dieser Stimme schlug der Sterbende noch einmal seine Augenlider auf und schaute mit klarem Blick auf seine Gattin.

"Ist Diana wohlauf?" flsterte er schwach und lchelte leicht, als seine Frau nickte.

"Dann war es nicht umsonst!" hauchte Gbor bcsi. Seine Hand umfate mit schwachem Griff die seiner Frau.

"Ich liebe dich, Julika! Sorge gut fr Pter und Pl und pa mir auf die Kleine auf, sie ist in Lebensgefahr!" hauchte er, dann sprte seine Frau, wie der Druck seiner Hand nachlie, bis sie schlielich leblos auf die Decke fiel.

"Oh mein Gott! La ihn nicht sterben!" schrie die verzweifelte Frau auf, doch der Arzt schttelte nur den Kopf und wollte sie von dem Toten wegziehen. Die Frsterin wehrte sich mit all ihren Krften, warf sich ber ihren Mann und kte ihn ein letztes Mal auf die bleichen Wangen. Der Arzt hatte inzwischen eine Schwester herbeigerufen, gemeinsam gelang es ihnen, die Verzweifelte anzuheben und ihr eine Beruhigungsspritze zu geben. Als sie sich ein wenig abgeregt hatte, fhrte der Arzt sie wieder in den Warteraum und bergab sie ihren Shnen, die mit ebenso vor Schmerz und Leid verzerrten Gesichtern ihre Mutter in Empfang nahmen. Diana sa noch immer wie abwesend auf ihrem Stuhl, wute, da alle ihre Gebete nichts gentzt hatten und konnte nicht verstehen, warum der arme Mann sterben mute. Gewi, nach dem, was Pl ihr gesagt hatte, war auch sein Mrder tot, doch blieben ihr die Hintergrnde noch verborgen. Sie fhlte sich fehl am Platze, bei all dem Leid und wute auch nicht recht, wie sie der trauernden Familie Beistand leisten konnte. Am liebsten htte sie sich stillschweigend aus dem Staube gemacht, bis der erste Schmerz der Angehrigen abgeklungen sein wrde, doch fand sie auch diese Lsung nach einigem Nachdenken als nicht durchfhrbar. Pltzlich stand Pl neben ihr und berhrte sie leicht am Arm.

"Mutter, Pter, ich bringe Diana zu uns nach Hause, ihr kommt dann mit unserem Auto nach, wenn alle Formalitten geregelt sind. Hier ist der Schlssel" wies er seine Familie an und brachte Diana auch schon nach drauen.

"Gib mir deinen Autoschlssel!" meinte er zu der jungen Frau, die ihm willenlos bis auf den Parkplatz gefolgt war.

"Ich kann selbst fahren!" meinte Diana trotzig.

"Kannst du nicht!" rief der junge Mann zurck. "Schau nur, wie deine Hnde zittern, so kommst du noch nicht einmal ohne Unfall auf die Hauptstrae!" Diana blickte auf ihre Hnde und mute dem jungen Mann recht geben. Sie kramte den Schlssel aus ihrer Handtasche hervor und setzte sich dann anstandslos auf den Beifahrersitz. Als sie auerhalb der Stadt waren brach sie zum ersten Mal das Schweigen, in welches sie sich seit der Abfahrt aus dem Krankenhaus gehllt hatte.

"Warum lt du deine Mutter mit deinem Bruder allein in ihrer Trauer und bringst mich zu euch nach Hause?" wollte sie wissen, doch Pl war noch nicht bereit, ber gewisse Dinge zu sprechen.

"Glaube mir, Diana, ich habe meine guten Grnde dafr, aber la uns erst einmal ankommen!" wies er sie zurecht. So schwiegen sie weiter vor sich hin, bis sie endlich am Forsthaus anlangten. Pl brachte den Wagen in die Garage und half Diana beim Aussteigen, denn eine ungute Vorahnung lie ihre Knie weich werden. Im Haus fhrte Pl die junge Frau zum Sofa im Wohnzimmer und holte aus der Kche zwei Glser, sowie eine Flasche mit Schnaps. Er go beide Glser randvoll und reichte eines davon Diana.

"Trink das, es wird dir guttun!"

"Nie im Leben!" wehrte sich Diana. "Fang lieber an, mir zu sagen, was los ist!"

