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ABRECHNUNG 5

"Alles wird sich in Spanien entscheiden, bis dahin la mir bitte meine Ruhe." Damit mute die Mutter sich begngen und das Zimmer verlassen. Als sie die Neuigkeit den anderen mitteilte, waren die Reaktionen geteilt. Der Vater fragte nur nach dem Fortgang des Studiums, Maude mimte die Unwissende und meinte, Kim sei erwachsen genug, ber ihr Leben selbst entscheiden zu knnen und die Gromutter gemahnte Kims Mutter an deren eigene Eskapaden, sie solle ihre Tochter nur ihren Weg gehen lassen, niemand knne im voraus wissen, wie sich die Dinge entwickeln wrden. Am nchsten Tag lie es sich die Mutter trotz allem nicht nehmen, Kim zum Flugplatz zu fahren und ihr ein kleines Pckchen mit den Worten in die Hand zu drcken.

"Du wirst es gebrauchen knnen!" Kim fhlte sich erst ganz frei, als das Flugzeug hoch ber den Wolken Kurs auf das Festland nahm. Aber dann berkam sie ein euphorisches Gefhl von Glck: sie war frei, auf dem Weg zu ihrem geliebten Jos, auf dem Weg in ein neues Leben! Neugierig ffnete sie das Pckchen, das ihre Mutter ihr so schnell vor dem Abflug noch zugesteckt hatte - und erstarrte: die Mutter hatte ihr ein halbes Dutzend unmoderner, aber warmer ... Unterhosen! eingepackt! Voller Abscheu versenkte sie das Pckchen tief im Abfalleimer der Maschine, sollten sich die Putzfrauen doch ber ihren Fund freuen. Ihr Herz machte einen kleinen Satz, als sie unter sich die Silhouette Sevillas sah und das Flugzeug zur Landung ansetzte. In wenigen Augenblicken wrde sie ihrem Jos gegenberstehen, alles andere war vergessen. Die Einreiseformalitten schienen ihr eine Ewigkeit zu dauern und auch auf ihren Koffer schien sie stundenlang warten zu mssen, doch endlich war auch diese Prozedur berstanden und sie konnte sich in der Wartehalle umsehen. Vor einem Zeitungsladen stand Jos und drehte sich von Zeit zu Zeit nach den ankommenden Reisenden um. Kim sah ihn als erste und lief, nein rannte auf ihn zu. Er breitete seine Arme aus und sie warf sich hinein.

"Jos, Liebster!"

"Kim! Ich so sehr warten fr dich!" Ihre Lippen fanden sich zu einem langen Ku, der Kim das Blut schneller durch die Adern rinnen lie.

"Jos, ich liebe dich so sehr!"

"Ich dich auch, Kim!" Dann gingen sie Arm in Arm zu seinem Auto und fuhren auf die Hazienda. Kim konnte whrend der Fahrt vor lauter Erregung kaum sprechen und auch Jos schien keine Lust auf Worte zu haben, statt dessen fuhr er in einem Hllentempo auf der breiten Landstrae, um so schnell wie mglich auf die Hazienda zu kommen. So legte Kim nur ihre Hand auf sein Knie und sog die Eindrcke Andalusiens in sich auf. Der Fahrtwind zerzauste ihr langes Haar, das sie offen auf den Rcken hngen lie und die Sonne schien trotz der Winterzeit noch mit erstaunlicher Kraft. Hgel mit schier unendlichen Olivenhainen sausten an ihnen vorbei, manchmal konnte Kim einen Blick auf einige der berhmten Stiere werfen, die an der Strae standen, einmal sah sie mehrere Reiter auf herrlichen andalusischen Pferden mit einer Meute Windhunde auf Hasen jagen, ein Volkssport, wie sie spter erfahren sollte. Bald sah sie die Hazienda Joss vor sich liegen. Jos bog auf einen staubigen Feldweg ein, der noch einige Kilometer durch Baumwollplantagen und Olivenhaine fhrte, bevor er den groen Wagen in einem eleganten Bogen vor dem Portal der Hazienda zum Stehen brachte. Dann sprang er geschmeidig aus dem Auto und ffnete Kims Tr. Zart nahm er sie am Arm und fhrte sie in den Hof. Dort zeigte er ihr ein schnes, helles Zimmer, dessen Mitte von einem groen, schweren Holzbett eingenommen wurde und auf dessen Nachttisch eine Flle von Blumen in einer groen Vase stand, deren Duft fast betubend wirkte. Die Lden waren halb geschlossen und tauchten den Raum in heimeliges Dunkel.

"Ich mchte mich etwas frisch machen!" Wie linkisch kamen die Worte ber Kims Lippen, doch Jos hatte schon verstanden:

"Badzimmer nebenan!" Dabei deutete er auf eine kleine Tr, die sich in der einen Schmalseite des Zimmers befand und Kim noch gar nicht aufgefallen war. "Ich kommen in Stunde Viertel!" Damit verschwand er aus dem Raum. Kim packte schnell ihre Kleider aus und nahm eine kalte Dusche. Dann zog sie eines ihrer schnsten Kleider an und streckte sich auf dem Bett aus, whrend sie voller Ungeduld - aber auch Angst - auf Jos wartete. Dieser hatte sich zwischenzeitlich mit etwas Alkohol gestrkt und ffnete nun die Tr mit einer theatralischen Geste. Als er Kim so angezogen auf dem Bett sah, verschlug es ihm fast die Sprache. Doch Kim machte eine einladende Geste, wie sie sie einst in einem Film gesehen hatte, als die Hauptdarstellerin ihren Geliebten einlud, zu ihr ins Bett zu steigen und Jos kam auf sie zu.

"Du ausziehen!" befahl er Kim, die sich auch gehorsam entkleidete. Mit wenigen Griffen hatte sie das leichte Sommerkleid abgestreift, der Slip folgte, auch Jos hatte sich derweil entkleidet und Kim wagte einen verschmten Blick auf den nackten Krper, der sich nun neben den ihren legte. Noch nie hatte sie einen unbekleideten Mann in Natur gesehen, hchstens einmal auf Fotos, doch das war nicht dasselbe. Erstaunt schaute sie auf den geschmeidigen, sportgesthlten, braunen Krper. Zuerst machte sie eine kleine Gebrde der Abwehr, doch Jos war ein erfahrener Liebhaber, wenn auch nicht unbedingt bei Jungfrauen. So wurde die erste Nacht der Liebe zu einem Alptraum fr beide. Kim war zu aufgeregt und unerfahren, Jos wollte die Dinge zu schnell - am Ende lagen die zwei Krper in Schwei gebadet und erschpft nebeneinander und Kim war noch immer Jungfrau! Am nchsten Morgen versuchte es Jos noch einmal, doch nun kam zu Kims Unerfahrenheit auch noch das Wissen, den Mann neben ihr beim ersten Mal nicht befriedigt zu haben und die Furcht, er knne sie deswegen nicht mehr lieben. Entnervt gab Jos auf.

"Ich gehen reiten, du knnen frhstcken!" Dann zog er sich an und lie Kim in Trnen aufgelst in ihrem Zimmer zurck. Nach einiger Zeit wagte sie sich auf den Hof und suchte die Kche. Sie fand eine alte Haushlterin, die fast taub war und nur Spanisch sprach, doch konnte ihr Kim erklren, da sie ein Gast Joss sei und gerne frhstcken wolle. Die Alte Frau schttelte den Kopf und wies Kim den Weg ins Frhstckszimmer. Dort war der Tisch schon gedeckt und Kim bediente sich vor lauter Kummer mit allem, was sie vorfand. Nach einiger Zeit erschien auch Jos und kam auf sie zu.

"Ich Entschuldigung - dir weh tun! Ich nicht wollen!"

"Schon gut!" lchelte Kim. "Es war meine Schuld, nicht deine!" Damit stand sie auf und gab ihm einen langen Ku. Nach dem Frhstck nahm sie Jos in einer Kutsche zu einer Fahrt ber Land mit, zeigte ihr die Schnheiten der Landschaft und stellte sie einigen Freunden vor. Langsam schwand die Verklemmung Kims und sie begann, sich wohl zu fhlen. Als Jos sie nach dem Abendessen wieder in ihrem Zimmer besuchte, war sie bereit, hatte allen falschen Scham abgeworfen und gab sich ganz dem Gefhl der ersten Liebe hin, zumal auch Jos sich zusammennahm und sie nun einfhlsam anleitete. Kim schlief erfllt von ihrer Liebe in den Armen Joss bis in den spten Morgen. An diesem Tag ritten sie gemeinsam aus, besichtigten die Herden der schwarzen Stiere und Jos zeigte ihr in der kleinen Arena beim Haus, wie er mit den Stieren arbeitete und auch, wie er die Pferde an die Stiere gewhnte. Die Nchte waren ganz ihrer Liebe geweiht. Jetzt war auch die Zeit gekommen, da Jos Kim seiner Familie vorstellen wollte. Am letzten Tag des Jahres reisten sie in die kleine Stadt, wo Joss Eltern ein groes Haus besaen. Von auen nur eine hohe, weie Mauer, von innen ein kleiner Palast, so kam es Kim vor. Die Mauern waren von Blumen berzogen und Orangenbume spendeten khlenden Schatten. Die Eltern Joss waren ein lteres Paar, erst spter erfuhr Kim, da sie sonst getrennt lebten, nur fr den Sohn, und um dessen Braut kennenzulernen, waren sie im Hause des Vaters zusammengekommen. Dieser lebte gewhnlich mit einer anderen Frau in diesen Mauern, die Mutter hatte ebenfalls einen Lebensgefhrten, mit dem sie in der Nachbarstadt wohnte. Doch jetzt machte alles einen harmonischen Eindruck auf Kim, die Leute waren sehr zuvorkommend zu ihr, der Extranjera. Die Silvesternacht wurde zu einem groen Fest und Kims Glckseligkeit kannte keine Grenzen mehr, als Jos sie um Mitternacht bat, seine Frau zu werden. Mit Trnen des Glcks in den Augen konnte Kim nur mit dem Kopf nicken, Worte kamen nicht aus ihrer wie zugeschnrten Kehle. Die Eltern beglckwnschten die beiden, dann lieen sie das verliebte Paar allein.

"Ich bin so glcklich, Jos!" hauchte Kim und bot ihm ihre Lippen zum Ku dar.

"Du werden gute Frau, meine! Schne Frau!" Viel spter schmiedeten Kim und Jos Plne fr ihr gemeinsames Leben.

"Ich habe mich schon nach allem erkundigt!" gab Kim zu. "Ich hatte so gehofft, da du mich haben willst, da habe ich mich schon bei meinen Behrden und bei deiner Botschaft ein wenig umgehrt: wir mssen viel Papierkram erledigen, bevor wir heiraten knnen, aber es wird gehen. Ich gebe mein Studium auf und werde auch eifrig Spanisch lernen, schreib mir also in deiner Muttersprache, ich werde es ebenso versuchen. Denn ich werde noch ein paar Mal reisen mssen, bevor wir alle Urkunden zusammen und amtlich bersetzt haben."

"Alles Papier ich dir geben, du machen!"

"Natrlich, ich werde mich um alles kmmern, du mut mir nur die Dokumente besorgen, Jos. Da brauche ich eine Bescheinigung, da du hier wohnst, da du unverheiratet bist, deine Geburtsurkunde und Taufzeugnis, eine Einverstndniserklrung deiner Botschaft, da du eine Auslnderin heiraten darfst, die dann auch hier in Spanien eine Aufenthaltserlaubnis erhlt, na das wre es erst einmal, glaube ich." schlo Kim ihre Aufzhlung.

"Meine Urkunden werde ich durch ein amtliches bersetzungsbro bei mir zuhause ins Spanische bersetzen lassen und deine ins Englische. Dann komme ich mit allen Papieren hierher und wir nehmen die spanischen Behrden in Angriff, aber da mut du mir helfen, wegen der Sprache."

"Natrlich, ich alles erledigen. Ich machen weiter Stierkampf, dann Urlaub wenn Hochzeit, OK?" Was blieb Kim anderes brig, als einzuwilligen, schlielich war das sein Beruf, auch wenn sie jedesmal vor Furcht vergehen wrde, wenn er dem Stier gegenberstehen wrde.