"Trink das aus, oder ich sage kein Wort!" drohte Pl und drckte ihr das Glas in die Hand. "Du wirst es bitter ntig haben!" Als sie den Ausdruck in seinem Gesicht wahrnahm, beschlo Diana, da er wohlmglich Recht haben konnte, schlo die Augen und schttete den starken Alkohol in sich hinein. Er verbrannte ihr die Kehle und sie wollte schon ins Bad rennen und ihn ausspucken, als Pl sie zurckhielt.

"Schluck ihn runter, dann geht es dir wieder besser." Sie gehorchte ihm und wirklich, der Ekel verschwand und sie fhlte den Alkohol wie flssiges Feuer durch ihre Adern rinnen. Danach umgab sie eine wohlige Wrme und es schien so, als ob auch ihr verstrter Geist etwas ruhiger geworden wre.

"Jetzt fang aber schon an, mit deiner Erzhlung!" forderte sie den jungen Mann auf. Dieser leerte sein Glas ebenfalls in einem Zug und setzte sich dann neben Diana. Als die junge Frau instinktiv von ihm abrcken wollte, fate er ihre Hnde und streichelte sie sanft.

"Hab keine Angst, oder glaubst du, ich wolle DAS von dir, nach alledem, was heute geschehen ist?" Diana blickte in seine ehrlichen, dunklen Augen und schimpfte sich innerlich eine blde Gans. Wie konnte sie auch nur fr den Bruchteil einer Sekunde annehmen, der junge Mann wolle sie am Todestag seines Vaters verfhren. Sie lie ihm ihre Hnde und wappnete sich auf das, was nun kommen sollte.

"Diana, ich mu dir sehr weh tun, mit dem, was ich dir zu sagen habe und wei Gott, ich wnschte, es knnte jemand anderes sein, der dich ber diese Dinge aufklren wrde, aber leider gibt es niemanden, der diese schlimme Aufgabe erledigen knnte. Vielleicht wirst du mich dafr hassen, aber ich mu es tun, auch im Andenken an meinen Vater." Diana unterbrach ihn sanft.

"Ich werde dir nie bse sein Pl, egal, was du mir zu sagen hast."

"Danke fr dein Vertrauen, Diana. Nun mu ich aber beginnen, denn die Zeit drngt und diese Dinge sind nur fr deine Ohren bestimmt." meinte der junge Mann und rusperte sich.

"Ich mu dir zuerst einmal mitteilen, da mein Vater fr dich gestorben ist, denn die Kugel galt dir und nicht ihm!"

"Oh mein Gott, das darf nicht wahr sein!" entfuhr es der jungen Frau, doch Pl nickte nur kurz.

"Doch, so war es, denn der Tter hat es mir gegenber zugegeben. Mein Vater hat ihn auch getroffen, tdlich, aber doch so, da der Mann noch fliehen konnte. Ich habe seine Spur gefunden und bin ihr gefolgt. Als ich ihn fand, war er unrettbar verloren, aber doch noch bei klarem Verstand."

"Wer war der Mann?" flsterte Diana heiser, denn sie glaubte, die schreckliche Antwort schon im voraus zu kennen.

"Diana, es war....." hob Pl an, doch dann versagte ihm die Stimme.

"...mein, mein Stiefvater?!" hauchte die junge Frau mit weit aufgerissenen Augen, bevor sie, als sie die Besttigung in den Augen des jungen Mannes las, ohnmchtig zusammensank. Pl schttelte sie sanft und versuchte, ihr noch etwas Schnaps einzuflen. Als sie ein paar Tropfen geschluckt hatte, begann sie zu husten und kam wieder zu sich. Pl hielt sie mit einer Hand in sitzender Stellung, mit der anderen wischte er ihr die Trnen aus den Augen.

"Oh, mein Gott!" schluchzte Diana, "wie kann ein Mensch nur so schlecht sein!"

"Es kommt noch viel schlimmer, Diana! Und ich mu es dir heute sagen, weil du ja morgen frh nach Hause fahren willst."

"Dann komm bitte zum Ende!" flsterte sie und schlo die Augen. Pl nahm wieder ihre schmalen und kalten Finger in seine Hnde und fuhr fort in seiner Erzhlung.