"Ok, Jos! Liebster! Nur pa bitte gut auf dich auf!" So verging Kims Aufenthalt wie im Fluge und sie mute zurck nach Irland. Schon sah sie es nicht mehr als ihre Heimat an, war ihr Herz doch in Spanien geblieben. Natrlich holte sie ihre Mutter am Flughafen ab.

"Na, wie war es?" Hinter dieser Frage steckte mehr, als bloe Neugier, hoffte sie doch noch immer, da ihre Tochter enttuscht sei von diesen Auslndern und zu ihr zurckkehren werde. Doch Kim lchelte nur geheimnisvoll:

"Ich fliege in ein paar Wochen wieder zu ihm."

"Das wird aber teuer!" bemerkte die Mutter trocken, doch Kim war zu sehr mit sich selbst und der Planung ihrer nchsten Unternehmungen beschftigt, als da sie auf die Spitze der Mutter reagiert htte. Schon am nchsten Tag gab sie die Dokumente zum bersetzen, erkundigte sich nach den Voraussetzungen eines Umzuges, besuchte die Zollbehrde und meldete sich von der Uni ab. Auch im Bro machte sie Furore mit ihrer Nachricht. Der Chef wollte es anfangs nicht glauben, doch als ihm Kim von den schon eingeleiteten Unternehmungen berichtete, mute er schlielich doch einsehen, da Kim es ernst meinte.

"Na, da kann ich ihnen ja nur viel Glck wnschen, zu ihrer Heirat und zu ihrem neuen Leben!"

"Herzlichen Dank! Und lassen sie sich sagen, die Zeit bei ihnen hier im Bro hat mich viel gelehrt, auch in den Dingen des tglichen Lebens!" bedankte sich Kim bei ihm und nahm Abschied von ihren Kolleginnen. Am nchsten Tag brachte der Chef persnlich ein kleines Erinnerungsgeschenk bei Kims Eltern vorbei, was diese sehr erstaunte. Als alle Behrdengnge erledigt waren, benachrichtigte Kim Jos von ihrer Ankunft mit dem nchsten Flugzeug und reiste ab. In Spanien erwartete sie jedoch nicht Jos, sondern seine Mutter am Flughafen. Diese konnte zwar berhaupt kein Englisch, doch hatte Kim die Wartezeit nicht ungenutzt verstreichen lassen und ihre Spanischkenntnisse erneuert und erweitert.

"Buenos dias, Seora Almerida, wo ist Jos? - Es ist ihm doch nichts passiert?" Pltzlich hatte sie Angst, da ihrem Geliebten etwas zugestoen sein knne. Doch erleichtert nahm sie das Kopfschtteln der Mutter Joss zur Kenntnis.

"Mein Sohn ist gesund, er hat nur noch einige Dinge zu erledigen, wird aber heute abend zu uns kommen."

"Ja, fahren wir denn nicht auf die Hazienda?"

"Erst morgen!" Aber ich habe ein Taxi gemietet, lassen wir es nicht warten - und ich mu dich zu deinem Spanisch beglckwnschen, du hast groe Fortschritte gemacht, seit dem letzten Mal."

"Gracias!" Kim konnte es kaum erwarten, Jos wieder in den Armen zu liegen, mute jedoch bis spt am Abend warten, bis er endlich in die Wohnung der Mutter kam. Doch als er dann endlich in der Tr stand, war alles Warten vergessen und eine Aura des Glckes umgab Kim, als sie auf ihn zu strmte.

"Liebster, ich habe so auf dich gewartet!"

"Ich nicht knnen frher! Tschuldigung!"

"Macht doch nichts, komm, ich habe gute Nachrichten - alle Dokumente sind bersetzt und beglaubigt und die irische Heiratserlaubnis habe ich auch, fehlt nur die spanische!" Dann lagen sie sich erst einmal in den Armen, bis die Mutter das Abendessen servierte. Kim mute sich wieder umgewhnen, denn so spt wie hier a wohl niemand in Europa und auch die Speisen hatten wenig gemein mit denen, die sie aus Irland kannte. Die Stimmung beim Essen war gelst aber Kim wartete ungeduldig auf den letzten Gang, denn sie hatte Eile, endlich wieder allein mit Jos zu sein. Endlich in dem kleinen Gstezimmer der Wohnung allein, schwemmte eine Woge der Liebe alles andere hinweg. Am nchsten Tag fuhren sie auf die Hazienda, nicht, ohne vorher in der Stadt die dortigen Behrden aufgesucht zu haben. Dort erfuhren sie ihre erste Lektion: Glaube nie einem Amt, das nchste Amt will wieder etwas anderes. Der Beamte schttelte immer wieder den Kopf, als Jos darauf hinwies, da die Urkunden alle von einem vereidigten bersetzungsbro bersetzt seien.

"Tut mir leid, ich kann nur bersetzungen akzeptieren, welche die hiesige irische Botschaft bersetzt hat. Lassen sie die Sachen dort bersetzen und bringen sie sie mir, ich will die Angelegenheit dann innerhalb von zwei Monaten erledigen." Zu mehr war der Beamte nicht zu bewegen. Jos wollte schon aufbrausen, doch Kim hielt ihn zurck.

"Was soll's, lassen wir sie eben noch einmal bersetzen, wenn es anders nicht geht!"

"Aber das kosten Geld, viel Geld!"

"Jos, bitte, wir wollen doch heiraten, da spielt Geld keine Rolle!" beschwichtigte ihn Kim und zog ihn aus dem Bro. Die Urkunden wurden also noch einmal bersetzt, die selben Worte, doch ein anderer Stempel. Dann wollte ein Amt die Bescheinigung, da Kim noch unverheiratet sei - und zwar auf der Wohnsitzbescheinigung. Die sah solch eine Information jedoch nicht vor. Also wieder langes Palaver - Kim ging diesmal siegreich aus dem Gefecht hervor, konnte den Beamten berzeugen, da eine solche Information ja vorhanden sei, nur nicht auf der Wohnsitzbescheinigung und da diese niemals solche Informationen enthalte - jedenfalls in Irland. Rckruf bei der irischen Botschaft - alles OK und Aufatmen bei Kim. Dann sollten sie Aufklrungsunterricht und Information ber Schwangerschaftsverhtung bei einem Arzt nehmen und dies auch schriftlich besttigen lassen. Glcklicherweise kannte Jos einen Arzt, der ihn auch immer bei seinen Corridas begleitete, der das Zertifikat ausstellte, ohne die beiden >aufgeklrt< zu haben. Endlich konnten sie den Termin festsetzen lassen. Kim hatte ihrer Familie noch immer nicht mitgeteilt, da sie heiraten und in Spanien leben wollte. Jetzt wurde es an der Zeit. Doch weder auf der Hazienda, noch im kleinen Dorf, wo die Mutter lebte, gab es ein Telefon, so schickte Kim ein kurzes Telegramm: Hochzeit am 20.Oktober in Sevilla. Kim

Mochte die Mutter sehen, wie sie die Nachricht verarbeitete. Inzwischen mute Jos weiter an Corridas teilnehmen, konnte die Tournee nicht absagen, da er sonst seinen Vertrag gebrochen htte und kein Gehalt bezahlt bekommen htte. So verbrachte Kim also eine Zeit des Bangens und Hoffens. Wenn die Kmpfe in der Nhe stattfanden, nahm Jos sie manchmal mit, stellte sie seinen Freunden vor und lie sich auf den Parties feiern. Waren die Stierkmpfe in entfernten Stdten, blieb Kim bei Joss Mutter. Doch immer betete sie von ganzem Herzen, da ihrem Glck nichts dazwischenkommen mge, waren die Stiere doch unberechenbar und hatte schon mancher Toreros auf dem Hhepunkt seiner Karriere das Tier unterschtzt und diesen Hochmut mit seiner Gesundheit oder gar seinem Leben bezahlt. Doch Jos blieb unversehrt, sonnte sich in seinem Ruhm und verga fast den Termin seiner eigenen Hochzeit. Dann war endlich der groe Tag gekommen! Jos hatte Kim gebeten, ihn vorerst nur brgerlich zu heiraten, die kirchliche Trauung wolle er auf einen spteren Termin legen, und Kim mute wohl oder bel akzeptieren. Einziges Zugestndnis Joss: sie wrde in Wei heiraten knnen. Und noch eine berraschung: zwei Tage vor dem Termin auf dem Standesamt kndigte sich Kims Mutter an. Sie brachte sogar ihr altes Brautkleid mit und zwang Kim dazu, dieses anzuziehen. Im selben Atemzug, wo sie ihrer Tochter - wenn auch unter Zhneknirschen - Glck wnschte, meinte sie hmisch:

"Glaub mir, diese Ehe dauert keine sieben Jahre! Du wirst dich noch an meine Worte erinnern und den Tag verfluchen, an dem du alles hingeschmissen hast, um diesen Windhund zu heiraten! Aber das mut du ja selbst wissen: noch kannst du zurck!"

"Bist du wahnsinnig geworden!" fuhr Kim auf, einen Tag vor meiner Trauung willst du, da ich die Hochzeit platzen lasse? Ich liebe Jos!"

"Ja, das glaube ich, aber ob er dich genauso?"

"Warum bist du berhaupt gekommen, wenn du es so auffat?" Kim war nun wirklich wtend.

"Ich wollte dich noch einmal warnen, bevor du in dein Unglck rennst! Aber scheinbar bist du fest entschlossen, dich unglcklich zu machen, na denn also!" Damit lie sie Kim stehen. Diese war den Trnen nahe und in der Nacht vor der Hochzeit, als sie in den Armen Joss lag, hatte sie wieder ihren bsen Alptraum. Mehr denn je fhlte sie sich dem Willen der Mutter ausgeliefert, mute beim Erwachen jedoch feststellen, da sie ja bald eine verheiratete Frau sein wrde, ber welche die Mutter jegliche Gewalt verloren haben wrde. Arme, gutglubige, hoffnungsvolle Kim!

Die Feier vor dem Standesbeamten war kurz, Trauzeugen waren ein Ehepaar aus Joss Bekanntenkreis und ein Notar, der eine Finca nicht weit von Joss Hazienda bewohnte. Danach wurde eine kurze Feier in einem kleinen Restaurant abgehalten, auer den Familien und Trauzeugen kamen nur einige enge Freunde Joss und der Abend wurde frh beschlossen. Welch ein Gegensatz zu den glanzvollen, sich bis in die spten Morgenstunden hinziehenden Siegesfeiern, auf denen manchmal auch Kim zugegen war. Doch Jos hatte ihr gesagt, genau deshalb wolle er eine Hochzeit in kleinstem Kreis, die Riesenfeiern gingen ihm schon auf den Nerv. Kims Kleid wurde also kaum bewundert, sie selbst fand sich nicht so schn, wie es einer Braut zustand, war das Kleid doch kurz, wie es Mode war, als die Mutter heiratete und hatte Kim immer davon getrumt, in langem, weitem Kleid mit wehendem Schleier zum Altar zu schreiten. Jos trug einen korrekten, aber nicht auffallenden Anzug, den eine kleine knstliche Blte am Revers schmckte. Kims Brautstrau war von der Mutter gekauft, knstliche Blumen >die halten sich besser in der Hitze< ebenso die Blumen auf dem Auto. Kim hatte immer von einer Pferdekutsche getrumt, hatte sogar einen Ehemann, der diese besa, aber lieber mit dem groen, gemieteten Auto ins Hotel fuhr. Die Hochzeitsnacht wurde anstrengend, hatte der frischgebackene Ehemann doch ziemlich reichlich dem Alkohol zugesprochen. Als Kim endlich erschpft einschlafen konnte, graute im Osten der Morgen ber den weiten Olivenhainen. Die Flitterwochen waren kurz, drei Tage nur, die sie meistens in ihrem Hotelzimmer verbrachten, dann rief die Pflicht. Jos reiste zu seiner nchsten Corrida ab, Kim lieferte er bei seiner Mutter und dessen Freund ab.

"Ich kann dich nicht allein auf der Hazienda lassen, das mut du verstehen, Kim. Die erste Zeit kannst du das Gstezimmer meiner Mutter haben, bis ich etwas fr dich gefunden habe!" sagte Jos am letzten Tag der Flitterwochen auf Spanisch zu Kim, da diese gebeten hatte, er mge doch in seiner Sprache mit ihr reden, damit sie besser lernen knne.