"Whrend dein Stiefvater im Sterben lag, erklrte er mir auch die Grnde fr seine Absichten. Zuerst gestand er, am Tode deines Vaters verantwortlich zu sein. Das sei damals kein Jagdunfall gewesen, wie es auch scheinen sollte, sondern Mord. Er habe deinen Vater ber die Kante gestoen, um deine Mutter, die er schon seit seiner Jugend begehrte, endlich heiraten zu knnen. Er spielte den guten Freund deines Vaters, untrstlich ber den Verlust und berredete deine Mutter, mit ihm nach Frankreich zu gehen, wo er sich so unentbehrlich machte, da sie ihn schlielich heiratete. Du kamst ins Internat und er arbeitete weiter an seinen Plnen. Als nchstes standest du auf seiner Liste, da das von deinem Vater auf dich bergegangene Erbe dann deiner Mutter zufallen wrde. Und da deine Mutter schon einmal von Trennung gesprochen hatte, mute dies nun schnell geschehen, damit er auch noch seine Frau beerben konnte, bevor diese die Scheidung einreichte."

"Nach meinem Vater und mir wollte er also auch noch meine Mutter umbringen!" Es war mehr eine Feststellung, denn eine Frage und Pl nickte nur.

"Das hatte er vor, ja. Aber als mein Vater sich fr dich opferte und noch die Geistesgegenwart besa, auf den Meuchelmrder zu schieen und diesen glcklicherweise lebensgefhrlich zu verwunden, da wute dein Stiefvater, da seine Plne vereitelt waren. Er hat mir sozusagen seine Beichte abgelegt, ohne zu wissen, da ich der Sohn des von ihm getroffenen Frsters war."

"Wie mut du mich jetzt hassen!" flsterte Diana und entzog dem jungen Mann ihre Hnde. "Meinetwegen ist dein Vater gestorben und meinetwegen wart ihr alle in Lebensgefahr, denn wenn ihn jemand zufllig bei seinem Herumstreichen hier angehalten htte, dann htte mein Stiefvater diese Person sicherlich auf der Stelle gettet, um seinen verbrecherischen Plan weiterfhren zu knnen. Oh Gott, vergib mir, Pl, vergebt mir alle! Ich bin eure Freundschaft und euer Mitgefhl nicht wert! Ich reise sofort ab und werde euch nie wieder mit meiner Gegenwart belstigen!" rief Diana aus und ging, nein rannte fast zur Haustr. Doch Pl war schneller und verstellte der jungen Frau den Weg.

"Diana! Komm zu dir! Du hast dir nicht das Geringste vorzuwerfen! Du kannst dich doch nicht fr die Schandtaten deines Stiefvaters verantwortlich fhlen, zumal ja du selbst eines seiner Opfer werden solltest!" rief der junge Mann aus. "Und was soll ich meiner Mutter und dem Bruder erklren, warum du schon weggefahren bist? Denn ich werde sie nicht in die Dinge einweihen, welche ich dir soeben erffnet habe." Diana blieb stehen und sah den jungen Mann an.

"Und warum nicht?"

"Da dein Stiefvater tot ist, dachte ich, du wolltest eine polizeiliche Untersuchung vermeiden, die alle diese schrecklichen Sachen an die ffentlichkeit zerren wrde. Hier gibt es viele Wilderer, mein Vater ist im Feuergefecht mit einem umgekommen. Der Leichnam wird nie gefunden und wenn schon, er trgt keine Papiere bei sich, ich habe nmlich nachgesehen." meinte Pl beruhigend. "Ich halte das fr die beste Lsung, es sei denn, du wnschst ein Verfahren, zu dem dann auch deine Mutter geladen wrde und auch der Tod deines Vaters neu aufgerollt wrde." Diana schttelte heftig den Kopf.