"Aber Jos, warum denn nicht auf der Hazienda? Eines Tages werden wir doch dort zusammen leben?!" Kim war erstaunt, hatte sie doch gedacht, ihr eigenes Zuhause sofort nach der Hochzeit zu beziehen.

"Die Hazienda gehrt nicht mir, sie gehrt meinem Sponsor. Ich habe natrlich das Wohnrecht dort, aber der Sponsor hat noch nicht seine Einwilligung gegeben, da auch du dort leben kannst!" meinte Jos trocken.

"Wie bitte????" Kim fiel aus allen Wolken. "Die Hazienda gehrt dir nicht?? Ja was gehrt dir denn berhaupt?"

"Alles ist meinem Sponsor. Das ist doch klar. Die Ausbildung als Torero und das ganze Drumherum kosten eine Menge Geld. Nach der Scheidung meiner Eltern wollte mein reicher Vater mich nicht mehr untersttzen, meine Mutter selbst hat kein Geld, lebt von ihrem Freund, auch die Wohnung gehrt nicht ihr, sondern dem Freund. Also hat sich mein Sponsor mir angenommen, ein reicher Adeliger aus der Gegend. Er stellt mir seine Hazienda zur Verfgung, ich kann dort wohnen, mit seinen Pferden trainieren, seine Stiere auswhlen, seine Stiere in der Arena tten, sein Auto fahren und erhalte zu allem noch ein schnes Gehalt und zustzlich die Prmien und Geld aus Werbevertrgen. Du kannst dich also nicht beschweren, ich kann uns schon unterhalten - nur brauche ich halt die Zustimmung meines Sponsors, damit du auch auf die Hazienda ziehen kannst. Bis dahin mssen wir uns eben behelfen, wie es geht."

"Verzeih mir, Jos, das war eben ein groer Schock und eine groe Enttuschung, warum hast du mir das nicht frher gesagt?" Kims Worte kamen fast unhrbar ber ihre bebenden Lippen.

"Du hast mich ja nie gefragt! Aber warum so ein Theater machen, komm lieber her und gib mir einen Ku!" Als Kim keine Anstalten machte, zu ihm zu gehen, kam er auf sie zu und nahm sie in den Arm. "Gemeinsam werden wir schon was erreichen!" Dann kte er ihre noch immer vor Enttuschung zitternden Lippen. So zog Kim bei der Schwiegermutter und deren Freund ein und Jos zog ab zu seiner Tournee. Eines Tages kam Jos frher als erwartet nach Hause. Er traf Kim weinend in der Kche an.

"Was ist denn nun wieder los? Warum weinst du, Kim?" Kim drehte sich langsam zu ihm um und bot ihm ihren Mund zum Ku. Als Jos sich ber sie beugte, klammerte sie sich so fest an ihn, als ob sie ihn nie wieder loslassen wrde. Als sie nach dem Ku noch immer etwas atemlos war, stie sie zitternd hervor:

"Jos, ich kann hier nicht lnger bleiben! Und wenn ich im Stall schlafen mu, ich mu hier weg!" Jos nahm sie zrtlich in die Arme und versuchte sie zu beruhigen.

"Nun erzhl mir erst einmal, warum du hier weg mut und warum du weinst. Ich mag keine weinenden Frauen, vor allem dann nicht, wenn sie nicht um mich weinen!" scherzte er, doch die Taktik verfing nicht, Kim weinte nur noch mehr. Unter kleinen Schluchzern erzhlte sie:

"Es ist der Freund deiner Mutter, er lt mich nicht in Ruhe, ich versuche ja, ihm aus dem Weg zu gehen, aber das gelingt mir nicht immer. Und gestern abend war pltzlich das Schlo meiner Zimmertr kaputt! Ich hatte solche Angst, da er kommt, da ich die ganze Nacht kein Auge zugetan habe und immer auf das Taschenmesser auf meinem Nachttisch geschaut habe!"

"Er hat es doch nicht gewagt......!" brauste Jos auf und schlug mit der Hand auf den Tisch, doch Kim legte beruhigend ihre Hand auf seinen Arm.

"Nein, Schatz, er ist nicht gekommen, aber du verstehst jetzt wohl, warum ich hier so schnell wie mglich ausziehen mu. Deine Mutter wei natrlich von nichts, ich konnte es nicht bers Herz bringen, ihr die Sache zu erzhlen. Bitte sag du auch nichts. Wir werden schon einen Vorwand finden."

"Ich nehme dich auf die Hazienda mit, Einwilligung oder nicht!"

"Jos, denk bitte erst nach, wenn die Sache schon so steht, dann darfst du deinen Sponsor nicht verrgern, hast du nicht irgend einen Freund, bei dem ich eine Zeit lang wohnen kann? Denk aber bitte auch daran, da ich meine Mbel und mein Pferd nur innerhalb eines Jahres nach der Hochzeit zollfrei ins Land holen kann. Bis dahin mssen wir ein eigenes Dach ber dem Kopf haben."

"Ich werde mir schon was einfallen lassen, Schatz! Jetzt komm erst einmal mit, ich will bei einigen Freunden vorbeischauen - und bring dich ein bichen in Ordnung!"

"Klar, Jos, ich bin sofort fertig!" Kim wusch sich schnell das Gesicht mit kaltem Wasser und legte etwas Schminke auf, damit sie nicht so bla aussah, dann zog sie ein hbsches Kostm an, das sie sich in einem guten Geschft in Sevilla gekauft hatte und erschien so vor Jos, der sie abschtzend musterte:

"Du bist so sehr hbsch, komm mit!" Die ersten Freunde waren nicht zu Hause, aber an der zweiten Tr wurde ihnen geffnet.

"Hallo, das ist aber eine berraschung! Jos, du? Und wer ist diese tolle Motte?" Der junge Spanier schien Kim mit seinen Blicken ausziehen zu wollen und diese fhlte sich nicht sehr wohl in ihrer Haut. Doch Jos wies den jungen Mann brsk zurck:

"Das ist meine Frau, Kim Almerida, eigentlich wollte ich dich ja besuchen, doch nehme ich davon lieber Abstand, wie ich sehe, bist du nicht in der Verfassung, ernst zu diskutieren!"

"Aber Jos, ich habe das vorhin doch nicht bse gemeint, aber du bist ja jedesmal, wenn du bei mir warst mit einer anderen...." Doch bevor er seinen Satz zu Ende bringen konnte, hatte Jos Kim schon um die nchste Hausecke gezogen.

"Was hast du gemeint mit >er sei nicht in der Verfassung<...?" fragte Kim, die zu ihrem Glck den letzten Satz des jungen Spaniers nicht mitbekommen hatte.

"Ja hast da das denn nicht bemerkt? Juan stand doch unter Drogen?" wunderte sich Jos, verblfft, da jemand das nicht sogleich erkennen konnte.

"Drogen?" Kim war entsetzt. "Du kennst Leute, die Drogen nehmen?"

"Was ist denn da schon dabei, hierzulande nehmen alle irgendwas, um sich aufzuputschen oder zu stimulieren!"

"Du auch?!" Kim wagte es kaum, die Frage auszusprechen, in der Angst vor einer positiven Antwort Joss.

"Ich habe es mal als Jugendlicher probiert, aber der Sache nichts abgewinnen knnen. Beruhigt dich das?"

"Natrlich, ich will doch nicht, da du dich ebenso wissentlich zugrunde richtest, wie diese Drogenschtigen! Ich zittere sowieso immer um dein Leben, wenn du in der Arena stehst!"

"Das ist lieb von dir, aber unntig. Ich kenne die Stiere in und auswendig! Du sollst also keine Angst um mich haben. Vielleicht ist es auch besser, wenn ich dich manchmal wieder zu Corridas mitnehme, das hilft dir sicher, wenn du siehst, da deine Angst ganz unntig ist!" meinte er und drckte Kim an sich. Sie war zwar nicht berzeugt davon, doch war sie schon froh, da er keine Drogen nahm und schmiegte sich fest an ihn. Sie versuchten es noch bei einem weiteren Bekannten Joss, doch dieser wute auch keine Lsung, jedenfalls keine sofortige, fr Kims Problem. So nahm sie Jos mit auf die Hazienda, nachdem er seiner Mutter eine Nachricht hinterlassen hatte, in der stand, da er Kim fr ein paar Tage mit sich nehmen wolle. Sie verbrachten die Nacht in Kims altem Zimmer, am nchsten Morgen fuhren sie dann wieder zur nchsten Arena. Kim wurde in den Strudel der Ereignisse gerissen, fast ohne Gelegenheit, zu sich zu finden. Tagsber in der Arena, abends auf den rauschenden Festen, bis zum Mittag in irgendeinem Hotelzimmer schlafend, ihr Lebensstil wurde grndlich umgemodelt. Eines Tages erreichte sie ein die Adresse der Hazienda gesandter Brief ihrer Mutter. Diese teilte Kim mit, da sie ihr einen Teil ihrer spteren Erbschaft schon jetzt auszahlen wrde - aus Steuergrnden. Die berweisung wrde in Krze auf dem Konto sein, das Jos und sie eingerichtet hatten. Voller Freude zeigte Kim den Brief Jos:

"Lieber, jetzt knnen wir uns die Hazienda kaufen, wenn du willst, das Geld wird gerade dafr reichen!"

"Ja willst du denn tatschlich dort wohnen? Ich dachte, du wrdest das Stadtleben vorziehen?"

"Das habe ich niemals gesagt, Jos. Ich liebe das Landleben und ganz besonders die Hazienda. Jetzt haben wir endlich die Gelegenheit, ein eigenes Heim zu grnden und ich kann meine Mbel und mein Pferd endlich zu mir holen!"

"Natrlich, dein Pferd! Das ist dir wohl das Wichtigste!?" Jos war in seiner Eigenliebe getroffen. "Ich zhle wohl gar nicht?"

"Aber Schatz, das sind doch zwei ganz verschiedene Dinge!" versuchte Kim ihn zu beschwichtigen. "Ohne Mbel wre das Haus wohl doch etwas leer und mein Pferd ist eben mein Eigentum, das kannst du wohl verstehen, da ich es bei mir haben mchte. Auerdem war Black Diamond mein erster >Freund< und hier wrde ich wohl keine Gelegenheit haben, auf den Pferden deines Patrons auszureiten. Auerdem wre das nicht dasselbe, wie ein eigenes Pferd!"

"Na schn, dann kaufen wir eben die Hazienda!" willigte Jos ein. "Ich kenne da einen Notar, der macht das schon!" Damit war die Angelegenheit erledigt. Nach einiger Zeit erhielten sie ein Schreiben, da der Kauf perfekt war, sie mten nur noch die Urkunden unterschreiben. Im Bro des Notars angekommen, erklrte dieser, die Unterschrift sei nur eine reine Formsache, den Eintrag ins Grundbuch wrde er in die Wege leiten und ihnen dann eine Kopie zukommen lassen. Damit schob er ihnen das Kaufdokument zu. Jos unterzeichnete sofort und auch Kim leistete ihre Unterschrift. Damit war der Kauf rechtsgltig, sie konnten den Umzug in die Wege leiten, nachdem der Sponsor die wenigen Einrichtungsgegenstnde hatte abholen lassen, die ihm gehrten. Das Auto und die Tiere wrden weiterhin zu Joss Verfgung stehen, ja er erhielt sogar einen Betrag fr die Pension der Pferde des Patrons. Die alte Haushlterin schickte Jos an seinen Patron zurck - seine Frau wrde sich jetzt um den Haushalt kmmern. Was Kim denn auch tat. Nur war fr sie die Zubereitung der hiesigen Speisen von einiger Schwierigkeit.

"Mach doch heute zum Mittagessen einmal Palla mit Hhnchen. Das ist eines meiner Leibgerichte!" schlug Jos eines Tages vor, dann verschwand er zu Pferd zwischen den Olivenbumen.

"Im Khlschrank sind aber keine Hhnchen mehr!" rief ihm Kim nach, worauf er sein Pferd abrupt anhielt und sich erstaunt zu ihr umdrehte.

"Aber es laufen doch Dutzende davon im Hof herum!" Dann gab er seinem Tier die Sporen und war verschwunden.