"Nein, um Himmels willen! Die Dinge sind geschehen, der schreckliche Mensch ist tot! Du hast recht, lassen wir die Sache auf sich beruhen, denn gegebenenfalls mte ja auch deine Familie vor Gericht erscheinen und diese Prfung wnsche ich keinem von uns." gab Diana zu. So wurde Stillschweigen vereinbart und die beiden jungen Leute bereiteten in der Kche in kleines Abendessen vor, denn wenn auch niemand richtigen Hunger versprte, so muten sie doch nach all den Prfungen etwas zu sich nehmen. Spt in der Nacht kamen auch Julika nni und Pter zurck, doch da war Diana schon auf ihr Zimmer geflchtet und hatte es Pl berlassen, die Mutter und den Bruder in ihrem Schmerz zu trsten. Am nchsten Morgen kam Diana mit verweinten Augen zum Frhstck und auch bei alle anderen hatten die tragischen Ereignisse ihre Spuren hinterlassen. Diana umarmte schweigend die Witwe, die ihr ihre Zurckhaltung dankte. Da die Beerdigung schon auf den nchsten Tag festgesetzt war, lie sich Diana dazu berreden, noch einen Tag zu bleiben, um dem Frster und Freund die letzte Ehre zu erweisen. Da die Beisetzung im engsten Familienkreis stattfand, kamen auch auer drei Kollegen von Gbor bcsi und einer alten Tante aus dem Nachbarort keine weiteren Trauergste zum Mittagessen ins Forsthaus. Diana half der Witwe so gut sie konnte bei der Zubereitung der Speisen und beim Abwasch, dann mute sie sich endgltig verabschieden.

"Ich halte meine Einladung aufrecht," meinte sie zu Pter und Pl, als sie vor dem vollgepackten Gelndewagen Abschied nahmen. "Wann immer ihr wollt, seid meine Gste in der Puszta und bringt auch eure Mutter mit."

"Vielen Dank, Diana, fr die Einladung, wir werden sie sicher einmal honorieren, wenn auch nicht in allernchster Zukunft." meinte Pl. Dann drckten sie die junge Frau an sich und Pl riskierte unbemerkt von seinem Bruder einen zarten Ku auf die roten Lippen, die Diana erstaunt aufblicken lieen. Doch diesmal verrieten seine Augen seine Gedanken nicht und sie war noch nicht einmal zornig darber. Zuviel war hier in diesen wenigen Tagen geschehen, zuviel, um jetzt schon klar darber nachdenken und urteilen zu knnen. So lchelte Diana nur ein wenig, als sie den fragenden und um Verzeihung bittenden Blick der dunklen Augen auffing.

"Auf Wiedersehen!" Das war ein Versprechen seitens der jungen Frau und auch die beiden jungen Mnner faten dies so auf, vor allem einer.

"Auf Wiedersehen, Diana!" riefen sie im Chor und die Frsterswitwe, von der sich Diana schon in der Kche verabschiedet hatte, winkte ihr aus dem Fenster einen letzten Gru zu. Dann setzte sich die junge Frau hinter das Steuer und begab sich auf die lange und anstrengende Heimreise. Diese verlief unerwartet ruhig und strungsfrei und so hatte die junge Frau mehr als genug Mue, sich die Erlebnisse und Enthllungen der letzten Tage durch den Kopf gehen zu lassen. Sie wute, da es fast unmglich sein wrde, das Ganze zu vergessen, konnte nur hoffen, da die Zeit die Wunden heilen konnte, die das Schicksal geschlagen hatte. Und trotzdem gab es einen schwachen Hoffnungsschimmer am Ende des langen, dunklen Tunnels: Die Bedrohung durch ihren Stiefvater war nun endlich vorbei und sie konnte befreiter atmen. Als Diana endlich zuhause anlangte, war sie nicht nur erschpft von der langen Fahrt, sondern auch seelisch vllig ausgepumpt. Sie schaute gerade noch bei ihren Tieren vorbei, stellte fest, da diese whrend ihrer Abwesenheit gut gepflegt worden waren, schleppte sich unter die Dusche und fiel danach wie ein Stein ins Bett. Diese erste Nacht nach ihrer Heimkunft verging ohne Trume und doch wachte Diana am nchsten Morgen wie gerdert auf. Sie strzte sich auf die liegengebliebene Arbeit und versuchte, ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben. Es wurde Winter und mit ihm kamen die langen, dunklen, einsamen Abende. Zwar fand die junge Frau Trost in ihrer Liebe zu dem Prinzen, mit welchem sie manchmal in ihren Trumen Kontakt aufnehmen konnte, ansonsten aber schien alles im Winterschlaf erstarrt zu sein.

 

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