"Ja, wie soll ich denn das machen?" seufzte Kim - und wartete auf die Rckkehr ihres Mannes. Als Jos mittags eintraf, staubig und verschwitzt von dem weiten Ritt unter glhender Sonne und mit einem gesunden Appetit versehen, wunderte er sich, da kein sonst so verfhrerischer Duft aus der Kche kam. Schnell schaute er in den Speisesaal, doch war dort nicht gedeckt.

"Kim!" Diese kam ihm aus der Kche entgegen.

"Hello, Liebster! Du bist schon zurck?"

"Wie du siehst! Und habe einen Riesenhunger! Wo ist meine Palla?"

"Die gibt es leider heute nicht! Ich habe statt dessen Spaghetti mit Pilzen gemacht, davon habe ich noch einige Konserven gefunden!" meinte Kim mit unschuldigem Lcheln auf dem Gesicht und umarmte ihren Mann.

"Ich mu dir nmlich gestehen: ich kenne nur Hhnchen fertig zum Verzehr aus dem Supermarkt oder vom Metzger - und deine hier, die da so herumlaufen - wie kommen die denn in den Topf?"

"Oh Gott!" entfuhr es Jos. "Du weit nicht, wie man ein Huhn schlachtet?"

"Leider hatte ich nie Gelegenheit dazu, es zu lernen. Und das Essen hat zuhause immer Granny bereitet!"

"Na, dann komm' her! Zuerst werde ich also mit Spaghetti Vorlieb nehmen mssen, dann zeige ich dir, wie man ein lebendes Huhn zum Tode und von da in den Topf bringt!" lachte Jos und ging mit Kim in die Kche, sein einfaches Mahl einnehmen. Spter zeigte er dann Kim, die sich zuerst schaudernd abwendete, wie man ein Hhnchen schlachtet, es fachgerecht rupft und ausnimmt. Kim folgte seinem Beispiel zuerst mit einigem Schaudern, doch wurde es ihr spter zur Gewohnheit und sie bemerkte auerdem, da die eigenen Hhnchen weitaus besser schmeckten, als das tiefgekhlte Fleisch vom Supermarkt. Zwischenzeitlich bereitete Kim Listen fr die Einfuhr ihres Hausrates vor, zweisprachig, fr den Zoll und organisierte den Transport ihres Pferdes. Einige Wochen vergingen, in denen sie sich notdrftig behalfen, dann erhielten sie Nachricht, da das Schiff im Hafen lag und sie mieteten einen Lastwagen einschlielich Pferdeanhnger, um die Fracht auf die Hazienda zu schaffen. Als Black Diamond mit noch etwas wackeligen Beinen von der langen Fahrt das Deck verlie und in den Anhnger stieg, war Kim den Trnen des Glcks nahe.

"Mein Kleiner, habe ich dich endlich wieder bei mir! Du hast mir ja so gefehlt!" Zrtlich streichelte sie den glnzenden Hals ihres Tieres, das sie mit einem leisen Schnauben begrte.

"Komm, eil' dich, wir haben keine Zeit, ich mu den Wagen noch heute abend zurckgeben!" lie sich Jos vernehmen und Kim stieg ein. Als sie auf der Hazienda ankamen, war Kim verwundert, ein paar krftige Burschen aus der Nachbarschaft standen bereit, das Ausladen der Mbel und Kisten so schnell wie mglich zu besorgen.

"Hast du die hierher bestellt, Jos?"

"Natrlich, oder willst du das alles alleine heben?"

"Nein, sicher nicht! Aber ich hatte nicht daran gedacht, da wir Hilfe bentigen!"

"Na, dann la mich nur machen, du kannst dich ja um dein Pferd kmmern!" bemerkte Jos mit leichtem Neid in der Stimme. Doch Kim strte dies nicht, hatte sie ja nur auf die Gelegenheit gewartet, zu Black Diamond zu gehen und ihn aus dem Wagen zu holen. Vorsichtig fhrte sie ihn in eine der schnsten Boxen im Stallgebude.

"Hier, mein Kleiner, jetzt hast du sogar wieder ein paar andere Pferde zur Gesellschaft. Heu gibt es leider nicht, du mut dich an Stroh und Hafer mit Mais gewhnen. Aber bei deinem Appetit drfte dir die Umstellung nicht schwer fallen." Ihr Pferd schien sie zu verstehen, denn es machte sich sogleich mit Heihunger ber das schne, goldgelbe Stroh her, das in seiner Box lag. Als sie hrte, da die anderen Mnner den Hof verlieen, kam Kim wieder aus dem Stall und half Jos beim Einrumen. Ihre wenigen Mbel fielen in den riesigen Rumen fast nicht auf, boten jedoch gengend Platz fr Kims Hausrat und andere Habseligkeiten, hatte sie doch alles von Irland kommen lassen, was ihr lieb und teuer war, wohl wissend, da die Mutter die brigen Dinge verschenken oder wegwerfen wrde. Viel Arbeit bereitete ihr das Entfernen der vielen kleinen Klebezettel, des Zolls wegen hatte ihre Mutter auf jeden Lffel, auf jedes Buch einen Zettel mit Nummer kleben mssen, diese Nummer war identisch mit der, die sich auf der Zolliste befand. Es dauerte noch einige Tage, bis alles ordentlich eingerumt war und sie sich in der neuen Ordnung zurechtfand.

"Kim, ich gehe wieder auf Tournee, jetzt, wo du ein eigenes Zuhause hast und eigene Aufgaben, nehme ich dich nicht mehr mit, du kennst ja nun den Gang der Dinge." Jos stand vor Kim mit einem Ausdruck im Gesicht, der ihr zeigte, da ihn nichts von seinem einmal gefaten Entschlu, sie nunmehr auf der Hazienda zu lassen, mehr abbringen konnte. Kim sprte dies und lie sich ihre Enttuschung anmerken:

"Ich bin also verdammt, hier alleine den grten Teil des Jahres zu verbringen, whrend du durch ganz Spanien ziehst?"

"Du wolltest ja einen Toreros, da httest du dir vorher klarmachen mssen, da du deinen Mann nicht sehr oft zu Gesicht bekommen wirst."

"Aber warum darf ich dich denn nicht wie bisher begleiten?"

"Eine Frau gehrt eben ins Haus! Die Leute meiner Umgebung haben dich ja jetzt kennengelernt, sie wissen, da ich verheiratet bin, du kannst also beruhigt hier bleiben. Auerdem komme ich ja, so oft es mir mglich ist, zu dir!" Fr Jos war damit alles gesagt, er hauchte seiner Frau einen leichten Ku auf die Wange, dann fuhr er davon. Erst jetzt wurde Kim klar, da sie hier drauen ja fast wie eine Gefangene leben wrde, sie besa weder ein Telefon noch hatte sie ein Auto. Anfangs, solange die reichlichen Vorrte reichten, die Jos noch eingekauft hatte, machte sie sich trotzdem wenig Gedanken ber ihr Leben, so weit ab von der Zivilisation, wie sie es nannte. Sie verbrachte die meiste Zeit mit ihrem Pferd, unternahm weite Ritte und hatte sogar manchmal die Kraft, die Kmpfe ihres Mannes im Fernsehen zu verfolgen. Eines Tages, sie befand sich gerade in der Nhe einer Hazienda, begann Black Diamond zu lahmen. Sie stieg ab und fhrte ihn langsam zu dem groen Tor. Dort lutete sie die kupferne Glocke und wartete. Nach einiger Zeit hrte sie leichte Schritte auf dem Kies und das Tor wurde geffnet. Eine junge Spanierin blickte verwundert auf Kim und ihr Pferd.


"Verzeihung, wenn ich stre, aber ich bin Kim Almerida und wohne nicht weit von hier, aber mein Pferd begann zu lahmen und da wollte ich nicht weiter reiten, bevor ich nicht sicher bin, was er hat. Darf ich sie bitten, da ich ihn hier ein wenig in den Schatten stellen kann?"

"Aber gerne, Seora Almerida. Kommen sie nur herein. Ist ihr Mann der berhmte Jos Almerida? Der Unbesiegbare?"

"Ob unbesiegbar, das wei ich nicht." lchelte Kim. "Aber er ist Toreros und heit Jos, das stimmt." Damit fhrte sie ihr Pferd in einen hbschen Stall am anderen Ende des Hofes, den ihr die junge Frau zeigte.

"Kommen sie doch ins Haus, da ist es khler - ach was bin ich dumm, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt: Ich bin Rosa Diaz, mein Mann ist Pilot, deshalb oft nicht daheim und meine beiden Shne sind auf dem Internat!"

"Mein Mann ist natrlich auch sehr oft nicht zuhause!" seufzte Kim, dann saen die beiden jungen Frauen beisammen und tranken eine khle Limonade. Dies war der Anfang einer groen Freundschaft, trotz des Altersunterschiedes - Rosa Diaz war zehn Jahre lter als Kim. Von nun an sahen sich die beiden Frauen fter, waren sie ja fast Nachbarinnen. Auch das Problem des Einkaufens war gelst, Rosa nahm Kim in ihrem Auto mit, wenn diese grere Besorgungen zu erledigen hatte. Als sie Jos von ihrer neuen Freundin erzhlte, meinte dieser nur:

"Ich kenne die Familie, nicht sehr reich, aber stolz. Wenn du sie aber magst, dann gehe nur zu ihnen, ich verbiete es dir nicht!"

"Ich wrde es mir auch nicht verbieten lassen!" Kim hatte leise, aber entschlossen gesprochen, doch Jos nahm es zum Anla eines heftigen Streites.

"Ich bin dein Mann, dem hast du zu gehorchen! Wenn ich jemanden fr unerwnscht halte, so hast du dich meiner Entscheidung zu fgen! Ich kann es nicht erlauben, da du eventuell Bekanntschaften mit mir nicht genehmen Personen anknpfst!"

"Jos, ich bin eine erwachsene Frau und ich knpfe Bekanntschaften, mit wem ich will!"

"Nicht, wenn dies meinen Interessen entgegensteht!"

"Vielleicht stehen einige deiner Bekanntschaften meinen Interessen entgegen!" warf Kim leise ein, daran denkend, wie sehr sich die Spanierinnen ihrem Mann an den Hals warfen, auf den Festen nach einer gelungenen Corrida.

"Mein Leben geht dich nichts an, ich bin der Mann!" Kims Gesichtsausdruck wahrnehmend, sah er, da er zu weit gegangen war. "Komm, la uns doch nicht streiten, auerdem kannst du ja zu den Diaz gehen, wenn du willst oder sie hierher einladen!" Dabei zog er Kim an sich und kte sie fordernd auf den Mund. "Komm lieber ins Schlafzimmer, ich mute ja so lange ohne dich auskommen!" Doch erweckten seine Berhrungen in Kim diesmal nicht die sonst bliche Erregung, die sie erfate, wenn ihr Mann sich ihr nherte. Sie litt noch unter dem Schock der Erkenntnis, da Jos im Grunde seines Wesens ein sehr herrischer Mann war, im alten Denken erzogen und aufgewachsen, da der Mann der Herr im Haus war und die Frau ihm in allen Dingen unterwrfig zu sein hatte. Zwar kannte Kim dieses Gefhl des Unterdrcktsein von zuhause, doch hatte sie nicht geglaubt, in ihrer Ehe ebenso in ihren Freiheiten beschnitten zu sein. Als Jos wieder abfuhr, beschlich sie fast ein Gefhl der Freude, endlich wieder allein zu sein und - wenn auch in beschrnktem Mae - tun und lassen zu knnen, was sie wollte. Als erstes ritt sie zu ihrer Freundin und lud diese ein, doch auch zu ihr zu kommen, wenn sie sich einsam fhle. So neigte die Saison sich ihrem Ende zu und Kim erwartete Jos auf der Hazienda, zu wohlverdienten Ferien. Doch am Tage seiner Ankunft bemerkte sie, da sich etwas verndert hatte. Jos kam nicht mehr mit ausgestreckten Armen auf sie zugeeilt, sondern wartete, bis Kim auf ihn zu ging und ihn kte. Auch befreite er sich gleich wieder aus ihrer Umarmung.

"Wir sind doch kein frisch verliebtes Prchen mehr, la doch die Schmuserei! Hast du was zu Essen? Ich habe Hunger wie ein Lwe!"

"Ich habe nur ein kaltes Mahl zubereitet, da ich ja nicht genau wute, wann du kommen wrdest, Jos!"

 
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